Regula Runge liebt schnelle Rennen und die Herausforderung auf dem Bike. Foto: /privat

Die BMX-Fahrerin Regula Runge vom SV Kornwestheim schafft es bei der WM in Glasgow ins Halbfinale und holt aktuell einen Startplatz für Paris.

Sie liebt es, auf t 60 Stundenkilometer zu beschleunigen, sich auf den 400 Meter langen Kurs einzulassen auf dieses kurze, aber knackige und schnelle Rennen bei dem man auf den 20-Zoll-Rädern rund 40 Sekunden lang volle Pulle geben muss. Seit über 20 Jahren fährt Regula Runge Bicycle-Motocross - besser bekannt als BMX.

Zum einem Kurs gehören Starthügel, Steilkurven und Hügel – jede Bahn hat eigene Charakteristika, einen unterschiedlichen Belag. Gefragt sind Technik, Sprint-Ausdauer und Mut, weil Jede mit dem Anspruch an den Start geht, als Führende in die erste Kurve zu steuern. Im Wettbewerb braucht man auch Durchsetzungsvermögen, denn bei einem Ausscheidungsrennen tummeln sich acht Konkurrenten am Gate.

Regula Runge vom SV Kornwestheim bringt dieses Gesamtpaket für diesen Extremsport mit, der sich längst von einem Kindersport emanzipiert hat und seit 2008 zu den olympischen Disziplinen zählt. Die Gefahr fährt immer mit, zu stürzen. Die Leidenschaft und der Spaß aber überwiegen bei Runge, die mit 18 nationalen Titeln die beste Elitefahrerin in Deutschland ist. Zuletzt erlitt sie 2022 im niederländischen Assen eine Gehirnerschütterung und einen Schlüsselbeinbruch.

Trotz Knieschmerzen bis ins Halbfinale

Aktuell hat sie Schmerzen im rechten Knie. Die hat sie sich bei der UCI-Weltmeisterschaften in Glasgow zugezogen. Aber neben einer noch nicht diagnostizierten Verletzung bringt sie auch richtig gute Nachrichten mit von den Titelkämpfen in Schottland: Regula Runge hat mit dem 15. Platz und dem Erreichen des Halbfinales aktuell einen Startplatz für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr in Paris geholt. Dieses Ergebnis bedeutet das beste Individualergebnis der im Moment noch nicht für Paris qualifizierten Länder.

Der Quali-Modus ist kompliziert und schwer zu durchschauern: Im BMX-Race werden die Startplätze über das Nationen-Ranking eingefahren. Außerdem erreicht jeweils der beste Fahrer und die beste Fahrerin in der Eliteklasse der nicht über das Nationen-Ranking qualifizierten Länder bei der WM 2023 und der WM 2024 einen Olympiastartplatz. Laut aktuellem Stand hat Regula Runge diesen Platz eingefahren, wenn sich die aktuellen Top 10 Länder im Olympia-Nationenranking nicht mehr verändern. „Ganz genau wird man das wohl erst im Mai 2024 wissen,“ sagt Runge.

Die Leistung der Athletin ist um so bemerkenswerter, wenn man die Vorgeschichte von Glasgow kennt. Mit einer Last-Minute-Nominierung ist sie überhaupt noch aufgesprungen auf den größten Radsport-Event aller Zeiten. Erst zweieinhalb Woche vor dem Wettbewerb stand fest fest, dass sie bei der Elite Women starten kann.

Der Kornwestheimerin blieb wenig Zeit für die Organisation und ein kurzes, intensives Vorbereitungstraining musste reichen – im Gegensatz zur Konkurrenz, die schon auf der Rennstrecke vor Ort trainieren konnte. Und dann schlug auch noch Murphy Gesetz zu: das gebuchte Hotelzimmer war nicht mehr verfügbar und dann ging auch noch eine Tasche verloren. Nicht gerade das, was man sich in der wichtigen Konzentrationsphase vor den Rennen wünscht.

Damit nicht genug: Im letzten offiziellen Training gab es einen technischen Defekt am Pedal und Runge verletzte sich am Knie. Im Qualifikationslauf der Elite Women stürzte ihre Konkurrentin – Runge zog direkt ins Viertelfinale ein. Dort trat sie mit Schmerzen an, profitierte dann aber von ihrer großen Erfahrung.

Beim Race ist man einerseits im Tunnel, bekommt aber auch mit, was die Konkurrenz macht. Aus dem Augenwinkel registrierte Regula Runge, dass die Brasilianerin neben ihr mit der Gegnerin auf der anderen Seite kollidierte und beide am ersten Sprung gestürzt waren.

Die BMX-Fahrerin ist einen besondern Weg gegangen

Die Deutsche fuhr an den Stürzenden vorbei und stand trotz Handicap im Halbfinale. Hier war die Konkurrenz dann mit der aktuellen Olympiasiegerin und späteren Weltmeisterin Bethany Shriever aus England, der mehrfachen Olympiasiegerin Mariana Pajon aus Kolumbien oder der ehemaligen Weltmeisterin Alise Willoughby aus den USA zu stark. Und dennoch gab sie noch einmal ihr Bestes. Der Lohn: Platz 15.

Regula Runge ist stets einen besonderen Weg gegangen. Sie ist beispielsweise lange in der Schweiz mit Männern Rennen gefahren, weil man damals die Geschlechter nicht getrennt hat. Noch heute profitiert sie von dieser Robustheit und Wettkampfhärte im Feld der acht Startenden. Als erste deutsche Fahrerin überhaupt ist sie bei einem UCI Supercross Weltcup gestartet und ist auch die einzige Frau in Deutschland, die einen BMX- spezifischen B-Trainerschein gemacht hat. Die besten Fahrerinnen kommen aus den Niederlanden aber auch aus Frankreich. Deshalb arbeitet sie seit längerem mit einem französischen Trainer zusammen.

„Ich freue mich sehr über mein Ergebnis. Jetzt hoffe ich, dass mit dem Knie nichts Schlimmeres passiert ist und ich für die verbleibenden Weltcup-Rennen wieder 100 Prozent fit bin. Und sie kann es auch wieder mit ihrem Wettkampfrad tun. Die Pechsträhne schlug nämlich noch einmal zu: Auf dem Rückflug von Edinburgh war das Rad nicht in Stuttgart angekommen. Aber es ist noch gut ausgegangen – mit fünf Tagen Verspätung ist das Rad in Kornwestheim angekommen.

BMX-Race

Fakten
  Die Streckenlänge beträgt bei allen Wettkämpfen 400 Meter. Besonders populär ist der Sport in Australien, den USA, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und England.

Modus
  Drei Vorläufe dienen als Qualifikation für die K.-o.-Runden, dort kommen die ersten vier von acht Fahrern weiter.

Wettbewerbe
 Angeboten werden die Altersklassen Boys/Girls, Junioren, U 23 und Elite. Elite-Fahrer sammeln in C-1-Rennen Punkte für die Olympischen Spiele.

Material
Die Carbon-Räder kosten im oberen Segment zwischen 3000 und 4000 Euro.