Logopädie per Computer – in einigen Fällen funktioniert das recht gut. Foto: privat

Die Logopädin Susanne Fajt sieht in den Corona-Folgen für ihre Arbeit auch Positives.

Oberstenfeld - Logopäden spielen, grob gesagt, immer dann eine wichtige Rolle, wenn jemand Schluck-, Sprech- oder Sprachstörungen hat. Das kann von Geburt an wegen einer Behinderung der Fall sein, aber beispielsweise auch die Folge eines Schlaganfalls oder einer Demenz. Beim Sprechen entweichen zusammen mit der Atemluft aber auch immer feine Tröpfchen, sogenannte Aerosole. Und die gelten nach derzeitigem Erkenntnisstand als Hauptüberträger von Coronaviren. Bei Kindern, vor allem, wenn sie eine Behinderung hätten, sei auch der Speichelfluss ein großes Thema, erklärt Susanne Fajt. Eine Scheibe, durch die man von dem Kind getrennt sitzt, sei keine gute Lösung, betont die Oberstenfelderin, weil bei der von ihr verwendeten Castillo-Morales-Methode zur Kommunikation auch Berührungen gehören. Problematisch seien zudem die Arbeitsmaterialien: „Theoretisch müsste jedes Kind eigene Buntstifte und Holzspielzeug mitbringen, denn das kann man nicht ausreichend desinfizieren.“

Aus diesem Grund haben die Krankenkassen, von denen eine logopädische Behandlung bezahlt wird, eine momentan noch bis Ende des Monats befristete Genehmigung für eine Behandlung per Video erteilt. „Zwar lassen sich nicht alle Therapien auf diesem Weg durchführen, aber wenn diese zusätzliche Behandlungsmöglichkeit auch in Zukunft erhalten bliebe, wäre das toll“, findet die Logopädin. Das habe man sich schon seit längerem gewünscht; die Krankenkassen hätten es jedoch bislang immer abgelehnt.

Vorab hat sie mit den Eltern ihrer kleinen Patienten Kontakt aufgenommen, um die technischen Möglichkeiten und die Bedeutung der Privatsphäre zu besprechen. „Wichtig ist aber auch, dass die Kinder einen für sie passenden Stuhl haben, auf dem sie in Ruhe sitzen können“, betont die Expertin. Ihren Patienten hat sie Material zugeschickt, mit dem sie dann zu Hause unter ihrer Anleitung arbeiten können. „Wenn es um Wortschatzerweiterung und Differenzierung geht, arbeite ich beispielsweise mit Bildkarten, bei denen das, was zusammenpasst, erkannt werden muss – etwa ein Gärtner und eine Gießkanne.“

Begeistert ist Susanne Fajt davon, wie gut alles funktioniert und wie die Eltern, Patienten und oft auch Geschwisterkinder mit der Behandlung über den PC, das Tablet oder das Smartphone klarkommen. „Es gibt bei der Übertragung zwar immer eine kleine Verzögerung beim Hören, aber die Kinder haben ganz schnell verstanden, dass sie auf den Bildschirm gucken müssen“, freut sie sich.

Außer kleinen Kindern behandelt die Logopädin auch Senioren, die sie normalerweise im Heim besucht. „Aber auch das geht gerade nicht“, macht sie deutlich. Doch auch die älteren Patienten bekämen Arbeitsmaterialien, und die Betreuer würden mithelfen, damit die Patienten keine Rückschritte machten. Auch ein PC oder ein Laptop würde zur Verfügung gestellt. „Und einen Heimbewohner kann ich sogar am Telefon behandeln“, erzählt sie. „Man muss da individuelle Wege gehen.“

Dennoch räumt sie ein: „Es geht nicht alles bei allen, und auch die Technik klappt nicht immer reibungslos.“ Deshalb hat sie zurzeit auch nur wenige Therapien bei sich in der Praxis, wobei das gerade wieder ein wenig anziehe, wie sie sagt: „Ganz vereinzelt werden wieder Kinder bei mir in der Praxis vorgestellt, seit es leichte Lockerungen der Corona-Beschränkungen gibt.“ Das sei in den Fällen nötig, in denen die Kinder zum ersten Mal kämen: „Ich kenne die Kinder noch nicht, und sie kennen mich nicht“, erklärt Susanne Fajt. Stichwort kennen oder vielmehr erkennen: Spannend dürfte es auch noch werden, wenn sie, wie beantragt, Schutzkleidung über das Landratsamt bekommt und dann vielleicht doch wieder vermehrt Kinder in die Praxis kommen. Zumindest bei Atemwegsinfekten, die viele der Kinder oft hätten, wäre das riskant. Und: „Da müsste ich volle Schutzausrüstung tragen, und dann würden die Kinder mich nicht sehen.“