Am Ehrlichweg sollen bis zu 100 neue Wohnungen gebaut werden. Foto: Alexandra Kratz

Stadt und Baugenossenschaften laden die Bürger ein, ihre Ideen und Wünsche für die Bebauung am Ehrlichweg einzubringen. Einige Anwohner allerdings wollen keine Nachverdichtung und halten die Bürgerbeteiligung für eine Farce.

Fasanenhof - Ihre Meinung zur Nachverdichtung ist klar; sie wollen sie nicht. Viele der etwa 200 Fasanenhofer, die zur Auftaktveranstaltung zur Bürgerbeteiligung gekommen waren, hatten Plakate und Schilder mitgebracht, mit denen sie ihrem Unmut Luft machten. „Nein! Zur Nachverdichtung“ war auf einem zu lesen, „Hände weg von unseren Wiesen!“ verkündete ein anderes, und „Der Lärm der Autobahn ist genug. Wir brauchen nicht noch mehr Häuser, wir wollen das Grün erhalten, Herr Pätzold!“ 700 Unterschriften haben die Bürger bereits gegen die Nachverdichtung gesammelt. „Es ist klar, was wir wollen“, sagte Olaf Geier, der stellvertretende Vorsitzende des Bürgervereins. Dem stimmten die anwesenden Fasanenhofer lautstark zu.

Die Vertreter von Stadtverwaltung und Baugenossenschaften sowie die Moderatorinnen der Bürgerbeteiligung hatten einen schweren Stand am Dienstagabend. Wollten sie doch den Anwohnern die Teilnahme an den Planungswerkstätten zur Ausgestaltung der neuen Bauten schmackhaft machen. Die Baugenossenschaften, die bereits auf dem Fasanenhof bekannt sind, seien auf die Stadt zugekommen und hätten Interesse signalisiert, ihre Grundstücke nachzuverdichten. Gemeinsam mit den Bürgern wolle man nun die Form der Bebauung ausarbeiten. „Ich weiß, dass viele hier gegen die Nachverdichtung sind und dass Sie Fragen und Ängste haben“, sagte Baubürgermeister Peter Pätzold. „Wir möchten mit Ihnen in den Diskurs einsteigen und Ihre Argumente aufnehmen.“ Nachverdichtet werde im ganzen Stadtgebiet, nicht nur auf dem Fasanenhof. „Wir möchten mit Ihnen schauen, wie die Nachverdichtung aussehen kann, wie man Freiräume und Infrastruktur verbessern kann“, sagte Pätzold.

Die anwesenden Fasanenhofer sahen die Bürgerbeteiligung allerdings kritisch. „Es hört sich so an, als ob der Bebauungsplan schon steht“, sagte eine Bürgerin und erhielt dafür viel Beifall. „Ist es Fakt, dass die Nachverdichtung kommt und es nur noch eine Frage ist, wie?“, wollte sie wissen. Das bestätigte der Baubürgermeister. „Es geht nicht darum, ob die Nachverdichtung kommt, sondern um die Größe und die Ausführung.“

Bürger fordern Erhalt der Grünflächen

Die Fasanenhofer zeigten sich wenig zufrieden mit dieser Antwort. Wenn die Bebauung schon beschlossen ist, sei die Bürgerbeteiligung eine Farce, monierten sie. „Was können wir denn überhaupt bewirken?“, wollte eine Bürgerin wissen. „Sie können in den Planungswerkstätten diskutieren, wo die Gebäude stehen werden und wie sie aussehen sollen“, erklärte Philipp Dechow vom Stadtplanungsatelier, der die Planungswerkstätten betreuen wird. „Ich will nichts schön reden. Die Nachverdichtung ist mit Sicherheit ein starker Eingriff“, sagte Dechow. „Aber Sie können Einfluss nehmen auf die Ausgestaltung, wenn Sie die Entscheidung der Stadt akzeptieren und sich in den Planungswerkstätten beteiligen.“

Der Ehrlichweg sei ausgewählt worden, weil eine Nachverdichtung dort „machbar und verträglich“ sei, erläuterte Pätzold. Die Wohnungen sollen in erster Linie jungen Familien ein Zuhause bieten. 20 Prozent sollen zudem geförderter Wohnraum sein, so die städtischen Vorgaben. Einige Bürger befürchteten, dass der Fasanenhof dadurch verkomme.

„Wir haben unser Soll längst erfüllt. Es gibt nichts mehr nachzuverdichten“, sagte Matthias Gaebler vom Bürgerverein und erntete dafür viel Applaus. Am Europaplatz und am Solferinoweg sei über die Jahre schon genug nachverdichtet worden. Der Fasanenhof sei als „grüner Stadtteil“ erbaut worden, und dieses Grün gelte es zu erhalten, forderten die Bürger. „Es mag Potenzial zur Nachverdichtung geben, aber an anderen Stellen“, sagte Geier. Der Ehrlichweg sei ungeeignet. Baubürgermeister Pätzold entgegnete, es sei sinnvoller, bereits verbaute Flächen nachzuverdichten, als neue Flächen zu versiegeln.

Der Gemeinderat entscheidet über die Nachverdichtung

Nach den zwei Planungswerkstätten, in denen die Bürger ihre Ideen für die Umsetzung der Nachverdichtung einbringen können, werden sie eine Empfehlung an den Umwelt- und Technikausschuss des Gemeinderats aussprechen. Letztlich entscheidet das Gremium über die Bebauung. Voraussichtlich im ersten Quartal 2017 wird dann ein Realisierungswettbewerb ausgerufen und anschließend ein Bebauungsplan aufgestellt. Dann wird es noch einmal mehrere Jahre dauern, bis am Ehrlichweg gebaut werden kann.

„Was passiert, wenn sich niemand an den Planungswerkstätten beteiligt oder die Empfehlung der Bürger weiterhin lautet, den Ehrlichweg nicht nachzuverdichten?“, fragte eine Bürgerin. Der Stadt sei daran gelegen, die Bürger in den Prozess einzubeziehen, sagte Pätzold. „Es wäre natürlich schöner, wenn dem Umwelt- und Technikausschuss und dem Gemeinderat eine Empfehlung der Bürger vorliegen würde“, sagte der Baubürgermeister. „Wenn keine Empfehlung vorliegt, wird der Gemeinderat aufgrund anderer Aspekte seine Entscheidung treffen“, sagte Pätzold.

Bürgerbeteiligung zur Nachverdichtung

Nachverdichtung
Die GWF Wohnungsbaugenossenschaft, Flüwo Bauen und Wohnen, die Baugenossenschaft Friedenau, die Postbaugenossenschaft und die VdK-Baugenossenschaft wollen ihren Bestand am Ehrlichweg nachverdichten. Bis zu 100 Wohnungen sollen entstehen. Das städtische Gelände der ehemaligen Außenstelle der Fasanenhofschule, auf dem Ende 2016 zunächst Systembauten für Flüchtlinge gebaut werden, soll nach der temporären Nutzung ebenfalls neu bebaut werden.

Planungswerkstätten
Am Samstag, 11. Juni, findet von 10 bis 11.30 Uhr ein Rundgang durch den Fasanenhof statt. Treffpunkt ist am Wohncafé, Ehrlichweg 12. Von 11.30 bis 17 Uhr ist dann die erste Planungswerkstatt, in der die Bürger ihre Ideen einbringen können. Die zweite findet am Mittwoch, 13. Juli, von 17 bis 21 Uhr statt. Beide Werkstätten sind im Gemeindesaal am Bonhoefferweg 12.

Anmeldung
Für die Teilnahme an den Planungswerkstätten ist eine Anmeldung bis Freitag, 3. Juni, erforderlich. Diese ist unter der Faxnummer 07243-71 94 54 oder beim Bezirksamt Möhringen, Maierstraße 1, möglich.