Wie es mit dem Ladengeschäft an der Bernsteinstraße 130 weitergeht, ist noch unklar. Foto: Barnerßoi

Ein leer stehender Laden im Wohngebiet „Über der Straße“, wird eventuell an eine religiöse Gemeinschaft verkauft, die dort ein Kulturzentrum einrichten will. Die Anwohner sind aufgebracht, sie rechnen mit einer Moschee.

Heumaden - Das Wort Moschee kursiert derzeit im Heumadener Quartier „Über der Straße“. Es herrscht große Aufregung. Bei einer außerordentlichen Eigentümerversammlung wurden die Besitzer der Wohnungen über dem und rund um das Ladengeschäft an der Bernsteinstraße 130 darüber informiert, dass dieses eventuell an eine religiöse Gemeinschaft verkauft wird, die die Räume als Kulturzentrum nutzen will. Nun fürchten die Anwohner das, was da auf sie zukommt.

Lange Bärte und Gewänder sollen sie getragen haben, als sie vor einigen Wochen die Räume besichtigt haben. Eine islamische Gemeinschaft soll es sein, und die Mitglieder sollen aus Afghanistan und Pakistan stammen. So wird es im Innenhof, im Tante-Emma-Laden und der Bäckerei nebenan erzählt. „Das passt hier nicht her“, hört man aus einigen Mündern der Menschen bei ihrem morgendlichen Einkauf. „Wir haben ja nichts gegen Ausländer, aber solche Versammlungen gehören hier nicht hin“, sagt einer, „Da traut sich ja keiner mehr raus, wenn die sich da in ihren Burkas versammeln“, sagt ein anderer. Der Besitzer des Ladengeschäfts will nicht sagen, um welche Religionsgemeinschaft es sich genau handelt. Er bestätigt aber auf Nachfrage, dass sie ein Kaufinteressent sei – und zwar der einzige. Deswegen gebe es, wenn er wirklich verkaufe, keine andere Option.

Seit einigen Monaten steht der einstige Supermarkt leer

Seit einigen Monaten steht das Geschäft zwischen Bäcker und Restaurant leer. Als der Häuserblock einst gebaut wurde, wurde der Laden im Erdgeschoss extra supermarkttauglich gestaltet. 20 Jahre lang war auch tatsächlich ein Lebensmittelmarkt dort beheimatet. Mit dem Bau des benachbarten Sillenbucher Markts floss jedoch die Kaufkraft aus dem Quartier ab. Bis zur Schleckerpleite war eine Filiale der Drogeriekette in der Hausnummer 130 ansässig. Zuletzt war ein Büro als Mieter in den Räumen, jedoch kündigte dieses 2013 nach nur drei Jahren wieder. „Mich kostet es allein 3000 Euro monatlich, um den leeren Laden zu halten“, sagt der Vermieter. Darum verliere er nun langsam die Geduld.

Vor allem, weil er im vergangenen Jahr eigentlich einen neuen Mieter gehabt hätte, einen Kita-Betreiber. Dass Kinder einziehen, verhinderten die Eigentümer aber. Sie gaben eine gemeinschaftliche Grünfläche nicht für den für eine Kita notwendigen Spielplatz frei, wie der Vermieter sagt. Seiner Meinung nach sei der Grund für die Ablehnung gewesen, dass die hauptsächlich älteren Bewohner kein Kindergeschrei vor der Tür haben möchten, wie der Ladeneigentümer sagt.

Kulturzentrum sei nur ein Tarnname für eine Moschee

Diese Vermutung hat auch das Ehepaar, das den Tante-Emma-Laden und die Bäckerei neben dem leer stehenden Geschäft betreibt. Sie hätten gerne eine Kita gehabt und dies als sinnvolle Nutzung der Räume gesehen, sagen sie. Deshalb bedauern sie, dass sich die Eigentümer gegen die Kita gewehrt haben. Dass sie gegen das Kulturzentrum sind, können die beiden hingegen gut verstehen. Das Ehepaar teilt die Meinung. Auch weil es befürchtet, dass ihm die Kundschaft ausbleibt, wenn die Bewohner nicht mehr gern in den Hof gehen. Kulturzentrum sei ihrer Meinung nach nur ein Tarnname für eine Moschee, in der mitten in Europa nicht zeitgemäßes Gedankengut verbreitet wird. Sie halten die Religionsgemeinschaft für eine extreme Gruppe.

Zwischenzeitlich hat sich auch die Lokalpolitik eingeschaltet. Die FDP-Fraktion im Sillenbucher Bezirksbeirat hat eine schriftliche Anfrage ans Bezirksamt gestellt, ob es bekannt sei, dass „eine islamische Religionsgemeinschaft eine Moschee oder einen Gebetsraum einrichten möchte“ und ob es dagegen rechtliche oder sonstige Bedenken gebe, wie es in der Anfrage heißt. Die Liberalen schreiben, dass etwa Fragen zur Infrastruktur bedacht werden müssten, denn eine derartige Einrichtung würde wohl zusätzlichen Verkehr auslösen.

Die Sorge um Parkmöglichkeiten sei „eher scheinheilig“

Gleich reagiert auf diese Anfrage hat Ulrich Storz, der Sprecher der SPD-Bezirksbeiratsfraktion. Er sagt, dass die Anfrage verfrüht komme, so lange es sich beim Verkauf noch mehr um ein Gerücht als einen Fakt handle. Zudem halte er die geäußerte Sorge um Parkmöglichkeiten für „eher scheinheilig“ und hätte sich in diesem Fall mehr Fingerspitzengefühl gewünscht.

In trockenen Tüchern ist der Verkauf noch nicht. „Wenn ich die Räume dauerhaft vermieten könnte, würde ich nicht verkaufen“, sagt der Eigentümer, dem einige Bewohner laut einer Anwohnerin vorwerfen, er habe den Kaufinteressenten absichtlich gesucht, um sie zu schikanieren. Den Eigentümern habe er bei der Mitgliederversammlung angeboten, dass sie als Gemeinschaft die Räume von ihm mieten und sich selbst um die Weitervermietung kümmern könnten. Dann hätten sie die Möglichkeit, den Mieter nach ihrem Gusto auszuwählen. Diesen Vorschlag hätten die meisten der mehr als 50 Eigentümer aber ausgeschlagen, sagt der Besitzer. Über ein Immobilienbüro biete er die Räume derzeit weiter an, eventuell finde sich so noch ein anderer Käufer. Wenn es keine Alternative gebe oder die Eigentümer nicht selbst aktiv werden, werde er den Kaufvertrag mit der Religionsgemeinschaft unterzeichnen.