Nicht zu übersehen ist der Plakatstandort an der Ecke Heilbronner Straße/Wolframstraße. Wer hier wirbt, muss laut Liste für einen Monat normalerweise 79.000 Euro bezahlen. Foto: Max Kovalenko/PPF

Plakat mit sehr hohem Rabatt – Laut Finanzamt muss man normalen Wert ansetzen – Angriff auf SPD.

Stuttgart - Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann hat als Reaktion auf die Plakat-Debatte für seinen Kandidaten Sebastian Turner SPD und Grüne  angegriffen. Das Plakatgeschenk an Turner mit einem Listenwert von 79.000 Euro sei eigentlich nur 4000 Euro wert, man profitiere von Rabatten.

„Unsere Mitbewerber wollen dem OB-Kandidaten mit den besten Wahlchancen schaden“, griff Kaufmann, auch Kampagnenleiter für Bewerber Sebastian Turner, SPD und Grüne scharf an. Bei der heiß diskutierten Plakatspende gehe es den Gegnern „nicht um Aufklärung, weil es gar nichts Aufzuklären gibt“, so Kaufmann.

Allerdings lieferten Kaufmann und Turners Sprecher Stefan Schorn insgesamt drei Seiten, um die Plakatspende und Turners über den Verein „Bürger-OB“ laufende Finanzen zu erläuterten. Der Unterstützerverein für Turner war am 29. Mai von CDU, FDP und Freien Wählern (FW) gegründet worden. Kaufmann führt den Vorsitz, Stellvertreter sind die Kreisvorsitzenden der FDP, Armin Serwani, und FW, Peter Aichinger. Die drei weiteren Vorstandsmitglieder sind Fraktionsvorsitzende der Unterstützerparteien im Gemeinderat. Zwischen Parteien und Verein besteht somit eine komplette Personalunion. Diese Personalunion könnte nach Ansicht von Experten dazu führen, dass sich die Parteien Spenden an den Verein anrechnen lassen müssen.

Alle Mitgliedsparteien verfolgten das gleiche Ziel: die Wahl Turners zum OB

Die Vereinsfinanzierung über direkte Zuschüsse der Parteien oder der Wählervereinigung FW sei „einwandfrei, gängig und allgemein akzeptiert“, sagt Kaufmann. Alle Mitgliedsparteien verfolgten das gleiche Ziel, nämlich die Wahl von Sebastian Turner zum Oberbürgermeister Stuttgarts.

Tatsächlich haben die Parteien bereits überwiesen. „Wir haben von rund 10.000 Euro Spenden zur OB-Wahl nach einem Vorstandsbeschluss Geld an den Verein angewiesen“, sagt der FDP-Schatzmeister Wolfgang Völker. Natürlich gebe es dazu eine Spendenbescheinigung. Die kann die Partei, nicht aber der Verein ausstellen, weil der nicht gemeinnützig ist. „Der Verein funktioniert ganz hervorragend“, lobt FDP-Kreischef Serwani. Allerdings liefen „die Kosten für den Wahlkampf aus dem Ruder“.

Der frühere Speyrer Verwaltungswissenschaftler Professor Hans Herbert von Arnim, in den 90er-Jahren vom Bundespräsidenten in die Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung berufen, weist auf einen Mangel der Konstruktion in: „Parteien müssen öffentlich Rechenschaft über Einnahmen und Ausgaben ablegen. Der Verein muss dies nicht“. Die „sinngemäße“ Rechenschaft nach dem Parteiengesetz hat Turner auf seiner Homepage gleichwohl versprochen.

„Ich haber Herrn Turner die Werbetafel unentgeltlich angeboten“

Zur Frage der Plakatspende zitieren Kaufmann und Schorn den Unternehmer Tobias Fischer. „Ich habe Herrn Turner die Werbetafel unentgeltlich angeboten.“ Die Firma Ilg Außenwerbung nenne zwar als Preis 79 000 Euro, so Schorn, das sei aber „eine virtuelle Größe“, weil „alle Marktteilnehmer umfangreiche Rabatte erhalten“. In diesem Fall habe der Plakaterlös für Fischer zum Beispiel 2011 nur bei 4000 Euro für 14 Tage gelegen. Und Turners Brezel-Botschaft hänge nur 14 Tage, teilte Schorn mit.

Dieser Zeitung war am Freitag aus der Unternehmensleitung Ilg eine Werbedauer von vier Wochen genannt worden. Am Montag war Ilg nicht zu sprechen. Er sei definitiv „nicht erreichbar“, wiegelte sein Büro Anfragen ab. Turners Plakat hänge Ilg gegen Rechnung auf, der Verein Bürger-OB erhalte vom Werbeunternehmen selbst „keine Sach- oder Geldleistung oder Rabatt“, so Schorn. Um „absolut korrekt zu sein“ habe man 7500 Euro als Spende verbucht, weil dies der bisher erzielte Maximalpreis sei. Bei der Firma Ilg gilt der Plakatplatz an der Heilbronner Straße als Top-Standort. Sie wirbt mit täglich 130.000 Kontakten.

Der Spender verzichte auf eine „normalerweise übliche Forderung“

Von Arnim bezweifelt, „dass die Bewertung des Vereins zur Überlassung der Plakatfläche richtig ist“. Der Spender verzichte auf eine „normalerweise übliche Forderung“. Das Parteiengesetz regelt, dass Güter, die nicht in Geld bestehen, mit dem für gleiche oder vergleichbare Leistungen üblicherweise zu zahlenden Preisen anzusetzen sind.

„Die Spende ist ein Geschenk, das steuerrechtlich nach dem gemeinen Wert angesetzt wird. Also dem Wert, dem man normalerweise dafür bezahlten müsste“, sagt Franz Seiler, der Leiter des in diesem Fall zuständigen Stuttgarter Finanzamtes Körperschaften.

Die Frage könnte nun sein, was üblich ist, 4000 Euro für 14 Tage, oder die üblicherweise verlangten 39.500 Euro? Kaufmann rät, nicht weiter bei der CDU und Turner zu recherchieren, sondern die SPD in den Blick zu nehmen. Bei den Sozialdemokraten arbeite der Manager der von der Stadt mit jährlich 100.000 Euro unterstützten City-Initiative, Hans Pfeifer, als Wahlkampfleiter. Pfeifer zeigt sich von dem Angriff wenig beeindruckt. „Seit ich 2009 Stadtrat für die SPD wurde, habe ich auf 80 Prozent reduziert“. Für die SPD-Kandidatin Bettina Wilhelm setze könne er sich daher einsetzen, auch am Wochenende und abends. Pfeifer: „Wir haben nichts zu verstecken.“