Die Staatsanwaltschaft wertet den Unfall bei Renningen als versuchten Mord an zwei Radfahrern. Foto: dpa

Im Prozess um einen tödlichen Unfall zwischen Renningen und Weil der Stadt im Kreis Böblingen hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft am Montag am Landgericht für die 20 Jahre alte Angeklagte drei Jahre Jugendstrafe gefordert. Der Verteidiger der 20-Jährigen bat für seine Mandantin um eine Bewährungsstrafe.

Stuttgart - Im Prozess um einen tödlichen Unfall zwischen Renningen und Weil der Stadt im Kreis Böblingen hat die Staatsanwaltschaft am Montag am Landgericht für die 20 Jahre alte Angeklagte drei Jahre Jugendstrafe gefordert. Eine Bewährungsstrafe sei wegen der Schwere der Schuld nicht angebracht. Die Frau habe beim Fahren ihr Handy benutzt und sei abgelenkt gewesen, so die Staatsanwältin. Sie habe bei dem Unfall mitbekommen, dass Menschen betroffen gewesen seien und sich des versuchten Mordes durch Unterlassen in zwei Fällen schuldig gemacht.

Der Verteidiger der 20-Jährigen wies diese strafrechtliche Einschätzung des Falls zurück. Es gebe keine Hinweise darauf, dass der Angeklagten bewusst gewesen sei, dass Menschen betroffen gewesen sind. Der Anwalt forderte für seine Mandantin eine Bewährungsstrafe.

„Ängstliche Person mit kindlichen Zügen“

Die Frau hatte – wie berichtet – im August 2014 auf der Bundesstraße 295 zwischen Renningen und Weil der Stadt auf gerader Strecke zwei Radfahrer ungebremst erfasst. Ein 47 Jahre alter Mann verstarb im Rettungshubschrauber, ein 37 Jahre alter Radfahrer wurde schwer verletzt. Nur durch mehrere Operationen konnte ein Querschnittslähmung verhindert werden. Die Angeklagte will einen Knall gehört und in Panik geraten sein. Sie sei weitergefahren, habe aber kurz darauf gestoppt und ihre Schwester angerufen.

Am Vormittag hatte ein Sachverständiger vor Gericht sein psychiatrisches Gutachten abgegeben. Er bezeichnete die 20-Jährige als „ängstliche Person mit kindlichen Zügen und wenig Selbstbewusstsein“. Sie habe sich aber erfolgreich angepasst und sei sozial integriert. Ihre Panik nach dem Aufprall sei nachvollziehbar, so der Experte. „Bloß weg von hier“, signalisierten in einem solchen Moment die Sinne. So ein Verhalten könne eine Art Selbstschutz sein, um ein „nicht aushaltbares Schulderlebnis zu reduzieren“. Von einer tief greifenden Bewusstseinsstörung könne bei der Angeklagten aber keine Rede sein.

Die Frau habe den Unfall noch nicht bewältigt, eine Therapie sei dringend geboten, so der Gutachter. Sie habe Erinnerungslücken und blende Belastendes eher aus. Dass sie die Radler nicht gesehen habe, spreche dafür, dass sie sich „auf Punktuelles konzentriert“ haben könnte. Das Urteil wird am Donnerstag, 19. November, um 15 Uhr verkündet.