Der Hohenasperg – Stich von Matthäus Merian Foto: Michael Zimmermann

Er gilt als Schicksalsberg der Schwaben – der Hohenasperg. Das Haus der Geschichte erinnert in einem wichtigen Ausstellungskatalog.

Stuttgart - Er gilt als Schicksalsberg der Schwaben – der Hohenasperg. Die politischen Gefangenen verhalfen ihm über Jahrhunderte zu fragwürdiger Berühmtheit als „deutsches Gefängnis“, woran das Haus der Geschichte in einem wichtigen Ausstellungskatalog erinnert.

Im Konflikt des Einzelnen mit der Staatsmacht blieb die politische Justiz an der Tagesordnung: von der Zeit Herzog Ulrich widerstehender Vögte, wie Sebastian Breunings 1516, über die des von beschämendem Judenhass zeugenden Justizmords an Joseph Süß Oppenheimer, dem Hoffaktor Herzog Karl Alexanders 1738, bis zu traurigen Kontinuitäten in der Kommunistenverfolgung.

Zum „Hausberg der schwäbischen Intelligenz“ wurde Württembergs Freiheitsgrab früh. Im Vormärz musste der Ökonom Friedrich List für seine zukunftsweisende Kritik anno 1824 bitter büßen. Berthold Auerbach wurde als Burschenschaftler 1836 inhaftiert. Auf dem „Demokratenbuckel“ saßen wegen „Hochverrats“ nach der Revolution von 1848 Hunderte ein. Auch Gottlieb Rau wurde zu 13 Jahren Festungshaft verurteilt: Er hatte in Rottweil vor rund 4000 Zuhörern zum Marsch aufs Cannstatter Volksfest gerufen. Doch am Ende wurden sieben unbewaffnete Schramberger auf dem Wasen von 5000 Soldaten überwältigt. Der Bauernturnwart Ludwig Schaller, der während seiner Haft 1852/53 den Gefängnisalltag in Zeichnungen festhielt, vermerkte am 27. April 1849 unter einer Skizze des Hohenaspergs ironisch: „Auf den Bergen ist Freyheit!“

Im Dritten Reich nicht zuletzt. Eugen Bolz, bis März 1933 Staatspräsident von Württemberg, als Justizminister 1921 Befürworter der „Schutzhaft“ ohne richterliche Anordnung, musste als Politiker des Zentrums erfahren, wie wirksam die NSDAP dieses Instrument zur Ausschaltung ihrer Gegner nutzte. Sie brachte ihn als Widerständler nach dem 20. Juli 1944 unter das Fallbeil.

Derweil die Nationalsozialisten ihr Verbrechensregiment übten, wurde 1939 der Hohenasperg zum Museum – aus Anlass des 200. Geburtstags Christian Friedrich Daniel Schubarts, der von 1777 bis 1787 hier „Frost, Hunger, Höllenangst“ hatte erdulden müssen. Den im ganzen Reich beliebten Journalisten, Dichter und Musiker hatte Herzog Carl Eugen eingekerkert: In seiner „Teutschen Chronik“ hatte der Spötter vor dem Herrn politische Missstände angeprangert. Nun wurde er einem rigorosen religiösen Erziehungsprogramm unterworfen, bis er die (eingeschränkte) Freiheit auf öffentlichen Druck wiedersah. Als Werner Dürrson in abermals aufgewühlter Zeit 1980 „Schubart, C. F. D.“ mit seinem Drama ein Denkmal setzte, wurde es mit einem Plakat HAP Grieshabers beworben – und in Stuttgart vor der Uraufführung abgesetzt: Zu garstig klang das „politisch Lied“ in Zeiten, da man Kindern noch immer damit drohen konnte, sie kämen auf den Asperg, wären sie nicht brav. Wie Querdenker und Querschießende zu fast allen Zeiten.

Die Veste diente zudem als Zuchthaus; in den Weltkriegen als Lager für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, als Irrenanstalt, als Sammelplatz für rassisch Verfolgte, als Haftanstalt für Terroristen im Staatsdienst wie den SS-Kommandeur Karl Jäger oder solche der RAF, wie Günter Sonnenberg, welche die ins westliche Wertesystem sich einordnende Bundesrepublik mit Attentaten bekämpfte. Der schwäbische Spruch des Wochenendes kommt von Gusti Bück aus Holzgerlingen: „Wenn ich als Kind nicht ins Bett gehen wollte, sagte meine Mutter zu mir: ,Komm, wir geh’n nach Bettahausa uf dr Fedraball.‘“

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