Foto: StN

Unser Sprachforscher Roland Groner geht der Herkunft der schwäbischen Ausdrücke Rollåkopf ond Rollåhòòr nach.

Stuttgart - „Kürzlich sagte ich zu meinem Mann: ,Meinsch du di mit dem Rollakopf?‘ Er konnte jedoch mit dem Wort ‚Rollenkopf‘ nichts anfangen.“ Leserin Margit Gimint fragt, ob dieser Ausdruck bekannt ist. So stellt sich das Rätsel, wer in dieser Sache besser bewandert ist – er oder sie?

Sucht man im Duden-Wörterbuch, dann ist „Rollenkopf“ nicht zu finden. Das zeigt an, dass es dieses Wort in der deutschen Sprache nicht gibt. Allerdings entdeckt man im Internet den Rollenkopf als wesentlichen Bestandteil bei Flaschenzügen. Wie sieht es nun im Schwäbischen aus? In Fischers Wörterbuch ist „Rollenkopf“ dokumentiert und mit „Krauskopf“ erklärt.

In diesem Zusammenhang bietet es sich an, auch das Wort „kraus“ zu untersuchen. Es ist verhältnismäßig spät im Mittelhochdeutschen als „krus“ bezeugt und gehört im Sinne von „gedreht, gekrümmt“ zur Wortgruppe „Kringel“, das wiederum eine Verkleinerungsform zu „Kring“ (Ring, Kreis) ist. Eine Ableitung von „kraus“ ist „gekräuselt“, im Schwäbischen gesprochen „greislåt“. Das Adjektiv „kraus“ wird gewöhnlich im Sinne von „lockig“ gebraucht, wird aber auch übertragen als „wirr, unordentlich“ verwendet (Duden Etymologie). Im Gegensatz zu „lockig, Lockenhaar“ steht „kraus“ mehr für „kurz geringeltes, wolliges Haar“. Bei Grimm findet man eine Beschreibung aus alter Zeit für „blond gelockt“: „krus har und gel (gelb) uf kindes swarten (kopfhaut)“. Es ist schon überraschend, dass die häufigste in der älteren Sprache bezeugte Bedeutung von Schwarte „die mit haaren überzogene haut, besonders bezogen auf die menschliche kopfhaut“ ist.

Das Wort „Rolle“ ist ein Lehnwort seit dem 14./15. Jh., das auf das französische „rôle (älter rolle)“ und dieses wiederum auf das lateinische „rotulus“ zurückgeht. Die eigentliche Bedeutung im historischen Sinne ist „kleines Rad, kleine Scheibe oder Walze“, dann allgemeiner „rollenförmiger Gegenstand“ wie die Schreibrolle für Gesetze, Urkunden, amtliche Verzeichnisse. Im Laufe der Zeit ergaben sich verschiedene übertragene Bedeutungen wie „Rolle als Schauspieler oder als Zuschauer“ und dann auch „Rolle im persönlichen Auftreten und Wirken“.

„Die rollenförmig zusammengelegten Haarlocken“ führten zu der Bezeichnung „Rollenkopf“ und außerdem zu „Rollenhaar“, das Aufnahme in das gefühlvolle Volkslied von Otto Keller (1875–1931) „I, wenn e Geld gnuåg hett“ gefunden hat. Die vierte Strophe lautet:

Brächt no dr Schtorch om’s Johr en Bua

mit Rollahoor,

en Bua mit Rollahoor, schpäter no meh,

ond so derzwischen nei dirft’s

au a Maidle sei,

dirft’s au a Maidle sei, o dees wär schö!

Der Vater von Ruth Breuninger sagte immer, wenn jemand etwas ganz Dummes oder Ungeschicktes gemacht hat: „Ha, der isch au demmer wia Glockenstroh.“ Nun, Glockenstroh wird in dieser Redensart nicht gemeint worden sein, es wurde wohl verwechselt mit dem Wort „Bohnenstroh“, denn die Redewendung heißt: „Der isch demmer wiå Bohnåschtrao.“

Doch wieso kommt man in dieser Sache, wo es um Dummheit geht, auf Bohnenstroh? Im Grimm’schen Wörterbuch findet man die ursprüngliche Form dieser Redewendung, sie heißt nämlich „grob wie Bohnenstroh“. Und jetzt schließt sich die nächste Frage an: Wieso „grob“? Die Antwort findet man im Internet, dort kann man lesen: „In früheren Zeiten konnten sich arme Leute für die Ausstattung ihres Schlafplatzes kein Stroh leisten, sondern waren gezwungen, auf das härtere Kraut von Futterbohnen zurückzugreifen.“ Mit der Zeit wurde infolge besserer Lebensweise, doch Verbleib der Dummheit, das Wort „grob“ durch „dumm“ ersetzt, wodurch die Schärfe der Redensart folglich eine deutliche Steigerung erfuhr. Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Michael Wahl aus Stuttgart-Degerloch: „S’geid Leid, dia leged da Gruschd so g’schiggd na, dass des no wia g’ordned aussiehd.“ Schreiben Sie uns: Zentralredaktion, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart, Stichwort: Schwäbisch, Fax: 07 11 / 72 05 - 73 09; E-Mail: land@stn.zgs.de