Die Musiker haben ganz groß aufgespielt. Foto: avanti

Das Gismo Graf Trio hat im Rathaus einen furiosen Auftritt hingelegt. Der 21-jährige Bandleader zeigte, warum er als Ausnahmetalent gehandelt wird.

Erdmannhausen - Die Jazz-Matineen im Rathaus Erdmannhausen sind ein wahrer Luxus, den sich die Gemeinde einmal im Jahr für ihre Bürger leistet. Unentgeltlich nämlich kommen die Besucher in den Genuss, hochkarätigen Performances zu lauschen. Am Sonntag hatten sie mit dem Gismo Graf Trio eine weitere Chance, sich „bei einer dieser einzigartigen Veranstaltungen mitreißen zu lassen“, wie es Bürgermeisterin Birgit Hannemann ausdrückte. Bei dem Event war auch fürs leibliche Wohl gesorgt. Dafür zeichnete der Kulturausschuss verantwortlich.

Der 21-jährige Gismo Graf dürfte inzwischen nicht nur Insidern bekannt sein: Der als Shootingstar des Gypsy Swing bezeichnete Gitarrenvirtuose hat nämlich mittlerweile seinen festen Platz in der weltweiten Riege der Spitzengitarristen eingenommen. Auch in Erdmannhausen wurde er diesem Ruf gerecht und zeigte mit Vater Joschi Graf eine symbiotische Darbietung auf den Saiten. Der Blick des Rhythmusgitarristen ruhte dabei aufmerksam und wohlwollend auf den tanzenden Fingern seines Sohnes und zog eine direkte Linie zu den eigenen, die sich unerschütterlich im erforderlichen Takt bewegten. Gemeinsam mit Joel Locher am kreativ-virtuos gespielten Kontrabass bildete er das tragende Skelett für die halsbrecherischen Variationen, die Gismo Graf mit Eleganz und Leichtigkeit intonierte. Kollektives, rhythmisches Fußwippen stand für rund zwei Stunden auf dem ausschließlich von Saitenvirtuosen bestimmten Programm, das von den ersten Tönen an ins Blut ging und immer wieder für verwundertes Kopfschütteln sorgte.

Der Sinnesschmaus für Aug’ und Ohr hatte besonders viele Zuhörer angelockt. Sie offenbarten sich als würdiges Publikum, das Begeisterung und Anerkennung spontan und großzügig rückzumelden versteht. Das galt gleichermaßen auch für den Geiger Alex Kraus, der das Trio harmonisch und inspirierend ergänzte. Kraus beeindruckte bei der gelungenen Gypsy-Jazz-Mixtur nicht nur als stilsicherer Geiger, der den Swing im Blut zu haben scheint, sondern auch als Sänger, der bei Songs wie „Sheik of Arabia“ eine bluesig-warmtönige Stimm-Ergänzung bot. Die Geige verzuckerte die ohnehin ausgefeilten und detailverliebten Arrangements des Trios, indem sie eine zartfließende Melodielinie obenauf legte. Bisweilen entfaltete sie eine eigenständige Dynamik, die stellenweise sogar die Regie übernahm.

Behaglichkeit pur verströmten die vier Instrumentalisten mit Stücken wie „Danse Norvegienne“. Die perlenden, sinnlichen Kompositionen, deren brillante Wirkung gerade in der Zurückhaltung liegt, erzeugten ebenso viel Gänsehaut wie die von teuflischem Tempo getriebenen, ekstatischen Stücke, die Gismo Graf mit seinen entfesselten Läufen so zauberhaft darzubieten versteht. Diese bewundernswerte Fähigkeit und sein begnadetes Talent zeigten sich besonders auch in Stücken wie Vagabond’s Theme, das der junge Bandleader selbst geschrieben hat. Auch „Joseph, Joseph“ hatte für restlose Verzückung im Publikum gesorgt und die Musiker animiert, am Schluss des Events noch ein Stück draufzulegen, das gleichfalls berauschend war: „Tico, Tico“. Am 6. Juni haben Gismo Graf-Fans erneut die Chance, das Trio, dieses Mal in der Stuttgarter Liederhalle, zu hören.