Dieser Student hat seine Maske selbst genäht – und sie schon vor der gesetzlichen Vorgabe in der Bahn getragen. Foto: Oliver von Schaewen

Am ersten Tag halten sich die Bürger an die Maskenpflicht in Geschäften und ÖPNV.

Marbach - Der Bahnsteig ist nur spärlich gesäumt an diesem Montagmorgen gegen 8 Uhr in Marbach. Erdem Aygun wartet auf seine S-Bahn nach Ludwigsburg. Der 44-Jährige trägt eine Maske, die medizinisch aussieht, was aber täuscht: „Die hat mir meine Freundin gemacht.“ Aygun benutzt sie gerne freiwillig, er sei in ärztlicher Behandlung. „Alles, was mehr Sicherheit bringt, ist gut“, sagt der Frührentner, der seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie selten das Haus verlässt und dann immer die Maske trägt. Er verhalte sich vorsichtig: „Ich glaube nicht, dass wir schon über den Berg sind – das wird noch dauern.“

Es ist der erste Tag, an dem landesweit die Maskenpflicht für den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) und das Einkaufen gilt. Für die Menschen bedeutet es eine Umstellung. Viele müssen sich erst an das Tragen gewöhnen. „Es ist für mich eine totale Umgewöhnung – das Atmen fällt mir durch eine Maske viel schwerer“, sagt eine 48-Jährige aus Murr am Bahnsteig. Die Maske habe sie sich am Wochenende nach einer Anleitung im Internet schnell selbst genäht. Sie werde sie notgedrungen nur im ÖPNV und im Einkauf tragen.

Überzeugt vom Sinn der Maskenpflicht ist Carmen Höhn, 29-jährige Lehrerin aus Marbach. „Eine Atemschutzmaske soll nur 30-prozentigen Schutz bringen – das ist aber besser als gar keiner.“ An der frischen Luft will sie keine Maske tragen müssen. Auch habe sie von Hygiene-Problemen gehört. „Sie wiederholt zu benutzen, ohne sie zu waschen, wäre eklig.“ Zudem frage sie sich, ob alle Läden schon die neue Verordnung befolgten. Als sie sich an dem Morgen beim Bäcker einen Kaffee holte, habe kein Kunde eine Maske getragen. „Welche Strafe gilt da?“

Die Frage beantwortet der Marbacher Bürgermeister Jan Trost später am Telefon eindeutig: „Wir werden stichprobenartig kontrollieren, aber noch keine Bußgelder verhängen.“ Das werde sich in der nächsten Woche ändern. Es sei wichtig, dass die Regelungen eingehalten werden. „Sie gelten für alle Geschäfte, in denen eingekauft wird – also auch beim Bäcker.“ Die Höhe des Bußgelds im Ländle vom 4. Mai an steht noch nicht fest. In Bayern müssen Einzelpersonen 150 Euro Strafe zahlen. Happiger wird es dort für Ladenbesitzer, die ihr Personal ohne Schutzmaske arbeiten lassen. Das kann laut Bußgeldkatalog 5000 Euro kosten.

Wenige Meter vom Bahnhof entfernt räumt die Lebensmittelhändlerin Fatma Katilmis an diesem Morgen Obst und Gemüse in die Auslage. „Wir haben unsere Kunden schon auf die Abstände hingewiesen – das werden wir auch mit der Maske konsequent handhaben.“ Sie finde es schwierig, mit einer Maske über einen längeren Zeitraum zu arbeiten, aber es bleibe wohl keine andere Wahl.

Ganz in der Nähe von Fatma Katimis kleinem Laden wacht ein Security-Mitarbeiter am Eingang des Kauflands darüber, dass die Kunden eine Maske tragen. „Es funktioniert – es ist bisher kein Kunde ohne Atemschutz eingetreten“, berichtet der verantwortliche Kaufland-Mitarbeiter gegen 9  Uhr. Die Masken habe das Unternehmen den etwa 70 Mitarbeitern der Marbacher Filiale zur Verfügung gestellt. Sie seien wiederverwendbar und könnten bei 60 Grad gewaschen werden. Man sei sich dessen bewusst, dass das Arbeiten unter Maske anstrengender sei und gewähre den Mitarbeitern zwischendurch zusätzliche Pausen.

Als Kunde wisse er die Maskenpflicht im Einzelhandel zu schätzen, sagt Karl Gogel, der am Eingang des Kauflands seinen Einkaufswagen gerade zurückstellt. „Das mit den Masken ist richtig“, findet der 78-Jährige aus Großbottwar, der extra mit dem Bus in die Schillerstadt gefahren ist, weil der Einkauf ihm dort wegen der Nähe zum Bahnhof insgesamt leichter falle. Gogel würde auch eine weitergehende Maskenpflicht befürworten.

Nicht ganz zu Ende gedacht sei die Maskenpflicht, wenn sie nur im Einzelhandel und im öffentlichen Nahverkehr gelte, nicht aber im Wartezimmer der Ärzte, wo die Ansteckungsgefahr doch auch gegeben sei, findet ein 24-jähriger Student aus Freiberg, der vor dem Kaufland eine Zigarette raucht. Den Shutdown aufzuheben und die Maskenpflicht einzuführen, sei nur sinnvoll, wenn solche Bereiche ebenfalls abgedeckt würden.