Noch immer ist nicht klar, was aus den Räumen an der Bernsteinstraße 130 wird. Foto: Julia Barnerßoi

Die Initiative B 130 will die Räume an der Bernsteinstraße 130 kaufen, um zu verhindern, dass eine religiöse Gemeinschaft einzieht. Die Nachbarn vermuten, dass diese eine islamische Gebetsstätte plant. Das Vorhaben ist ihnen bereits über 130 000 Euro wert.

Heumaden - Eine mögliche islamische Gebetsstätte in ihrem Wohngebiet zu verhindern, ist einigen Heumadenern bereits 134 000 Euro wert. 23 Investoren sind derzeit bereit diese Summe zu geben, um die leerstehenden Geschäftsräume an der Bernsteinstraße 130 zu kaufen, für die sich auch eine unbekannte religiöse Gemeinschaft interessiert. Die 23 Personen gehören der circa 55 Mitglieder zählenden Initiative „B 130“ an, die Annemarie und Dieter Franz – ebenfalls Bewohner des Gebiets „Über der Straße“ – im Juli ins Leben gerufen haben. Den morgigen Samstag hat sich die Initiative als Stichtag gesetzt, um Bilanz zu ziehen, ob schon genug Geld zusammen ist oder ob zumindest die Tendenz zeige, dass es sich lohnt weiterzumachen.

Jeden Tag ein neuer Investor

Dieter Franz ist „weder optimistisch, noch pessimistisch“, wie es ausgehen könnte, wie er sagt. Derzeit melde sich jedenfalls fast täglich ein neuer Investor. Vor zwei Wochen haben er und seine Mitstreiter beschlossen zu prüfen, wie viel Geld die Initiative zusammenbekommen würde. Seither verkaufen sie Beteiligungsscheine à 2000 Euro. „Reales Geld fließt aber erst, wenn wir die Räume wirklich kaufen“, erklärt Franz das Konzept. Binnen zwei Tagen wurden Anteile für mehr als 40 000 Euro gezeichnet, wie es offiziell heißt.

Kaufinteressenten sollen lange Bärte und Gewänder tragen

Wie mehrfach berichtet, befürchten einige Anwohner, dass die einstigen Supermarkträume im Erdgeschoss der Wohnanlage von einer islamischen Gemeinde als Gebetsraum genutzt werden könnten. Bisher ist nur bestätigt, dass der Eigentümer der Räume mit einer religiösen Gemeinschaft im Gespräch ist – welche genau, behält er für sich. Einige Nachbarn sollen die Kaufinteressenten bei der Besichtigung aber beobachtet haben. Lange Gewänder und Bärte hätten die südländisch aussehenden Männer getragen, erzählt man sich seither. Weitere Kaufinteressenten habe er bisher nicht gefunden, sagt der Eigentümer seit jeher. Die Räume stehen seit Monaten leer. Vergangenes Jahr hatte sich eine andere Lösung angebahnt: Eine Kita wollte die Räume mieten. Das haben die Nachbarn jedoch mehrheitlich abgelehnt.

Obwohl mit dem sechsstelligen Betrag bereits eine stolze Summe zusammengekommen ist, reicht das Geld noch nicht, um die mehr als 600 Quadratmeter ehemalige Verkaufsfläche zu erwerben. Für 480 000 Euro bietet der Verkäufer sie laut einem Exposé im Internet an. Die Initiative müsste etwas weniger aufbringen, deutet Dieter Franz an. Der Verkäufer bestätigt, dass er den Eigentümern der umliegenden Wohnungen einen Rabatt gewähren würde. Eine konkrete Summe will er nicht nennen. Dieter Franz sagt jedoch, dass man mit etwa 100 000 Euro Umbaukosten, mit denen ebenfalls zu rechnen sei, in etwa wieder bei der knappen halben Million liegen würde.

Seit Tengelmann und Schlecker weg sind, herrscht Flaute

Ein Umbau ist deshalb nötig, da die Räume in ihrem jetzigen Zustand nur schwer anders als als Supermarkt genutzt werden können. Allein deshalb hat der Eigentümer seit Monaten Probleme, die Geschäftsräume an den Mann zu bringen. Nach dem Auszug von Tengelmann und Schlecker hat sich kein längerfristiger Mieter mehr gefunden, der ein wirtschaftliches Konzept für das Wohngebiet gehabt hätte.

Die Initiative um das Ehepaar Franz hat sich bereits einige Gedanken gemacht, wie die Räume genutzt werden könnten, würde sie den Zuschlag bekommen. Denkbar wäre, dass der große Hauptraum mit Trennwänden in mehrere Einheiten unterteilt wird. Dort könnten dann beispielsweise ein Kiosk oder ein Anwaltsbüro unterkommen – oder sogar temporäre Unterrichtsräume im Hinblick darauf, dass beispielsweise das Geschwister-Scholl-Gymnasium Raumprobleme hat. „Das alles sind aber nur lose Ideen“, sagt Dieter Franz. Erstmal müsse man die Hand auf der Immobile haben. Gleich ein Konzept auszuarbeiten, hätte zu viel Zeit gekostet.

Der Verkauf rückt immer näher

Die Zeit wird knapp

Und die ist rar. Der Eigentümer hat der Initiative zwar einen zeitlichen Aufschub gewährt und steht ihrer Idee positiv gegenüber. Doch der Kauf des Objekts durch die religiöse Gemeinschaft scheint immer näher zu rücken. Denn diese wolle den Handel mit dem Verkauf ihrer derzeitigen Räume in Bad Cannstatt finanzieren. Und für jene gebe es inzwischen zwei Kaufinteressenten, wie Franz sagt. Der Eigentümer bestätigt diese Info nicht, dementiert sie aber ebensowenig. Die Frage, wie viel Zeit der Initiative bleibt, beantwortet er nicht.

Für Dieter Franz wäre es indes nicht der Idealfall, wenn die Initiative tatsächlich das Geld zusammenbekommen würde. „Es wäre der worst case“, sagt er vielmehr. Denn dann ginge die Arbeit ja erst richtig los. Eine Rechtsform müsste gegründet, der Kauf abgewickelt, der Umbau und die Nutzung geplant werden. Viel zielführender wäre es, wenn die Nutzung als religiöse Versammlungsstätte „erfolgreich angefochten werden könnte“, sagt Franz.

Bis zu 270 Gläubige werden erwartet

Wie die Chancen dafür stehen, bleibt ungewiss. Das städtische Baurechtsamt kann dazu erst Auskunft geben, wenn ein konkreter Antrag vorliegt, wie die Amtsleiterin Kirsten Rickes bereits im August auf Nachfrage erklärte. Besonders die Größe des Vorhabens müsse genau geprüft werden. Genau die sei es, was den Anwohnern laut Franz so Angst einjage. Von 270 Gläubigen habe der Eigentümer gesprochen. „Das sind nur die Männer. Dazu kommen deren Angehörige“, sagt Dieter Franz. Die Zahl bleibt wie der genaue religiöse Hintergrund der Gruppe jedoch unbestätigt.