Menschen können in unserem Leben einen Samen säen, der uns viele Jahre begleitet. Foto: Archiv (Stefan Körber/fotolia)

Die Samen, die ein Menschen aussät, gehen auf und reifen – manchmal auch über den Tod hinaus.

Erdmannhausen - Es gibt Momente, Situationen, Erlebnisse, die unseren Alltag zum Leuchten bringen. Unerwartet. Aus dem Nichts heraus. Das können ein Blick, eine Geste, oder ein paar Zeilen sein.

Am 2. August 2020 ist Wolfgang Simon gestorben. Ein paar Tage nach seinem Tod habe ich den ehemaligen Vorsitzenden des Vereins Gentechnik- und pestizidfreie Landkreise in dieser Rubrik gewürdigt und damit an einen ganz besonderen Menschen erinnert. Einen, der mich in den vielen Begegnungen, die wir im Laufe der Jahre hatten, ins Nachdenken gebracht hat. Über Großes und Kleines. Über globale Zusammenhänge ebenso wie über meine ganz persönlichen Möglichkeiten, jeden Tag ein Zeichen zu setzen. Der Erdmannhäuser hat in mir und in vielen anderen Menschen einen Samen der Achtsamkeit und der Verantwortung gesät. Für andere Menschen, für die Natur, für nachfolgende Generationen.

Ein guter Lehrer prägt für das ganze Leben

Am Montag ploppte ein Brief in meinem elektronischen Postfach auf, der mich noch immer rührt. Geschrieben von einem ehemaligen Schüler Simons. Dessen Tod habe ihn sehr getroffen, schreibt er. Und als er wieder einmal an ihn gedacht habe, sei er im Netz zufällig auf meinen Artikel gestoßen.

Das Bild des Samens, schreibt er, treffe es auf den Punkt. Wolfgang Simon sei Vorbild gewesen und habe auch ihn nachhaltig beeinflusst. Noch heute denke er bei schwierigen Entscheidungen darüber nach, was sein einstiger Lehrer machen würde. „Er war einer der wenigen Lehrer, der sich mit meiner kurdischen Herkunft auseinandergesetzt hat“, erinnert er sich. Und sei es im Studium einmal extrem stressig geworden, habe ihn das Gefühl, die Eltern aber eben auch Wolfgang Simon nicht enttäuschen zu wollen, durchgetragen. „Ich wartete all die Jahre immer ungeduldig auf ein Klassentreffen, um ihm zu zeigen was aus mir geworden ist.“ Ein Treffen, zu dem es nicht mehr gekommen ist.

Unsere Gesellschaft braucht mehr solche Vorbilder

Unsere Gesellschaft, davon bin ich überzeugter denn je, braucht Vorbilder wie Wolfgang Simon. Menschen, die für ihre Überzeugung kämpfen, ohne zu schreien. Mit Anstand und Toleranz. Die differenzieren. Gerade in einer Zeit, in der die Gesellschaft immer weiter auseinanderdriftet. In der Geimpfte gegen Ungeimpfte kämpfen und andersherum. Angetrieben und aufgehetzt von Politikern, die spalten, statt zu vereinen.

Menschen hinterlassen Spuren in unserem Leben. Weit über ihren Tod hinaus. Das zeigt diese Geschichte auf wunderbare Weise. Die Samen, die sie im Laufe ihres Lebens ausgesät haben, gehen auf und reifen. Vielleicht nicht alle, aber viele.