Finanzminister Nils Schmid: „Der Kompromiss ist ein gangbarer Weg.“ Foto: dpa

Jene Bundesländer, die von SPD und Grünen regiert werden, haben sich am Wochenende auf einen Vorschlag zur Reform des Länderfinanzausgleichs verständigt. Jetzt kommt es auf die CDU-regierten Länder und auf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble an.

Düsseldorf/Stuttgart - Der Wunsch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde erhört. „Ich hoffe, dass wir uns einigen“, meinte der Grünen-Politiker aus Baden-Württemberg, als sich am Sonntagnachmittag die Türen in der Staatskanzlei in Düsseldorf schlossen und sich die Ministerpräsidenten der SPD- und Grün-regierten Länder auf Einladung von Nordrhein-Westfalen sich zu einem Sondertreffen in Sachen Länderfinanzausgleich trafen. Als gut drei Stunden später die Türen wieder aufgingen, war klar: Man hat eine Lösung gefunden und wird die nun an diesem Donnerstag den CDU-Kollegen in der Ministerpräsidentenkonferenz in Potsdam vorlegen.

Das Modell sieht – wie es am Samstag bereits der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) den Stuttgarter Nachrichten verraten hatte – vor, dass ab dem Jahr 2020 der Solidaritätszuschlag in die Einkommen- und Körperschaftssteuer integriert wird und das Geld dann nach einem neuen Schlüssel unter allen Bundesländern verteilt wird. Nach Recherchen unserer Zeitung könnte, wenn die CDU-regierten Länder dem Modell zustimmen, allein Baden-Württemberg ab 2020 zwischen 400 Millionen und rund einer Milliarde Euro jährlich an Einnahmen erhalten. Grün-Rot plant bei diesem Thema derzeit noch konservativ und rechnet ab 2020 erst einmal nur mit 400 Millionen Euro.

Finanzminister Schmid zeigte sich am frühen Sonntagabend zufrieden mit der Lösung: „Der gefundene Kompromiss ist ein gangbarer Weg. Der Ball liegt jetzt im Feld der Union. Denn auf dieser Grundlage wird beides möglich: eine faire Einigung beim Länderfinanzausgleich und der Einstieg in den Abbau der kalten Progression.“ Eine weitere Blockade der CDU, so Schmid, „käme gerade Baden-Württemberg teuer zu stehen“.

Schmid hatte noch am Samstag betont, man sei an einer einvernehmlichen Lösung mit den anderen Bundesländern interessiert, aber zugleich betont: „Wir wollen einen fairen Kompromiss. Es muss klar sein, dass Baden-Württemberg nicht der Verlierer einer Reform sein darf.“ Dieser Kompromiss scheint nun gefunden zu sein.

Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Neuordnung der Finanzbeziehungen ab 2020 sind seit Jahren völlig festgefahren. Der beste Beleg: Ein für diese Tage geplantes Treffen zwischen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seinen Länderkollegen war wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgesagt worden. Immer wieder hatte es zuletzt Streit gerade über die Zukunft des „Soli“ gegeben, auch innerhalb der schwarz-roten Bundesregierung.

Gerade Baden-Württemberg hatte in Person von Ministerpräsident Kretschmann seit Monaten auf eine Verhandlungslösung gedrängt. „Miteinander zu reden sei besser als gegeneinander zu klagen“, hatte Kretschmann wiederholt betont und sich deshalb der Klage der Geberländer Bayern und Hessen vor dem Bundesverfassungsgericht nicht angeschlossen.

Doch die abwartende Haltung der grün-roten Koalition in Stuttgart änderte nichts an der Tatsache, dass Baden-Württemberg mit 2,4 Milliarden Euro Zahlungen in den Ausgleichstopf nach Bayern (4,3 Milliarden Euro) noch immer das zweitgrößte Geberland ist. CDU und FDP im Stuttgarter Landtag hatten deshalb in der Vergangenheit wiederholt gefordert, Baden-Württemberg solle sich der Klage von Bayern und Hessen gegen den Finanzausgleich anschließen. Doch das lehnte Grün-Rot ab.

Einer Umfrage zufolge ist die Mehrheit der Deutschen für eine breite Verteilung der Soli-Gelder auch an westdeutsche Regionen. 78 Prozent aller Befragten würden die Einnahmen aus dem Solidarpakt Aufbau Ost lieber nach der Bedürftigkeit der Regionen in Ost und West verteilen, wie aus einer Emnid-Umfrage für das Magazin „Focus“ hervorgeht. In den neuen Ländern plädieren sogar 82 Prozent dafür.