Bettina Wolf bereitet köstlichen Kartoffelbrei zu, nach einem Rezept ihres Vaters. Foto: Michael Raubold Photographie

In der Werkskantine der Firma Erdmannhauser kocht Bettina Wolf mit Freude für Mitarbeiter und Gäste.

Erdmannhausen - Ein herrlich würziger Duft empfängt einen hier in der Küche der Werkskantine der Erdmannhauser Getreideprodukte GmbH – mitten im Gewerbegebiet. Das Gemüse hat die Köchin Bettina Wolf schon „al dente gegart“ und in Edelstahlbehältern geschichtet, um es kurz vor der Essensausgabe im Konvektomat zu erhitzen. Als nächstes bereitet Bettina Wolf die Pilzsauce zu. „Mein Mann kommt aus der Toskana, er hatte eine Trattoria in Florenz – und ich liebe die toskanische Küche“, sagt sie. In der riesigen Pfanne brutzelt schon das heiße Fett und die geschnittenen Zwiebeln werden langsam braun. Den Knoblauch gibt sie erst später hinzu, „er bekommt sonst einen bitteren Geschmack, wenn er zu lange angebraten wird.“ Anschließend löscht sie das Ganze mit etwas Zitronensaft ab, Gemüsebrühe kommt dazu und später wird sie die Sauce noch mit Vollkornmehl andicken. „Julian, wie sieht es aus mit den Pilzen?“, fragt Bettina Wolf in Richtung Vorbereitungsküche.

Die Vorbereitungsküche ist aus Gründen der Hygiene räumlich getrennt vom Kochbereich – unübersehbar wird Sauberkeit hier groß geschrieben. In der Vorbereitungsküche sind ist schon seit morgens um sieben Uhr Julian Walter und Ana Massoni beschäftigt. Die beiden Küchenhelfer und sind unter anderem fürs Gemüse schnippeln zuständig. Sind die Vorbereitungen abgeschlossen, unterstützen sie entweder die Köchin oder arbeiten in der Spülküche. Immer wieder prüft Bettina Wolf mit einem Blick auf die Uhr, wie viel Zeit noch bleibt. „Um 11.30 Uhr geht der Rollladen hoch, dann muss alles fertig sein.“ Auf der Tafel neben der Essensausgabe steht heute: Blattsalate, Kartoffelbrei und Karotten-Erbsen-Gemüse mit Pilzsauce. „Alle Gerichte, die wir hier von Montag bis Donnerstag kochen, sind vollwertig und vegetarisch.“ Schon als sie klein war, wusste sie, dass sie Köchin werden möchte. Eigentlich ist Bettina Wolf staatlich geprüfte Wirtschafterin von Beruf, aber sie hat immer schon als Köchin gearbeitet. Und ganz deutlich merkt man, dass Kochen für sie nicht nur ein Beruf ist, sondern Berufung. Die Marbacherin arbeitet vier Tage die Woche hier in der Küche, die erst vor etwa einem Jahr entstand, wo vorher die Reithalle untergebracht war.

Ein bisschen wie im Urlaub ist es hier – und das mitten im Gewerbegebiet von Erdmannhausen. Ein geschwungener Weg führt vom Parkplatz aus am Gemüse- und Kräutergarten vorbei und dann in einem leichten Bogen den Hügel hinauf zur Werkskantine. Auf dem Reitplatz nebenan longiert Johannes Böll, ein Mitarbeiter des Riedhofs, die Haflingerstute Amira, und direkt am Gehege der Vorwerkhühner – einer vom Aussterben bedrohten Rasse – wächst ein Mammutbaum in den Himmel. Hinter dem Pferdestall sind lebhafte Kinderstimmen zu hören: Der Waldorfkindergarten befindet sich gleich neben dem Stall, in dem sechs Pferde und zwei Ziegen untergebracht sind. Der Riedhof versteht sich als Bildungsinitiative der Firmengemeinschaft, die aus den drei Firmen Erdmannhauser Getreideprodukte GmbH, Huober Brezel GmbH & Co. und Bio Gourmet GmbH besteht.

Durch den Eingang betritt man den hellen Speisesaal, der mit seinen Möbeln aus Kirschholz eine warme und heimelige Atmosphäre ausstrahlt. Insgesamt 60 Personen finden hier Platz, zwei Tische für Gäste sind bereits gedeckt und mit Blumen geschmückt. Einen herrlichen Ausblick hat man von hier aus: Über dem leicht geschwungenen Weg und dem Kräutergarten im Tal schauen nur die oberen Hälften zweier blauer Silos mit einer goldenen Ähre zwischen Bäumen hindurch. Sonst ist nichts zu sehen von Produktionsstätten. Auf der anderen Seite des Tals fällt der Blick auf Wiesen mit blühenden Obstbäumen und Weingärten auf dem gegenüberliegenden Hang, der bis sich zum Galgen und weiter in Richtung Marbach hinzieht. Inzwischen ist es 11.15 Uhr und Julian bringt einige vorbestellte Essen zur Firma Huober, für die Mitarbeiter, die nicht zum Essen in den Speisesaal kommen können. In einem riesigen Topf steht schon der Kartoffelbrei, fertig gerührt, bereit. „Als erstes nur die Kartoffeln mit der Butter und ein bisschen Salz verrühren, und danach erst heiße Milch dazu geben“, gibt Bettina Wolf preis. Dazu komme noch ein wenig Muskat und Lichtwurzelsalz – Salz, das mit Lichtwurzeln vom Riedhof angereichert wird. Ihre Mutter habe viel und gut gekocht, aber den Kartoffelbrei habe immer der Vater gemacht. „Und nicht zu lange rühren, sonst wird der Kartoffelbrei klebrig.“ Insgesamt 55 Teller stellt Julian heute bereit, so viele Essen sind vorbestellt, dazu noch 42 Salate. Die Salate werden erst kurz vor Beginn der Essenszeit angemacht und in Vitrinen neben der Ausgabe bereitgestellt.

Alle verarbeiteten Lebensmittel stammen entweder aus biologisch-dynamischer – also Demeter – Erzeugung, oder aus biologischer Produktion. Und auch der Garten nebenan liefert frisches Gemüse und Kräuter, die Bettina Wolf verarbeitet. „Wir hatten einmal eine richtige Mangoldschwemme“, erinnert sich Bettina Wolf. Und ihr Chef Johannes Huober, Geschäftsführer bei Erdmannhauser, lobt: „Frau Wolf kocht so vielfältig und abwechslungsreich – es gibt nie das gleiche, sondern immer Variationen.“ Der Speisesaal liegt zentral gelegen zu allen drei Standorten der Firmengemeinschaft. „Das ist hier sozusagen der Mittelpunkt und ein Treffpunkt – unsere Kraftoase.“ Ganz wichtig ist für Johannes Houber, dass die Ernährung den Menschen Kraft gibt. „Man kommt zurück an die Arbeit und hat Kraft bekommen, ist erwärmt – und das gibt Auftrieb und Impulskraft“, sagt er. Es sei außerdem ein Unterschied, ob einen das Essen niederdrücke oder Leichtigkeit gebe.

Dass die Mitarbeiter gerne zum Essen kommen, ist deutlich zu sehen. Viele begrüßt Bettina Wolf mit Namen und ein paar persönlichen Worten. Auf Nachfrage betonen Gäste anerkennend, dass ihnen das Essen immer schmeckt, und zwar: „Fein“. Auch Mitarbeiterinnen des Kindergartens oder Kinder von Mitarbeitern sind hier gern gesehene Gäste. „Am liebsten mag ich die Käsespätzle hier“, sagt Rahel, die Tochter von Johannes Böll. Und doppelt so gut schmecke das Essen, sagt ein anderer Gast, weil man auch wisse, von welch guter Qualität es sei. Man komme gerne hier her, „das ist toll für die Kommunikation untereinander – sozusagen interdisziplinär“, sagt eine Besucherin schmunzelnd. „Und die Küchenchefin hat immer so eine Freude.“