Szene aus "Butterfly Under Glass" - das Projekt belegt den besonderen Reiz und Rang des Esslinger Podium-Festivals Foto: Festival

Wenn sich ein Festival dadurch definiert, dass es das Andere kultiviert, das Besondere, das aus dem Rahmen fällt, findet in Esslingen gerade das Festival aller Festivals statt: das Podium-Festival.

Das Podium-Festival steckt all seine Energie in den kreativen Bruch mit traditionellen Präsentationsformen und Konzert-Konventionen (Programme gibt’s immer nur nach den Veranstaltungen), und ebenso liebe- wie gedankenvoll pflegt es vor allem die Kunst des Dazwischen, ohne dass einem dabei der Gedanke an platte Formen des Cross-over in den Sinn käme. Dass mancher Präsentation der sehr jungen Macher und Künstler etwas noch nicht ganz Zuendegedachtes anhaftet, nimmt man gerne in Kauf.

Eines der ambitioniertesten Projekte im 7. Festivaljahrgang ist „Butterfly Under Glass“, ein Stück für Tänzerin, Video, Live- und elektronische, komponierte und improvisierte Musik, und es ereignet sich im weiten Feld zwischen Mensch und Maschine, Licht und Dunkelheit, Bewegung und Erstarrung.

Ausgangspunkt sind die Geschichte und die Kunst der US-amerikanischen Tanz-Pionierin Loie Fuller (1862–1928), die als eine der Ersten auf der Bühne mit Lichtkunst arbeitete. Auch in den Pariser „Folies Bergère“ wurde Fuller gefeiert, und auf einen ihrer populärsten Tänze, „Le Papillon“, dürfte sich der Titel der Esslinger Produktion beziehen.

Laurie Young bringt ihren Körper auf vielfältigste Weise in Bewegung

Zwischen elektronischen Beats, Klangschalen-Improvisationen (mit dem Schlagzeuger Philipp Lamprecht) und (teilweise von der Sängerin Estelle Béreau frei erweiterten) Kammermusikwerken von Arthur Honegger und Maurice Ravel (mit der Geigerin Azadeh Maghsoodi und dem Cellisten Mathias Johansen) bringt die Tänzerin Laurie Young ihren Körper auf vielfältigste Weise in Bewegung, und spätestens als das Video von Frieder Weiss Bilder- und Farbfolgen erfindet, spätestens als es mit der einsamen Protagonistin zu spielen beginnt, entstehen zauberhafte Momente.

Grundlage für die Projektionen bildet dabei die Erfassung der Bewegungen durch eine Infrarotkamera, die eine Synchronisation von Bildern und Live-Spiel in Echtzeit möglich macht. So folgen zeitweilig unzählige weiße Papierschnipsel teils poetisch, teils bedrohlich den Bewegungen der Tänzerin; Bilder und Farben nehmen den Rhythmus der Live-Bewegungen auf; die Musiker kommen mit ins Spiel; auf der Leinwand entsteht eine dritte Dimension.

Manches Bild (funkelnder Sternenhimmel) und manche musikalische Passage, in der die Sängerin Streicherlinien doppelt, schrappt hart am allzu Kitschigen vorbei, und gelegentlich hätte eine stärkere dramaturgische Stringenz die Reihung des frei Assoziativen weniger beliebig erscheinen lassen. In der Summe jedoch ist dieser Abend ein starker Versuch. Das Publikum im Esslinger Scala ist begeistert.

Das Podium-Festival geht noch bis einschließlich diesen Samstag. Informationen unter: www.podiumfestival.de