Die Kinder genießen die Spiel- und Spaßzeit mit Gleichaltrigen. Foto:  

Die Evangelische Jugendhilfe Hochdorf hat der Corona-Pandemie getrotzt und den Kontakt zu den ihr anvertrauten Kindern mit Online-Angeboten durchgängig gehalten. Das haben die Jungen und Mädchen überaus geschätzt – doch das jetzt wieder mögliche gemeinsame Toben und Lernen tut gut.

Großbottwar - Dem zehnjährigen Peter ist die Freude anzusehen. Er genießt es, seine Freunde von der „Gruppe im Bottwartal“ zu treffen, einer von rund 25  Standorten im Kreis Ludwigsburg, der von der Evangelischen Jugendhilfe Hochdorf betreut wird. Nicht nur die Spiel- und Spaßzeit im Hof der Schule an der Linde in Großbottwar, in der meist Fußball oder Fangen gespielt wird, tut ihm gut. Das gemeinsame Mittagessen hat ihn gestärkt, in der Begrüßungsrunde konnte er erzählen, wie es ihm derzeit geht. „Corona beschäftigt die Kinder sehr, sie sind froh, wenn sie mit anderen rennen und toben können“, hat Sandra Strobel, Sozialpädagogin in der Gruppe im Bottwartal beobachtet. Durch das Homeschooling seien die Kinder viel zu Hause gewesen, hätten sich oft gelangweilt und räumten freimütig ein, dass sie zu viel am Smartphone zocken würden.

Die Kinder haben den Kontakt regelrecht gesucht

Sandra Strobel und ihre Kollegin Marla Kim Appel haben seit Beginn der Corona-Pandemie durchgängig mit den ihnen anvertrauten Kindern, die vom Jugendamt an sie vermittelt wurden, gearbeitet und sie in sozialen und schulischen Belangen unterstützt. Das Portfolio reicht vom Erlernen sozialer Kompetenzen über Hausaufgabenbetreuung und Lerntraining bis zu sozialpädagogischen Gruppenarbeiten. „Die Betreuungsangebote der Jugendhilfe gelten als systemrelevant“, erläutert Claudia Obele, Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Jugendhilfe im Kreis Ludwigsburg.

Ihre Mitarbeiter hätten fast schon „auf Gedeih und Verderb“ den Kontakt zu den Kindern gesucht, die sowieso schon auf die sozialen Kontakte in Schule und Verein verzichten mussten. „Die Kinder haben wiederum auch den Kontakt zu unseren Mitarbeitern regelrecht gesucht und haben ihn überaus geschätzt“, erzählt Claudia Obele. Allerdings sei die Schere bisweilen weit auseinander gegangen. „In Familien mit nicht so ausgeprägten Sozialkompetenzen und fehlender Medienausstattung hat es oft mehrere Wochen gedauert, bis Leihgeräte von den Schulen auch angekommen sind“, führt sie weiter aus. Die Anspannung in den Familien sei zum Teil ganz enorm.

Eine Mischform könnte die Zukunft sein

Auch den Mitarbeitern der Evangelischen Jugendhilfe Hochdorf habe die Pandemie einige Herausforderungen bereitet. „Wir haben versucht, die Arbeitszeiten in unseren Dreier- und Viererzimmern zu entzerren, viele haben auch von zu Hause aus gearbeitet“, erzählt Claudia Obele. Die Mitarbeiter hätten aber eine große Offenheit an den Tag gelegt. „Der Kontakt zu den Familien lief oftmals über Videokonferenzen, aber auch so waren Spiele wie Schach oder Montagsmaler, Hausaufgabenbetreuung und sogar gemeinsames Kakao machen möglich“, freut sich Obele. Eine Mitarbeiterin habe es sogar geschafft, via Skype mit Kindern Verstecken zu spielen.

Nun würden sich die Mitarbeiter aber sehr freuen, dass endlich wieder vermehrt Präsenzangebote und direkte Kontakte möglich seien. „Aber viele haben auch gesagt, sie könnten sich zukünftig durchaus eine Mischung aus Online und Präsenz vorstellen. Sie hätten sich viel Zeit auf den Straßen erspart“, weiß Claudia Obele.

Für die Angebote habe man natürlich auch Hygienekonzepte erarbeitet und die Kinder etwa beim Essen und während der Lernzeiten in kleinere Gruppen aufgeteilt. Auch Masken seien mittlerweile ein alltägliches Accessoire. Wobei Obele hier festgestellt hat: „Manchmal erschwert es natürlich die Arbeit, wenn Eltern und Kinder die Mimik schlechter erkennen können.“ Und es sei auch nicht leicht, auf die Abstandsregel zu verweisen, wenn ein Kind einfach traurig sei und in den Arm genommen werden wolle.

Es darf nicht an den Familien gespart werden

Kinder seien in der Pandemie leider lange vergessen worden. „Es war auch richtig, zuerst an die Älteren zu denken. Kinder haben einen guten Schutzmantel und gehen nicht gleich ein, wenn soziale Kontakte ausbleiben“, betont Obele. Aber viele Familien, die finanziell nicht so gut aufgestellt oder sozial eingebunden sind, seien in der Versenkung verschwunden: „Ich hoffe, die Folgen werden nicht so dramatisch, wie es sich manchmal anfühlt.“ Obele hofft, dass die Politik die richtigen Schlüsse zieht und trotz sinkender Steuereinnahmen nicht bei den Familien spare. „Das wäre fatal“, meint Claudia Obele. die noch einen Rat an die Politik hat: „Es sollte jetzt nicht nur darum gehen, dass Kindern den Schulstoff möglichst schnell aufholen. Wenn man Kinder in ihrer psychosozialen Situation unterstützt, klappt das von ganz allein viel leichter.“