Im Winter half der Geist von Belek, vor dem Saisonfinale setzt der VfB auf den Geist von Mallorca Foto: dpa

Wo auch immer die Spieler des VfB Stuttgart dieser Tage auftauchen – für ihr Umfeld (und damit für sie) gibt es nur ein Thema: Wie gelingt der Klassenverbleib? Das belastet. Deshalb flieht der VfB nach Mallorca.

Stuttgart - Wenn sich Robin Dutt mal nach ein paar Tagen Ruhe sehnt, zieht er sich gerne ins Allgäu zurück. Der Sportvorstand des VfB kennt dort viele Ecken, er kennt auch die eine oder andere Hotelanlage und den einen oder anderen Trainingsplatz. Und er weiß um die meteorologischen Gegebenheiten. Wenn die Wolken bis ins Tal hängen und der Schneeregen in den Kragen tröpfelt und das Genick massiert, ist es nicht angenehmer als in Dürrlewang – oder in Bad Cannstatt, wo der VfB zu Hause ist. Die kickende Belegschaft des Bundesligisten käme also vom Regen in die Traufe, würde er sein ursprüngliches Ziel verfolgen. „Wir sind ja keine Biathleten“, sagt Dutt, weshalb der Verein kurzfristig umdisponiert hat.

Die Mannschaft reist nun mit dem Flieger in die Sonne. Von diesem Mittwoch bis zum Freitag geht der VfB auf Mallorca in Klausur: Vorbereitung auf das Abstiegsduell gegen Werder Bremen am Montag (20.15 Uhr/Sky). Wobei die Wetterlage gar nicht so sehr ausschlaggebend ist wie zum Beispiel im Winter, als die Mannschaft an der türkischen Riviera Kräfte für die Rückrunde sammelte. Eher geht es diesmal um die Großwetterlage. „In Stuttgart“, sagt Robin Dutt, „werden die Spieler fast minütlich auf den Kampf gegen den Abstieg angesprochen. Aber wir müssen raus aus dem Trott und die Köpfe freibekommen. Wir wollen unsere Kräfte bündeln und die Sinne schärfen.“

Kramny will einen neuen Reiz setzen

Vorbild der logistisch und finanziell aufwendigen Aktion ist tatsächlich das Winter-Trainingslager in der Türkei. Danach ist dem VfB ein Katapultstart in die Rückrunde gelungen. Nach dem Geist von Belek setzt der Verein nun also auf den Geist von Mallorca. „Der gute Start zum Jahresbeginn war kein Zufall“, ist Robin Dutt überzeugt, „in der Türkei ist die Mannschaft zusammengerückt.“ Einen ähnlichen Effekt versprechen sich die Strategen vom Cannstatter Wasen nun wieder. „Es geht jetzt darum, dass wir uns in Ruhe und intensiv auf Bremen vorbereiten“, sagte Dutt, der mit dem Trainingslager einem ausdrücklichen Wunsch von Jürgen Kramny nachkam. Der Trainer legte Wert darauf, „die wegen des Montagsspiels lange Trainingswoche zu unterbrechen und einen Reiz zu setzen“.

Nun weiß Robin Dutt natürlich um die Assoziationen, die der Begriff Mallorca und die Nähe zum Ballermann bei dem einen oder anderen Zeitgenossen hervorruft. Allerdings vermag er die Vermutung zu entkräften, es gehe um Pillepalle auf Malle. Um 10 Uhr startet der VfB an diesem Mittwoch, am Nachmittag ist die erste Trainingseinheit. Am Donnerstag ist zweimal Training angesetzt, nach einer weiteren Einheit am Freitagmorgen startet der Flieger zurück nach Echterdingen. Danach, auch dies ein Wunsch des Trainers, wartet die normale Routine vor einem Bundesligaspiel. Samstag Training, Sonntagmorgen Training mit anschließender Pressekonferenz, danach verabschieden die Fans die Mannschaft Richtung Bremen. „Wir finden das super, dass unsere Fans am Sonntag dieses Zeichen setzen und zeigen wollen, dass sie hinter der Mannschaft stehen. Das zeugt von ihrem Feingefühl. Der Spieltermin am Montag ist eine besondere Situation, aus der sie das Beste machen wollen“, sagt Robin Dutt.

Auch Kevin Großkreutz reist mit nach Mallorca

Weil kurzfristig nur wenige Flüge und Zimmer bereit standen, reisen nur 23 Spieler (inklusive des bisher angeschlagenen Kevin Großkreutz), das Trainerteam, Sportpsychologe Philipp Laux und Robin Dutt mit – kein Präsident, kein Aufsichtsrat, keine Fans und keine Journalisten. „Die Spieler sollen sich fokussieren und negative Einflüsse ausschalten. Denn spielen und kämpfen kannst du nur, wenn du locker im Kopf bist“, sagt der Sportvorstand.

Bedeutet im Umkehrschluss: So wie der VfB zuletzt spielte und kämpfte, könnten drei Tage Mallorca deutlich zu wenig sein.