Hübsch, begehrt, erfolgreich: 1739 malte Rosalba Carriera die Tänzerin Barbarina (Ausschnitt). Foto: Staatliche Kunstsammlungen Dresden/Marina Langner

Von wegen Frauen können nicht malen: Rosalba Carriera war ein Star. Alle, die Geld hatten, wollten von ihr abgebildet werden. Man versteht auch heute noch, warum.

Man ahnt, womit unsereiner in die Geschichte eingehen wird: mit Shirts, Hosen, Turnschuhen, auf denen fette Logos und knallige Labels prangen, mit Schriftzügen und Markennamen. Die Damen, die vor 350 Jahren in die Nachwelt eingehen wollten, waren da wählerischer. Sie schlüpften in kostbare Kleider und legten teuren Schmuck an, sie ließen sich Blüten und Bänder in die Haare flechten. Manche ließ sich noch eine Coiffure à la Fontange zaubern, eine Frisur, bei der die Haare dekoriert und möglichst hoch aufgetürmt wurden.

Virtuos mit einem schlichten Material: Kreide

Rosalba Carriera hatte also zu tun, wenn die Damen oder Herren bei ihr im Atelier Platz nahmen. Die abstrakte Malerei schert sich nicht mehr um die Wirklichkeit, die venezianische Malerin war dagegen bemüht, jedes Schleifchen und Härchen, den feinen Schimmer des Halstuchs und den Schwung jeder einzelnen Locke festzuhalten – und das mit einer Technik, die für solche Details eigentlich völlig untauglich ist. Rosalba Carriera malte nicht mit Öl, sondern mit Pastell – also schlichter Kreide.

Das tat sie allerdings so ungeheuer versiert und brillant, dass Rosalba Carriera zur „Königin des Pastells“ gekrönt wurde. Man muss auch heute kein Kunstkenner sein, um sich an diesen köstlichen Porträts zu erfreuen, an diesen jungen Mädchen mit frischem Teint oder den Herrschaften, die sich für die „Türkenmode“ begeisterten und zum Modellsitzen einen ulkigen Turban auf dem Kopf trugen.

Die Bildern sprechen mit einem – wenn man genau hinschaut

Museen lenken den Blick in der Regel auf Stile, Techniken, Motive – aber die Ausstellung zu Rosalba Carriera im Dresdner Zwinger erzählt viel mehr. Diese Sammlung an Porträts gibt lebendige Einblicke ins frühe 18. Jahrhundert, das auf den Bildern zu sprechen beginnt. Denn Rosalba Carriera mag die (reichen) Zeitgenossen so gemalt haben, wie sie sich der Welt präsentieren wollten – also Männer mit Perücken und teurem Zwirn, Frauen mit Plüsch und Plunder. Aber auf Carrieras Bildern werden die ausstaffierten Repräsentanten höherer Stände zu Menschen.

Wer hätte gedacht, dass diese junge Frau aus Venedig mal eine der erfolgreichsten Künstlerinnen ihrer Zeit werden würde. 1673 wurde sie geboren und der Vater war Anwalt in Venedig, also keine gute Voraussetzung: Schließlich kamen Frauen am ehesten über die Väter zur Kunst, in deren Werkstatt sie mitarbeiten mussten – oder durften.

Man kann in den Details förmlich baden

Rosalba aber, ganz höhere Tochter, beginnt mit bescheidener Miniaturmalerei, da die großen Ölgemälde ohnehin den Männern vorbehalten sind. Aber schon bald spricht sich ihr besonderes Talent für Porträts herum – und plötzlich wollen all die Reichen und Mächtigen von ihr porträtiert werden.

Rosalba Carriera entwickelt mit der Kreide eine unverkennbare Handschrift, die leicht, luftig, tuffig ist. Die Hauttöne sind herrlich differenziert, der rosafarbene Hauch auf den Wangen, die vornehme Blässe auf dem Hals, hier kann man sich an jedem Detail kaum satt sehen. Vor allem wirkt die theaterhafte Selbstinszenierung des Rokoko bei ihr leicht und sympathisch – Rosalba Carrieras Bild der Epoche ist ein freundliches, menschliches.

Auf Reisen ging die Malerin wohl nicht so gern

Wie sie wohl selbst war? Davon vermittelt die Dresdner Ausstellung leider wenig. Sie wohnte mit ihrer Familie in einem kleinen Palast am Canal Grande und pflegte viele Freundschaften, wobei sie Einladungen ins Ausland oft ablehnte. Wenn sie ihre Bilder auf Reisen schickte, klebt sie auf die Rückseite einen winzigen Holzschnitt mit dem Bild der heiligen drei Könige. Es sollte die Werke vor Transportschäden schützen. Die Künstlerin selbst rang sich nur zögernd durch, nach Paris zu fahren. Als sie sich dort 1720/1721 aufhielt, traf sie dann aber doch viele bedeutende Persönlichkeiten und fertigte zahlreiche Porträts an – auch vom König Ludwig XV. Sie wurde sogar als erste ausländische Künstlerin von der französischen Académie aufgenommen.

Sie war ein Star

So war Rosalba Carriera ein Star – nicht nur in ihrer Heimat Venedig. Der Kurfürst Friedrich August II. kaufte ihre Werke im großen Stil an, sodass sich bis heute ein Gutteil ihrer Pastelle in Dresden befindet. In der Ausstellung geben auch einige Möbelstücke einen Eindruck von der Lust am Schönen im Rokoko. Die Reichen saßen vermutlich viele Stunden an der Poudreuse, wie sich die Schmuck- und Pudertischchen nannten. Gesund war das nicht. Häufig enthielt die Kosmetik Blei oder Arsen, was zu allerlei Krankheiten und Hautproblemen führte.

Rosalba Carriera und ihr Werk

Künstlerin
Geboren 1675 in Venedig, fördert ihr Vater Andrea Carriera ihr Talent. Sie studiert an der römischen Accademia di San Luca sowie bei Antonio Balestra in Venedig und entdeckt die Pastellmalerei für sich.

Ironie
Neben zahlreichen Porträts malte Rosalba Carriera auch die vier Erdteile als Allegorien. Afrika stellte sie dabei mit einer schwarzen Figur da. Die hängten die Nazis ab – sodass es das einzige der vier Bilder war, das die Zerstörung Dresdens überlebte.

Info
„Rosalba Carriera: Perfektion in Pastell. Gemäldegalerie Alte Meister, Zwinger, Dresden. Bis 24. 09., Di bis So 10 bis 18 Uhr.  

Info
Ausstellung bis 24. September, Dresden, Zwinger, Di bis So 10 bis 18 Uhr