Windrad in der Oberpfalz: Im Tauschwald planen die Stadtwerke zwei Anlagen. In Stuttgart formiert sich Widerstand gegen die geplanten Windräder. Foto: dpa

Die Debatte um die zwei geplanten Windräder im Tauschwald geht in die nächste Runde: Die CDU spricht sich vehement gegen das Projekt von OB Kuhn aus. Auch Nabu und BUND sind dagegen. Sie haben neue Erkenntnisse.

Stuttgart - Die Christdemokraten funken OB Fritz Kuhn (Grüne) bei einem Prestige-projekt der Stuttgarter Energiewende dazwischen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Gemeinderat, Alexander Kotz, und die Sprecher der Christdemokraten in den Bezirksbeiräten von Botnang, Weilimdorf und Feuerbach wollen den Bau von zwei Windkrafträdern im Tauschwald verhindern.

„Es ist geradezu gefährlich, die positive Grundstimmung der Bürger in Sachen Energiewende mit einem solchen Prestigeprojekt aufs Spiel zu setzen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Kotz am Dienstag im Rathaus.

In einem Antrag, den die CDU-Fraktion daher in den Gemeinderat einbrachte, nennt sie mehrere Gründe, warum der Bau der zwei Windräder bei Feuerbach aus ihrer Sicht ein Problem darstellt. „Eine der größten Schwierigkeiten ist, dass die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist und gerade einmal mit einer Rendite zwischen eins und sechs Prozent zu rechnen ist“, sagte Kotz.

Naturschützer sehen Vogelarten bedroht

Das liege daran, dass der Wind im Vergleich zu anderen Regionen im Land nur schwach wehe. Außerdem gebe es Konflikte mit dem Artenschutz: Denn im Tauschwald leben verschiedene Fledermausarten sowie der bedrohte Wespenbussard. Die Rotoren müssten daher zumindest zeitweise abgeschaltet werden.

Die Debatte entzündet sich, seit die Stadtwerke Stuttgart (SWS) das Vorhaben im September 2013 präsentierten, an den immer gleichen Punkten: der Wirtschaftlichkeit, dem Artenschutz und den Befürchtungen der im Umkreis lebenden Anwohner, die ihre Lebensqualität durch Lärm und Rotorenschatten gemindert sehen.

Dem Projekt stehen somit noch einige Hürden bevor: Zunächst müsste das zwölf Hektar große Areal aus dem Landschaftsschutzgebiet gestrichen werden, um den von den Stadtwerken favorisierten Anlagentyp Vestas V126 zu bauen.

Ein weiterer Punkt: Die Bauherrin braucht eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung, die den Bau der rund 136 Meter hohen Windräder erlaubt. Und nicht zuletzt fehlt noch eine Abstimmung im Aufsichtsrat der Stadtwerke und im Gemeinderat, die grünes Licht gibt.

Strom für 5000 Haushalte

Der scheidende Geschäftsführer der Stadtwerke, Michael Maxelon, zeigte sich in den vergangenen Wochen optimistisch. Er hatte vom Aufsichtsrat der SWS den Auftrag bekommen, das Projekt weiter voranzutreiben. Die letzten Windmessungen an dem Standort ergaben, dass die Windverhältnisse ausreichten. Und sogar besser waren als in einem älteren Gutachten gemessen: im Schnitt 5,81 Meter pro Sekunde.

Die Windräder würden insgesamt rund zehn Millionen Euro kosten, sagte Maxelon im März und verwies auf die Vorteile. Die Anlagen lieferten, nach Prognose der Stadtwerke, mehr als 14 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Damit könnten die SWS rund 5000 Haushalte mit Strom versorgen.

Dem Fraktionschef der CDU, Alexander Kotz, reicht das nicht aus. „Es gibt natürlich keinen Zweifel, dass wir komplett zur Energiewende stehen“, sagte er. Doch man müsse bei der Umsetzung genau hinschauen. „Es geht nicht um Symbole, sondern um die praktische Umsetzung.“

Und da gebe es sehr viel effizientere und kreativere Arten der Energiegewinnung. „Zum Beispiel die Möglichkeiten von Nahwärmenetzen und Abwasserwärme.“ Eine weitere Variante, die in Stuttgart zu wenig Beachtung finde: die Energieeffizienz durch Wärmedämmung.

Zahl der bedrohten Tierarten wächst

Die Bedenken der Anwohner indes klingen vor allem in den Bezirksbeiräten an. „Der Druck auf der Straße ist sehr groß. Wir werden von besorgten Bürgern laufend angerufen“, sagt CDU-Bezirksbeirat Marc Benzinger aus Weilimdorf. Ein ähnliches Stimmungsbild ergebe sich in den angrenzenden Bezirken Botnang und Feuerbach.

Die drei Gremien treffen sich diesen Mittwoch zu einer gemeinsamen Sitzung in der Weilimdorfer Lindenbachhalle. Dort dürften auch die Bürgerinitiativen aus den drei Bezirken ihrem Frust freien Lauf lassen. Sie haben ein gemeinsames Papier erstellt, in dem sie ihre Bedenken wegen des Denkmal- und Artenschutzes äußern.

Nabu und BUND: massive Bedenken

Massive Bedenken haben erwartungsgemäß auch die Umweltverbände Nabu und BUND. Sie planen am Mittwoch eine gemeinsame Stellungnahme. Der BUND, der im Allgemeinen den Bau von Windkrafträdern begrüßt, begründet seine Ablehnung ausschließlich mit dem Artenschutz.

„Wir sind ganz klar gegen den Standort, nicht aus Gründen der Lärmemission oder wegen ähnlicher Bedenken, sondern weil eine ganze Reihe von Tierarten bedroht sind“, sagte ein Mitarbeiter des Regionalverbands vom BUND.

Nach neuesten Erkenntnissen der Umweltschützer verlängert sich die Liste der betroffenen Vogelarten demnach. Bisher bekannt ist seit einem Gutachten vom Frühjahr 2014, dass neben dem Wespenbussard noch der Baumfalke im Tauschwald brütet. „Hinzu kommt noch die Waldschnepfe.“ Das dürfte die Debatte nicht gerade beruhigen.