Neun Männer sollen versucht haben, Heroin an die Polizei zu verkaufen. Jetzt stehen sie vor dem Landgericht. Foto: dpa

Neun Männer aus Deutschland, Belgien und Holland stehen vor dem Landgericht Stuttgart, weil sie mutmaßlich kiloweise Rauschgift verkaufen wollten – dummerweise an die Polizei.

Stuttgart - Das Ganze ist filmreif – allein schon wegen der ungewöhnlichen Dimension. Es geht um 40 Kilogramm Heroin in Topqualität, um mehrere verdeckte Ermittler, konspirative Treffen in Stuttgart, Rheinland-Pfalz und in den Niederlanden und um mehr als eine Million Euro. Der Prozess findet unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen statt, Zuhörer müssen sich vor dem Betreten des Gerichtssaals durchsuchen lassen.

Neun Männer im Alter von 32 bis 51 Jahren sitzen auf der Anklagebank vor der 5. Strafkammer. Ihnen stehen 18 Verteidiger und Verteidigerinnen zur Seite. Keiner der Angeklagten kommt aus Stuttgart. Die Männer sind in Belgien, in den Niederlanden, in Solingen, Hannover, Remscheid, Alzey und in Wuppertal wohnhaft. Festgenommen wurden die mutmaßlichen Drogenhändler in Karlsruhe und Antwerpen.

Der Mammutprozess, der bis Mitte März terminiert ist, findet vor dem Stuttgarter Landgericht statt, weil es in der Landeshauptstadt zu einem vorbereitenden Treffen für den Millionen-Drogendeal gekommen sein soll.

Heißer Tipp aus Spanien

Im Mai vergangenen Jahres sollen ein Koch, ein Fahrer, zwei Mechaniker, ein Gastwirt und weitere vier berufslose Männer übereingekommen sein, das ganz große Drogenrad zu drehen. Ob die Angeklagten zuvor schon wegen Drogendelikten auffällig geworden waren, wird im Laufe des Prozesses bekannt gegeben werden. Jedenfalls, so Oberstaatsanwalt Peter Holzwarth, habe ein verdeckter Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg Ende April 2016 in Spanien einen Hinweis auf ein großes Drogengeschäft bekommen. Das LKA schaltete sich ein und ließ den verdeckten Ermittler Kontakt aufnehmen. Tatsächlich rief einer der Angeklagten den Ermittler als potenziellen Heroinabnehmer Anfang Mai 2016 an.

Am 9. Mai kam es zum ersten konspirativen Treffen am Stuttgarter Hauptbahnhof. „Dem verdeckten Ermittler wurde dabei eine Lieferung von 40 bis 50 Kilogramm Heroin angeboten“, so Oberstaatsanwalt Holzwarth. Auch größere Mengen seien denkbar, ließen die Anbieter laut Anklage verlauten. 300 Kilo Heroin würden zur Auslieferung bereitliegen. Wenn es gut laufe, könnte Heroin im Tonnenbereich beschafft werden. Dem Ermittler des Landeskriminalamts müssen die Ohren geklingelt haben.

Das Millionengeschäft wurde besiegelt: 40 Kilo Heroin zum Kilopreis von 25 000 Euro. Auf der Straße bringt der Stoff weit mehr als das Doppelte.

Es folgten weitere Treffen in einem Hotel im rheinland-pfälzischen Alzey, wobei verabredet wurde, die rund eine Million Euro sollten in Belgien übergeben werden. Der Stoff würde nach Stuttgart geliefert. Später hieß es, das Geld müsse in den Niederlanden den Besitzer wechseln. Am 20. Mai vorigen Jahres soll der 46-jährige Angeklagte, ein Gastwirt aus Alzey, den verdeckten Ermittler angerufen und ihm versichert haben, dass der Deal klappe.

Eine Million Euro in bar

Das LKA setzte einen zweiten verdeckten Ermittler ein und besorgte sich eine Million Euro in bar – sogenanntes Vorzeigegeld. In Antwerpen präsentierten die Beamten den Anbietern die Scheine auf dem Rücksitz eines Autos. Der Transport sei von Den Haag unterwegs nach Deutschland, hieß es. Man habe Kontakte in den Iran und nach Südamerika, man könne tonnenweise Heroin beschaffen, sollen die Täter berichtet haben. In Holland sollen zwei der Angeklagten 80 Päckchen mit Heroin in die Hohlräume eines schwarzen Audi A 6 gesteckt haben. Die Fahrt ging nach Karlsruhe, wo ein dritter verdeckter Ermittler die Kuriere zum Treffpunkt lotste. Dort sollen der 31- und der 37-jährige Angeklagte die Drogenpakete unter Aufsicht ausgebaut haben. Es folgten die Festnahmen.

Vor dem Landgericht wollen die Angeklagten zu den Vorwürfen vorerst nichts sagen. Allein ein 32-jähriger Belgier ist offenbar bereit, die Hosen herunterzulassen. „Wir werden uns mit einer Verteidigererklärung zur Sache äußern“, sagt sein Anwalt Boris Müller – was die anderen Angeklagten natürlich unter Druck setzt. Der Prozess wird am 16. Januar fortgesetzt.