Klare Zeichen: An der Grenze zu Österreich wird wieder kontrolliert Foto: dpa

Das Zurück zu Grenzkontrollen bewirkt eine kurze Atempause – mehr allerdings nicht. Europa muss dringend eine gemeinsame Antwort auf die Flüchtlingskrise finden.

Stuttgart - Es hatte sich angedeutet: Die Bundesregierung reagiert auf den Andrang Zehntausender Flüchtlinge und die zuletzt stündlich lauter werdende Kritik aus den Bundesländern mit einem Stoppsignal: Das Schengener Abkommen ist ausgesetzt, Grenzen werden wieder überwacht. Bereits seit Sonntagnachmittag kontrolliert die Bundespolizei die Übergänge nach Österreich. Bis auf weiteres fahren keine der sogenannten Züge der Hoffnung mehr. Am Wochenende waren noch mal etwa 16 500 Flüchtlinge in München eingetroffen. 1350 von ihnen wurden in Baden-Württemberg untergebracht. Rund 100 in Stuttgart.

Was ist das jetzt? Ein Kurswechsel? Das Ende des „Septembermärchens“? Ein Einknicken der Kanzlerin und ein Rechtbehalten der CSU? Vermutlich liegt die Gewerkschaft der Polizei mit ihrer Einschätzung richtig. Sie wertet die Maßnahme bildhaft als ein „Ziehen an der Reißleine der inneren Sicherheit“ , die allen Beteiligten eine Atempause verschaffe. Richtig ist: Deutschland muss sich dringend sortieren. Bund, Länder und Kommunen müssen klären, wie sie weiter verfahren wollen. Improvisieren kann man immer nur kurzfristig, nicht auf Dauer.

Allzu lange darf die Atempause jedoch nicht ausdehnt werden, denn die Wiedereinführung von Grenzkontrollen wird die Fluchtbewegungen nach Europa nicht stoppen. Solange die maßgeblichen Fluchtursachen – Krieg und Gewalt – fortbestehen, werden Menschen weiterhin mit dem Mut der Verzweiflung hierher drängen. Umso wichtiger ist es, dass Europa endlich eine gemeinsame Sprache findet. Es kann nur die Sprache der Humanität sein. Sie beinhaltet ausdrücklich auch Solidarität bei der Verteilung der Ankommenden. EU heißt Europäische Union, nicht Europäische Uneinigkeit.