Die Luft in Stuttgart ist nach wie vor stark mit Schadstoffen belastet Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Zwei Anwohner des Feinstaub-Schwerpunktes Neckartor und deren Anwalt Roland Kugler haben am Dienstag weitere Klagen gegen das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) angekündigt.

Stuttgart - Zwei Anwohner des Feinstaub-Schwerpunktes Neckartor und deren Anwalt Roland Kugler haben am Dienstag weitere Klagen gegen das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) angekündigt. Die Aussage von Verkehrsminister Winfried Hermann und Stuttgarts OB Fritz Kuhn (beide Grüne), bis 2021 die Schadstoffgrenzwerte einhalten zu wollen, zeige, dass das Thema „nicht mit der nötigen Seriosität angegangen wird“, sagte Peter Erben von der Bürgerinitiative Neckartor.

Die Grenzwerte der EU sind bereits seit 2005 gültig, konnten aber an der Messstelle am Neckartor beim Feinstaub noch nie eingehalten werden. 2014 wurden statt der maximal zulässigen 35 insgesamt 64 Tage mit Grenzwertüberschreitungen gezählt. Das RP ist für die Luftreinhaltepläne zuständig. Mit ihnen wurden zum Beispiel die Umweltzone, das Lkw-Durchfahrtsverbot oder Tempo 40 auf Steigungsstrecken angeordnet. Aktuell gilt die dritte Fortschreibung, die allerdings wie die vorherigen von Klägern vor Gericht erzwungen werden mussten. Nun macht auch die EU-Kommission über den Bund beim Land Druck und fordert, ultimativ wirksame Mittel zum Gesundheitsschutz zu ergreifen. Sonst drohten laut Hermann für jeden Überschreitungstag Strafzahlungen von „wahrscheinlich mehreren Hunderttausend Euro“.

Kugler, früher selbst für die Grünen im Gemeinderat, sagte am Dienstag bei der Pressekonferenz, er erwarte nicht pro Überschreitungstag, sondern nach dem Reißen des Grenzwerts pro Tag 50 000 bis 100 000 Euro Strafe für das Land. Die EU fordere nicht abstrakte Maßnahmen, sondern wirksame, und zwar „in absehbarer Zeit“ und nicht erst bis 2021. Kugler will dem RP eine Frist von vier Wochen setzen. Liegen dann keine Vorschläge für weitere Maßnahmen vor, werde geklagt. Ob eine Strafanzeige gegen nicht handelnde Personen möglich sei, habe er „noch nicht geprüft“, so Kugler.

Um bei belastenden Wetterlagen schnell mit Verkehrsbeschränkungen oder sogar Straßensperrungen reagieren zu können, müsse die Messmethode auf eine tägliche Auswertung umgestellt werden. Das lehnt das RP bisher ab.

Die Lösung des Problems für 2021 anzukündigen sei „zynisch“, sagte Manfred Niess vom Klima- und Umweltbündnis Stuttgart: „Stadt und Land betreiben Körperverletzung.“ Rechnerisch gebe es in Deutschland jährlich 47 000 Tote durch den krebserregenden Feinstaub – zehnmal mehr als Verkehrstote. Gefährlich hoch sind auch die Stickstoffdioxidwerte.

Die Schadstoffbelastung ist nicht allein ein Stuttgarter Thema. Ewald Thoma von der AG Verkehrslärm in der Region Leonberg berichtete von steigendem Lkw-Verkehr auf der A 8. Die beschlossenen weiteren Spuren zwischen Kreuz Stuttgart und Dreieck Leonberg ließen Schadstoffe und Lärm weiter zunehmen.

Wissen, was wichtig ist – abonnieren Sie hier den StN-Newsletter