A 8 bei Rohr, Lkw-Auffahrunfall mit zertrümmertem Wohnwagen: Die Einsatzkräfte hatten Mühe, zum Unfallort vorzudringen. Foto: Oskar Eby/7aktuell

Feuerwehren haben große Probleme mit Unglücksort Autobahn – Baustelle bei Rohr gefährliches Nadelöhr.

Stuttgart - Selbst der Polizei-Einsatzleiter weiß sich nicht anders zu helfen. Frank Bechtle lässt den Streifenwagen am Rand stehen, joggt die restlichen zwei Kilometer zur Unfallstelle. Sein Kollege macht es kräftesparender: Er hält einen Motorradfahrer an und lässt sich auf dem Soziussitz zu jener Stelle chauffieren, an der zwei Lkw auf einen Transporter aufgefahren sind und Trümmer eines Wohnwagens verstreut herumliegen. Der Unfall auf der A 8 auf Höhe Stuttgart-Rohr und Leinfelden-Oberaichen am Montag um 9.50 Uhr hat zwei Verletzte und 160.000 Euro Schaden gefordert.

Der Feuerwehr erging es nicht viel besser. „Das war wieder ein eklatanter Einsatz auf der Autobahn“, sagt der Stuttgarter Feuerwehr-Einsatzleiter Sebastian Fischer. Ein Teil seiner Kräfte habe sich durch den Stau quälen müssen, sei erst nach einer halben Stunde am Unfallort eingetroffen. Der lag mitten im Baustellenabschnitt zwischen dem Kreuz Stuttgart und der Anschlussstelle Möhringen – für die Einsatzfahrzeuge war im Nadelöhr kein Durchkommen mehr. Dabei war die Lage zunächst dramatisch: Angeblich strömte am Unfallort Gas aus zwei Gasflaschen aus.

Zumindest das Problem mit den Campinggasflaschen wurde rasch gelöst

Erst als Beton-Absperrungen beiseitegeschafft und die Einsatzfahrzeuge auf die Baustellenpiste ausweichen konnten, war für die Retter der Weg frei. Die Ironie der Geschichte: Die Unfallstelle befand sich an Autobahnkilometer 202,9 – fast genau unter der Brücke, die Rohr mit Oberaichen verbindet. Ein Teil der Wehrmänner war glücklicherweise auf dieser Route unterwegs – und zehn Minuten nach der Alarmierung an Ort und Stelle. Zumindest das Problem mit den Campinggasflaschen wurde rasch gelöst.

„Das Problem ist immer, dass die genaue Unfallstelle zunächst nicht bekannt ist“, sagt Einsatzleiter Fischer. Zeugen seien nicht genau über ihren Standort orientiert, die Kilometrierungs-Schilder vor allem in Baustellenbereichen nicht erkennbar. Für die Feuerwehr komme das Problem hinzu, dass die Baustelle nicht nur ein Nadelöhr sei, sondern sich täglich verändere. Heute noch befahrbare Schotterpiste, morgen tiefes Bauloch.

Ausgelöst wurde der Unfall am Montag von einem 48-jährigen Lkw-Fahrer aus Brandenburg, der Richtung München auf einen polnischen Sattelzug eines 54-Jährigen auffuhr und diesen noch auf ein Wohnwagengespann schob. Der Verursacher wurde schwer verletzt, der 32-jährige Fahrer des Gespanns erlitt leichte Blessuren.

Drei Stunden herrschte Stillstand

Der Unfall war auch ein Testfall für das neue Bergemanagement der für den Autobahnabschnitt zuständigen Böblinger Polizei. Drei Stunden herrschte Stillstand, bis die Unfallstelle geräumt und der Seitenstreifen zur Mittelleitplanke repariert war. Ein Hubschrauber flog den Schwerverletzten in eine Klinik. Die Feuerwehr entsorgte die Trümmer des Wohnwagens in einem Container. Einige Autofahrer in der Baustellen-Falle klagten darüber, dass sie nicht über Behelfsausfahrten die Autobahn verlassen durften. „Das hätte nur dazu geführt, dass nach 500 Metern auf den Ausweichstrecken das nächste Verkehrschaos ausgebrochen wäre“, sagt Polizeisprecher Uwe Vincon.

Das neue Bergemanagement, bei dem Polizei und sieben Abschleppunternehmen bei Schwerlastunfällen besser koordiniert zusammenarbeiten, hat aber noch andere Stellschrauben der Verbesserung. Vor allem bei Tanklaster-Unfällen. Polizeichef Rudi Denzer hatte nach einem Unfall am 3. April auf der A 81 bei Böblingen bemängelt, dass die Feuerwehr mit einem zu kleinen Schlauch einen havarierten Tanklaster abgepumpt habe – was allein zwei Stunden gedauert hatte.

Nun zeigt sich: Alle Feuerwehren haben solche Schläuche und Pumpen mit einer Leistung von maximal 300 Liter pro Minute – das ist die Norm. Abhilfe hätte nur ein zweiter sogenannter Gerätewagen Gefahrgut mit Pumpe gebracht – ein solches Einsatzmittel hätte aber womöglich in Leonberg angefordert werden müssen. Eine Abwägungsfrage: In diesem Fall wäre der Raum Leonberg ohne Ölwehr geblieben – und hätte sicherlich im Stau auf sich warten lassen.