Hier sollen zwei Mehrfamilienhäuser entstehen. Die Anwohner haben wegen des Baugrunds Bedenken. Foto: KS-images.de Karsten Schmalz

Neue Mehrfamilienhäuser und lockerer Baugrund haben im Bereich der Bahnhofstraße wohl in den vergangenen Jahren bereits Nachbargebäude in Mitleidenschaft gezogen. Das soll künftig vermieden werden.

Erdmannhausen - Beim Bauen ist es ein bisschen wie bei einem Eisberg: Was genau unter der Oberfläche liegt, sieht man nicht gleich. Gemeinderäte und Verwaltungen schauen bei einem Bauantrag meistens nur danach, ob sich das künftige Gebäude in die Umgebung einfügt oder dem Bebauungsplan entspricht. Nach heftigen Bürgerprotesten geht die Gemeinde Erdmannhausen nun aber bei Bauvorhaben am Ellenberg, konkret in der Bahnhofstraße und der Kirchberger Straße, einen anderen Weg: „Wir geben ein geologisches Gutachten in Auftrag“, sagt Bürgermeister Marcus Kohler. Freiwillig, wie er hierzu betont.

Hintergrund für die Bürgerproteste ist der Untergrund in dem Gebiet, der offenbar aus eine heiklen Mischung besteht: teils Fels, teils Lockergestein. Solche Bodenverhältnisse liegen ebenso auch westlich der Bahnhofstraße vor. Und dort wurden durch den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern benachbarte Gebäude in Mitleidenschaft gezogen.

Ein Rechtsstreit ist kaum zu gewinnen

Am schlimmsten betroffen dürfte das Haus von Gerhard Brezler sein, das an einer Seite um ganze acht Zentimeter abgesackt ist – und ein Ende ist nicht in Sicht. „Leider lässt sich das nicht durch eine Unterspritzung stabilisieren“, so Brezler. Dazu müsste man mehr als acht Meter aufgraben, was das Problem verstärken könnte. Ganz zu schweigen von den Kosten von geschätzt mindestens 200 000 Euro, die er aus eigener Tasche zahlen müsste. Denn anders als sein Nachbar Rudolf Mischel hat er vor Baubeginn kein Beweissicherungsverfahren durchführen lassen: „Ich hätte nie gedacht, dass die Neubauten meinem eigenen Haus schaden könnten“, erklärt Brezler. Doch auch Mischel, der wie ein weiterer Nachbar prozessiert hat, bekommt nach einem Vergleich vor Gericht nur die Hälfte der geschätzten Schäden an seinem Eigenheim ersetzt. Anwalts- und Gutachterkosten trägt er selbst. Und damit hat er wohl noch Glück gehabt, denn bei Bauschäden werde „mit harten Bandagen gekämpft“, so die Einschätzung von Otmar H. Wernicke, Geschäftsführer von Haus und Grund in Stuttgart: „Da geht es um sehr viel Geld.“

Probebohrungen sollen für Klärung sorgen

Kein Wunder, dass die Hausbesitzer auf der anderen Seite der Bahnhofstraße so etwas verhindern wollen. Im Sommer letzten Jahres gab es deshalb einen Vor-Ort-Termin, bei dem sie dem Bürgermeister und der Bauamtsleiterin ihre Bedenken im Hinblick auf zwei geplante Mehrfamilienhäuser vortrugen, deren Bauantrag seitdem ruht. „Wir nehmen die Sorgen sehr ernst“, betonte Kohler schon seinerzeit. Vor wenigen Tagen habe man bei die betroffenen Anwohner gefragt, ob man auf ihren Grundstücken Probebohrungen für das Gutachten durchführen dürfe. Auch an die Bauherren in spe sei eine entsprechende Anfrage gegangen. Rückmeldungen liegen noch keine vor.

Je nach Untergrund kann es Auflagen geben

Zudem führe man intensive Gespräche mit den alteingesessenen Einwohnern, die Erfahrungen mit der Bodenbeschaffenheit haben. „So hat man uns beispielsweise gesagt, dass auf einer Seite der Kirchberger Straße eine Wasserader verläuft“, sagt Kohler. Je nachdem, was bei der Baugrunduntersuchung herauskomme, könne das beispielsweise dazu führen, dass die geplanten Häuser nicht unterkellert werden dürften.

Für Verwunderung hat bei Rudolf Mischel gesorgt, dass trotz der Bürgerbedenken entlang der Bahnhofstraße die Grundflächenzahl, also der überbaubare Anteil des Grundstücks, auf 0,4 erhöht wurde. Das bedeute aber nicht automatisch, dass die geplanten Baukörper massiver würden, versichert Bauamtsleiterin Larissa Dieterle, weil etwa auch eine Pflasterung als Überbauung gelte. Und sie verspricht: „Im Frühjahr, wenn das Ergebnis des Gutachtens da ist, wird es eine Bürgerbeteiligung geben. Erst danach geht das Verfahren weiter.“