Ob Stereoanlage, Transistorradio oder Kaffeemaschine: Der Elektrofachmann Helmut Möder (rechts) bringt auch ältere Geräte wieder in Schuss. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Lokalpolitiker im Bezirksbeirat Feuerbach debattieren darüber, ob es die Aufgabe der Stadt ist, für den ehrenamtlichen Senioren-Service die Raummiete zu zahlen. Ein Antrag für den Erhalt des Seniorendienstes findet nach längerer Diskussion eine klare Mehrheit.

Feuerbach - We want you!“, steht in dicken Lettern auf dem Plakat am Bürofenster des Seniorendienstes Stuttgart im Erdgeschoss des Burgenlandzentrums an der Sankt-Pöltener-Straße. Darüber ist ein sichtbar grimmig schauender Mann mit weißem Spitzbart, Fliege und Sternen-Zylinder zu sehen. Er deutet mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Bild-Betrachter. „Wir wollen dich!“, sagt Uncle Sam ins Deutsche übersetzt. Mit dem Motiv versuchte die USA vor etwa 100 Jahren, junge Männer als Soldaten für den Ersten Weltkrieg zu rekrutieren.

Der Seniorendienst verbindet damit andere Absichten: „Wir suchen ehrenamtliche Mitarbeiter“, heißt es auf dem Plakat. Allerdings sind die Macher der Initiative auch anderweitig im Suchmodus. Sie halten nicht nur Ausschau nach weiteren Schreinern, Elektrikern, Polsterern, Computer-Doktoren und Allround-Handwerkern, die zwar den Ruhestand erreicht, aber gleichzeitig noch Lust haben, ehrenamtlich in ihrer Paradedisziplin weiter zu werkeln. Noch dringender als „Nachwuchskräfte“ brauchen sie neue Räumlichkeiten. Denn schon vor längerer Zeit informierte die Stadt den Seniorendienst, dass er die städtischen Räume bis spätestens zum 31. Dezember 2017 räumen muss. Dazu kommt, dass dieser Ort im Burgenlandzentrum voraussichtlich irgendwann für ein Stadtteilzentrum gebraucht wird (wir berichteten).

Raumsuche gestaltet sich sehr schwierig

Eine ganze Latte von Immobilien hat der Seniorendienst unterdessen besichtigt: Etwa zwei Din-A4-Blätter voller Angebote habe man angeschaut, etwas Passendes sei aber leider bisher nicht dabeigewesen, beteuert Thomas Reusch-Frey, Leiter des Treffpunks „50plus“ im Rotebühlzentrum, eine Einrichtung, die von der Evangelischen Akademie Bad Boll getragen wird und zu der auch der Seniorendienst Stuttgart in Feuerbach gehört. Der ausdrückliche Wunsch der Stadt für eine Weiterförderung ist, dass der Seniorendienst Räume findet, die er mit anderen Organisatoren als Kooperationspartner gemeinsam nutzen kann. Zudem soll der Flächenbedarf auf 80 bis 100 Quadratmeter (bisher mehr als 300 Quadratmeter) beschränkt werden. Andererseits braucht der Seniorendienst Platz für Werkzeuge und Lagerung, zudem soll der neue Standort barrierefrei und die Miete nicht zu teuer sein. Das klingt angesichts der Immobiliensituation in Stuttgart nach der berüchtigten Quadratur des Kreises.

In der vergangenen Bezirksbeiratssitzung poppte das Thema plötzlich auf, als Roland Saur (SÖS/Linke-Plus) einen Antrag zum Erhalt des Seniorendienstes stellte. Das Angebot sei eine sehr nützliche Einrichtung. Von dem Service, Dinge für eine Aufwandsentschädigung zu reparieren, würden auch finanziell schlechter gestellte Menschen profitieren. Der Dienst sollte daher unbedingt erhalten werden, betonte Saur: „Die Stadt wird aufgefordert, Räumlichkeiten in der Größenordnung von 80 bis 100 Quadratmeter zur Verfügung zu stellen“, heißt es unter anderem in seinem Antrag.

Obwohl am Ende die Mehrheit (8 Jastimmen, 3 Neinstimmen, eine Enthaltung) dem Antrag zustimmte, kritisierte Reiner Götz von den Feuerbacher Grünen die Zielrichtung des SÖS-Vorstoßes: „Eigentlich hätte der richtige Antrag lauten müssen, dass die Stadt eine Summe X bereitstellen soll, um den Erhalt des Seniorendienstes zu sichern“, meint er auf Nachfrage der Nord-Rundschau. Schließlich gehe es nicht nur darum, Räume zu finden, sondern auch darum, diese zu finanzieren. Götz findet zudem, „dass eine Initiative, die Räume benötigt, sich auch selbst darum bemühen sollte: Dann kann auch der Versuch unternommen werden, für die Sinnhaftigkeit zu werben und einen Beitrag im Haushalt einzustellen.“ Doch das habe ganz offensichtlich innerhalb der vergangenen beiden Jahre nicht geklappt. Die FDP-Sprecherin Gabriele Heise hob hervor, dass der Dienst sicher eine sinnvolle ehrenamtliche Arbeit leiste. Aber es könne nicht Aufgabe der Kommune sein, dieses Angebot zu finanzieren, das sei die Sache der Initiative.

Dienst für die Allgemeinheit oder Hobby von Senioren?

„Wie viele Bügeleisen reparieren die Senioren denn pro Jahr?“, wollte Jochen Heidenwag (Freie Wähler) wissen. Sollten die Zahlen zeigen, dass die Beteiligten eher einem Hobby frönen als der Allgemeinheit zu dienen, dann könne es nicht Aufgabe der Stadt sein, dies zu finanzieren, äußert sich Heidenwag gegenüber der Nord-Rundschau.

Eine Nachfrage im Büro des Seniorendienstes genügt, um Genaues zu erfahren: „Wir haben 2014 und 2015 jeweils pro Jahr im Schnitt etwa 620 Handwerker-Einsatzstunden in den Werkstätten erledigt“, hat Seniorendienst-Kassierer Hans Dieter Beinkofer errechnet. Dazu kommen pro Jahr 200 Einsatzstunden für Servicearbeiten in Privathaushalten, für die drei Außendienst-Mitarbeiter verantwortlich zeichnen. Die Mitarbeiter im Büro hätten jährlich 390 Stunden geleistet. Macht also summa summarum: 1210 Stunden.

Richtiger Antrag oder falscher?

Richtiger Antrag oder falscher? Saur ärgerte diese Diskussion im Gremium zusehends. Vor allem weil seiner Meinung nach Reiner Götz beharrlich auf einem Zuschussbetrag in Höhe von 25 000 Euro herumgeritten sei, wie er anschließend betont. Stimmt nicht, kontert Götz im Nachgang der Debatte: „Es ging mir nicht um den zuletzt gewährten Zuschuss in Höhe von 25 000 Euro. Das ist nicht der Punkt.“

Für Dirk Teichmann (CDU) steht „außer Frage“, dass der Seniorendienst Sinnvolles leiste. Es stelle sich eine ganz andere Frage: „Warum wurde ihm überhaupt gekündigt?“ Es sei vorgesehen gewesen, dass der Seniorendienst im Treffpunkt „50plus“ aufgehen sollte, erklärte Bezirksvorsteherin Andrea Klöber. Martin Härer (SPD) schlug vor, die Senioren einzuladen, damit sie im Gremium berichten können. Das hielt wiederum Klöber für keine gute Idee: „Ich fürchte, da machen wir ein Fass auf.“