Sichtlich geschafft: KNITZ-Untertan Tom Hörner hat zwei Stühle auf den Hospitalplatz geschleppt Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im Hospitalviertel sind die blauen „Wanderstühle“ aus dem Keller geholt und neue gesucht worden. Unser Kolumnist KNITZ nutzt die Innenstadtbestuhlung für eine PR-Aktion in eigener Sache.

Stuttgart - KNITZ hat seit einiger Zeit einen Mann fürs Grobe. Er nennt ihn liebevoll seinen Fressesprecher. Falls Sie noch keinen Mann fürs Grobe haben: KNITZ kann Ihnen nur wärmstens empfehlen, sich auch einen zuzulegen. Seinen können Sie allerdings nicht haben, der ist ausgelastet.

Natürlich ist das mit dem Personal heutzutage so eine Sache. Meist muss man es zum Jagen tragen. Nur gestern war das nicht der Fall. Kaum hatte KNITZ seinem Fressesprecher einen neuen Auftrag erteilt, spurtete der los. Vermutlich deshalb, weil ihm eine tragende Rolle zugedacht war.

Er sollte im Auftrag seines Herrn zwei Stühle zum Hospitalplatz bringen. Dort ging gestern die Aktion „Wanderstuhl“ in die nächste Runde. Das heißt, eigentlich heißt die Aktion in diesem Jahr „Hospitalplatzstühle“, weil etliche der im Spätsommer dort ausgesetzten blauen Stühle tatsächlich auf Wanderschaft gingen.

Dann steht da drauf „Ein Sitz von KNITZ“

Das muss aber nicht heißen, dass sie für immer verschwunden sind, meint Martin Holch vom Amt für Stadtplanung, Stadterneuerung und (inzwischen wohl auch) Stadtbestuhlung: „Vielleicht wandert der eine oder andere Stuhl aus dem Winterlager nun wieder zurück auf den Platz.“

Eine wunderbare Aktion, findet KNITZ, der das Tun nicht ganz ohne Eigennutz verfolgt, werden die gespendeten Stühle doch in einer Farbe lackiert, die dem blauen Balken auf der ersten Seite seiner Zeitung nicht unähnlich ist. Wenn seine Zeitung für die zwei von ihr gespendeten Stühle noch 200 Euro springen lässt (soviel kostet das Lackieren), werden die Hocker mit Metallschildern versehen, auf denen außer dem Namen der Zeitung „Ein Sitz von KNITZ“ stehen wird.

Ein buntes Sammelsurium von rund 50 Stühlen kam gestern Mittag innerhalb einer Stunde zusammen. Gartenstühle aus Kunststoff, Klappstühle aus Metall und Holz, betagte Wohnzimmerhocker. Sabine Amann steuerte zwei Schreibtischstühle ihrer Kinder bei, weil die (O-Ton der Herrschaften) „uns inzwischen zu kindlich sind“. Ein Mann karrt drei Holzstühle aus Heslach heran. „Die Stühle“, sagt er, „waren Teil einer Kunstaktion und haben an Einsamkeit gelitten.“ Aber nicht nur das, auch die Witterung hat ihnen zugesetzt.

Alle bekommen sie einen wetterfesten Anstrich

Egal woher die neuen alten Stühle kamen, jetzt wandern sie in die Werkstatt und bekommen einen blauen, wetterfesten Anstrich. Einstweilen muss man mit den vom St.-Agnes-Gymnasium gespendeten uniformen Stühlen Vorlieb nehmen. Doch die erfüllen auch ihren Zweck: Achim Weiler vom Quartiersverein Forum Hospitalviertel erzählt, wie er darauf seiner Tochter das Skatspielen beigebracht hat.

Erstaunlich, was manche Leute für die Stuhlaktion auf sich nehmen. Ein Mann transportierte wegen des Feinstaubalarms einen Stuhl mit der Stadtbahn. Ganz anders der Öffentlichkeitsarbeiter von KNITZ, der sich für den Stuhlgang einen Dienstwagen geschnappt hat. Die tragende Rolle beschränkte sich auf ein paar hundert Meter.