Meteor im Anflug: Der 17-jährige Hobbyfotograf Philipp Lehmann aus Ofterdingen hat diesen seltenen Moment im Bild festgehalten. Die Aufnahme entstand im benachbarten Öschingen. Foto: Philipp Lehmann

Seltenes Schauspiel im Süden: Am Sonntag haben viele Menschen eine helle Erscheinung am Nachthimmel beobachtet. Ein Schüler aus Ofterdingen reagierte instinktiv – und hielt das Spektakel per Kamera fest.

Stuttgart - Was für ein Bild, was für glückliche Umstände! Am Sonntagabend war der 17-Jährige Philipp Lehmann mit einem Freund im Mössinger Stadtteil Öschingen (Kreis Tübingen) unterwegs, um bei klarem Sternenhimmel eine geliehene hochwertige Kamera zu testen. Die beiden Hobbyfotografen machten Langzeitaufnahmen, als Philipp Lehmann im Augenwinkel plötzlich eine Leuchtspur wahrnahm. Instinktiv drückte er auf den Auslöser seiner Kamera, auf die er ein 30-mm-Objektiv mit Lichtstärke 1,4 geschraubt hatte.

„Reiner Zufall“, sagt der Schüler am Montag im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten – „auch dass die Kamera genau in dieser Richtung stand“. Das eindrucksvolle Ergebnis der Langzeitbelichtung ist auf dieser Seite zu sehen: Ein Lichtstreif, der die Nacht erhellt – jener Meteor, der am Sonntagabend viele Menschen zwischen Stuttgart und Zürich in Staunen und Aufregung versetzte. Sekundenlang war der glühende Lichtschweif am Nachthimmel zu beobachten.

Weltraum-Müll, Flugzeug oder Himmelskörper?

Das Ereignis löste wilde Spekulationen aus: Weltraum-Müll, ein Flugzeug oder ein Himmelskörper? Experten der Europäischen Weltraumagentur Esa legten sich am Montag fest: Ihrer Einschätzung nach handelte es sich bei der Feuerkugel um einen Asteroiden oder Meteoroiden.

Der Himmelskörper sei am Abend von Norden nach Süden gezogen, sagte Gerhard Drolshagen, der bei der Esa im niederländischen Noordwijk auf erdnahe Objekte spezialisiert ist. Die Leuchtspur begann in der Nähe von Stuttgart, etwa 20 Kilometer vor Zürich endete der Flug. „Dort ist ein Knall wahrgenommen worden“, sagte Drolshagen. Der Himmelskörper sei in einer Höhe von 50 bis 100 Kilometern verglüht. Die Größe des Brockens dürfte zwischen 30 Zentimetern und maximal einem Meter gelegen haben.

Ob kleine Teile des Himmelskörpers auf die Erde niedergegangen sind, ist bisher nicht bekannt. „Je größer das Objekt ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass etwas übrig bleibt“, sagte Axel Quetz vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Sollte der Meteor den Boden erreicht haben, könne es Jahre dauern, bis er gefunden werde. Meteoriten-Experte Dieter Heinlein von der Vereinigung der Sternfreunde in Heppenheim hält Schäden für unwahrscheinlich.

Dutzende Menschen meldeten Lichtblitze am Himmel

Obwohl durchschnittlich einmal im Monat irgendwo auf der Welt ein solcher Himmelskörper in der hohen Atmosphäre explodiert, ist das Ereignis von der Erde aus nur selten zu sehen, weil es häufig zu bewölkt ist oder der Meteor über dem Meer verglüht.

Dementsprechend groß war am Sonntag die Aufregung bei nichts ahnenden Bürgern. „Dutzende besorgte Anrufer berichteten von Lichtblitzen am Himmel“, sagte ein Sprecher des Lagezentrums der bayerischen Polizei in München. In Baden-Württemberg meldeten sich nach Angaben des Lagezentrums in Stuttgart rund 100 Menschen bei der Polizei.

Der schweizerischen Nachrichtenagentur sda zufolge gingen bei der Polizei im Nachbarland ähnliche Anrufe ein. In Unterfranken hatten Bürger offenbar zunächst Angst, es könnte ein Flugkörper abgestürzt sein, wie die dortige Polizei berichtete. Die Deutsche Flugsicherung in Langen gab jedoch Entwarnung: „Wir vermissen kein Flugzeug“, sagte eine Sprecherin.

Bis es in Deutschland erneut einen so großen Meteor am Himmel zu sehen gibt, kann es mehrere Jahre dauern. Bis dahin müssen Himmelsbeobachter mit den viel häufigeren Sternschnuppen vorliebnehmen. Sie werden unter anderem von Objekten verursacht, die gerade einmal die Größe eines Kirschkerns haben.