Die beiden asiatischen Löwen Kajal (links) und sein Bruder Shapur, auf ihrer ersten Entdeckungstour durch das Außengelände ihres neuen Zuhauses. Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: Max Kovalenko

Neun Jahre lang hat es in der Wilhelma keine Löwen mehr gegeben – bis vergangene Woche Shapur und Kajal eingezogen sind. Am Freitag haben sie sich das erste Mal den Besuchern zeigen dürfen.

Stuttgart - Es ist kurz nach elf am Freitagvormittag, als Ulrike Rademacher ihre Kollegen im Löwenhaus anruft. „Bitte den Schieber öffnen, den zweiten von links“, sagt die für die Raubtiere zuständige zoologische Kuratorin. Um sie herum stehen etliche Besucher. Kleinkinder drängen sich auf Zehenspitzen an das Geländer des Außengeheges, ihre Eltern halten die Kameras bereit und warten auf den großen Moment. Der Moment, in dem die beiden Neuzugänge der Wilhelma, Shapur und Kajal, das erste Mal das Außengehege ihres neuen Zuhauses betreten dürfen.

Auf dem Gelände des Außengeheges liegen mehrere große Fleischstücke und es dauert nicht lange, bis sich die beiden asiatischen Löwen blicken lassen. Zögerlich treten sie aus der Tür, gehen ein paar Schritte, um sich dann, von den Fleischstücken sichtlich unbeeindruckt, wieder ins Löwenhaus zu verziehen. Wenig später aber packt sie die Neugier doch und sie wagen sich zur Freude der Besucher zu einer Erkundungstour hinaus in ihr Gehege.

Sehen Sie die zwei jungen Löwen bei ihrem ersten Ausgang in der Wilhelma:

Besucher haben sich Löwen gewünscht

Thomas Kölpin, Direktor der Wilhelma zeigt sich zufrieden: „Man sieht, dass sich die beiden Löwen wohlfühlen und neugierig sind.“ Eine Woche hat man in der Wilhelma auf diesen Tag warten müssen, denn nach der Ankunft von Shapur und Kajal aus dem Elsass am 15. März kamen sie erst einmal in Quarantäne – zum eigenen Schutz, zum Schutz der anderen Tiere und um etwas Ruhe zu finden.

So standen in der vergangenen Woche tierärztliche Untersuchungen an, und erst, als bei der Untersuchung der Kotprobe der beiden Raubtiere nichts gefunden wurde, konnte auch der Termin für ihren ersten Ausflug auf das Außengelände festgelegt werden. „Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung der beiden. Nach der Trennung von ihrer Mutter und den Schwestern und dem langen Transport waren sie natürlich etwas nervös und gestresst. Von Tag zu Tag kommen sie aber immer weiter runter“, sagt Kölpin. Mit einem Schmunzeln fügt er hinzu, dass man den beiden ansehe, dass ihnen die französische Küche gut geschmeckt habe. „Beide sind etwas mächtig, aber wir versuchen sie jetzt schlanker zu bekommen.“

Die beiden Brüder wurden am 9. September 2014 im Zoo und Botanischen Park Mulhouse gemeinsam mit zwei Schwestern geboren. Während die Mutter und die beiden Schwestern in Mülhausen geblieben sind, beginnt für Shapur und Kajal in Stuttgart nun ein neuer Lebensabschnit. Darauf ist man in der Wilhelma stolz, denn nach dem Tod der letzten afrikanischen Löwin im Jahr 2008 hatte es dort seit neun Jahre keine Löwen mehr gegeben. „Bei unseren Umfragen der Besucher hat sich herausgestellt, dass sie vor allem die Löwen vermissen“, erklärt Kölpin. Entsprechend begeistert seien deshalb schon vorab die Reaktionen auf die beiden Neuankömmlige gewesen.

„Am Wochenende werden sicher viele Stuttgarter und Baden-Württemberger kommen, um die Löwen zu sehen“, hofft Kölpin. Ob sie die Löwen dann aber auch zu Gesicht bekommen werden, ist fraglich. Um Shapur und Kajal noch ein wenig Ruhe zu gönnen, wird das Löwenhaus vermutlich noch eine weitere Woche geschlossen bleiben.

Züchtung asiatischer Löwen geplant

„Mit asiatischen Löwen setzen wir uns für eine extrem seltene Unterart ein, von der es nur noch zirka 400 Tiere in der Natur gibt“, erklärt Kölpin. Äußerlich unterscheiden sie sich von den afrikanischen Löwen durch eine zehn Zentimeter geringere Schulterhöhe, eine kürzere Mähne und einen längeren Haarschopf an den Ellbogen. In freier Wildbahn leben sie nur noch im Gir-Nationalpark in Indien.

Langfristig sei es deshalb das Ziel, asiatische Löwen in der Wilhelma zu züchten. Das geht momentan aber nicht, weil man für die Aufzucht von Jungtieren zwei Außenanlagen bräuchte. Kölplin: „Außerdem sind unsere Raubtieranlagen in die Jahre gekommen, weshalb unser Plan ist, diese auf Vordermann zu bekommen.“