Oft reichen Kleinigkeiten aus, um sich den Zorn anderer zuzuziehen. Foto: Archiv (fotolia)

Immer mehr Menschen lassen ihrer schlechten Laune freien Lauf – und reagieren sich etwa an Verkaufspersonal, Mandatsträgern oder auch völlig Fremden ab. Solches aggressives Verhalten dürfen wir nicht unwidersprochen lassen, findet Karin Götz.

Marbach - „Beleidigt, beschimpft, bedroht“ lautete die Überschrift eines Artikels, der Anfang der Woche erschienen ist. Für die Recherche hatte ich mich mit Bürgermeistern sowie Verwaltungs- und Rechtsexperten unterhalten. Ersteren schlägt immer häufiger nicht nur der Zorn der Bürger, sondern bisweilen auch blanker Hass entgegen. Entzündet mitunter an Kleinigkeiten. Basierend auf einem aus meiner Sicht oft falsch verstandenen Freiheitsbegriff, der jegliche Anweisung von „oben“ per se als Begründung zum Aufbegehren nimmt.

Viele besitzen das Rückgrat und stehen zu ihrem Zorn – mit ihrem Namen. Immer mehr verschanzen sich jedoch feige hinter der vermeintlichen Sicherheit der Anonymität. Wie es sich anfühlt, wenn man anonym bedroht wird, habe ich selbst im Marbacher Bürgermeisterwahlkampf zu Beginn des Jahres mehrfach erleben müssen. Auch wenn man sich nicht einschüchtern lässt, die Beleidigungen und Drohungen hinterlassen Spuren – weit über den Moment hinaus.

Ein freundlicher Hinweis endet mit Beleidigungen

Dass sich die Aggression der Menschen längst nicht mehr nur auf die kommunalen Verantwortungsträger richtet, ist keine neue Erkenntnis. Bis diese Woche habe ich das aber noch nie beim schnöden Einkaufen zu spüren bekommen. Am Mittwoch an der Theke beim Bäcker, als ich eine Dame freundlich bat, mich kurz vorbei zu lassen. Am Montag beim Metzger, als ein neben mir stehender Kunde vom Metzger darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Hackfleisch noch am selben Tag verbraucht werden sollte und das Einschweißen die Haltbarkeit nicht verlängere. Statt den freundlichen Hinweis auf die Vorgabe des Gesetzgebers einfach zur Kenntnis zu nehmen, brüllte der Kunde unvermittelt im Geschäft herum und beleidigte den völlig perplexen Verkäufer mehrfach. Als ich ihn bat, sich zu mäßigen, dachte ich für einen kurzen Moment, er springe mir ins Gesicht. Doch es folgte Gott sei Dank nur halblautes Grummeln.

Nichts rechtfertigt solches Verhalten!

Als ich die Geschichte daheim erzählte, musste ich mir von meinen Kindern anhören, dass ich mich doch nicht überall einmischen müsse. Es entspann sich eine wichtige Diskussion. Nein, man muss sich wahrlich nicht überall einmischen. Aber man muss, finde ich, Zeichen setzen und Menschen Grenzen aufzeigen: bestimmt aber freundlich. Jeder von uns hat sein Päckchen zu tragen. Jeder von uns hat Gründe wütend zu sein. Jeder von uns hat gute und schlechte Tage. Doch nichts rechtfertigt es, seiner Aggression einfach freien Lauf zu lassen und Menschen zu beleidigen, beschimpfen oder gar zu bedrohen. Hört auf damit!