Uwe Gemballas Tuning-Firma musste Insolvenz anmelden. Foto: dpa

Im Fall des verschwundenen Sportwagentuners Gemballa rückt die Ehefrau in den Blickpunkt.

Leonberg - Im Fall des verschwundenen Sportwagentuners Uwe Gemballa rückt immer mehr die Ehefrau des 54-Jährigen in den Blickpunkt. Am Montag beantragte sie ein Insolvenzeröffnungsverfahren für die Firma - kurze Zeit nachdem ihre Prokura erloschen war.

Der Mitarbeiter schwankt zwischen Betroffenheit und Zuversicht. "Das ist eine neue Situation", seufzt er hinter seinem Schreibtisch im Verkaufsfoyer der Firma Gemballa. "Aber die Geschäfte laufen weiter, wir haben viele Aufträge." Von der Geschäftsleitung sei niemand zu sprechen, sagt er. Der Insolvenzverwalter ist an diesem Dienstagnachmittag im Haus unterwegs, sichtet die Unterlagen. Der Mitarbeiter verspricht einen Rückruf - der bleibt aber bis zum Abend aus.

Es herrscht gedrückte Stimmung am Firmensitz des Porsche-Veredlers Gemballa im Industriegebiet Hertich in Leonberg. Die Firma ist in Zahlungsschwierigkeiten, nun ganz offiziell. Tags zuvor, am Montag um 14 Uhr, hatte eine Anwaltskanzlei im Auftrag von Uwe Gemballas Ehefrau den Antrag auf ein Insolvenzeröffnungsverfahren beim zuständigen Amtsgericht in Ludwigsburg eingereicht. Das bestätigt Insolvenzrichter Markus Rauscher: "Um 16 Uhr haben wir den Beschluss für das Verfahren erlassen und Herrn Philipp Grub als vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt."

Offenbar hatten nach dem Bekanntwerden des Verschwindens des bekannten Porsche-Veredlers am 9. Februar in Johannesburg in Südafrika zahlreiche Lieferanten ihre Außenstände angemahnt. "Die Firma geriet wohl in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten", sagt Richter Rauscher. Mit der richterlichen Anordnung gelte nun ein Vollstreckungsverbot: "Da kann jetzt erst einmal niemand mehr einen Porsche vom Hof holen", erklärt Rauscher.

Der Richter betont, dass dies noch keine Insolvenz ist, sondern lediglich eine Art Vollbremsung, um den Bestand zu sichern und den Fall aufzuklären. Rauscher: "Es gibt viele Fälle, in denen so ein Beschluss zurückgenommen wird." Insolvenzverwalter Grub verbringt den Dienstag in den Gemballa-Geschäftsräumen und sagt erst einmal gar nichts zu dem Fall. Sein Anwaltskollege Martin Mucha, der ebenfalls mit dem Vorgang betraut ist, erklärt: "Wir müssen uns erst ein genaues Bild machen, bevor wir seriös berichten können." Eine offizielle Stellungnahme sei für Freitag vorgesehen.

Nach dem rätselhaften Verschwinden des 54-jährigen Uwe Gemballa in Südafrika folgen jetzt auffällige Veränderungen in der Firmenstruktur. Am vergangenen Donnerstag erlosch die umfassende Vollmacht (Prokura) der 52-jährigen Ehefrau für die Gemballa Automobiltechnik GmbH & Co. KG. Am Freitag wurde, offenbar mit einer Sondervollmacht, beim Amtsgericht Stuttgart der Insolvenzeröffnungsantrag gestellt. Da dieses Gericht aber nicht zuständig ist, ging der Antrag am Montagnachmittag ans Amtsgericht Ludwigsburg - landete bei Richter Rauscher.

Es gibt bereits eine neue Firma

Es gibt aber bereits eine neue Firma. Am 5. Februar - also drei Tage vor dem Eintreffen Gemballas in Südafrika - wurde die Gemballa Sport Cars GmbH & Co. KG ins Handelsregister eingetragen. Das veröffentlichte das Stuttgarter Amtsgericht, als Uwe Gemballa am 8. Februar auf dem Weg von Dubai nach Johannesburg war. Insider der Sportwagenschmiede sagten unserer Zeitung, dass Gemballa neue Projekte wie den Mistrale auf Basis des Porsche 970 Panamera über diese Firma abwickle.

Die Gemballa Automobiltechnik, die 2007 mit 46 Mitarbeitern 16,2 Millionen Euro umsetzte, soll schon länger in Schwierigkeiten stecken. In der veröffentlichten Geschäftsbilanz von 2007 sind Verbindlichkeiten in Höhe von gut 4,3 Millionen Euro verzeichnet, davon war knapp eine Million innerhalb eines Jahres fällig. Außerdem gab es Forderungen von knapp einer Million Euro gegen eigene Gesellschafter. Bei einer Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent erkannte der Wirtschaftsprüfer "bestandsgefährdende Risiken" und monierte: "Der Fortbestand der Gesellschaft lässt sich nur durch eine weitere positive Ergebnisentwicklung sichern."

Diese Prüfung stammt aus der Zeit vor der Wirtschaftskrise. Im Nahen Osten, einem wichtigen Absatzgebiet Gemballas, musste selbst Porsche deutliche Auftragseinbrüche hinnehmen. Außerdem verlor der US-Dollar, mit dem Ölscheichs gerne bezahlen, drastisch an Wert. Gemballa bezahlte Entwicklung und Produktion in Deutschland in starken Euro. Offenbar gab es Engpässe: Mitarbeiter berichten, dass das Gehalt nicht immer pünktlich gekommen sei. Vor gut einer Woche interessierten sich auch Mitarbeiter des Finanzamts für die Bücher von Gemballa.

In Südafrika ist es still geworden. "Es gibt keine neuen Erkenntnisse", ist die lapidare Formel, seit Polizeisprecher Vishnu Naidoo am Sonntag zum ersten Mal bestätigte, dass deutsche und südafrikanische Polizisten gemeinsam den Fall zu klären versuchen. Immerhin wurde eine Videoaufnahme vom 8. Februar gesichert, die Gemballa im Flughafengebäude von Johannesburg mit einem unbekannten Mann zeigt. Bestätigt ist auch, dass Gemballa am 9. Februar mit seiner Frau telefonierte.

Seit am Dienstag bekannt wurde, dass für seine Firma Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt worden ist, wird am Kap verstärkt über einen möglichen wirtschaftlichen Hintergrund beim Verschwinden des Deutschen spekuliert. Ein erfahrener südafrikanischer Journalist sagt: "Hier sind einige Deutsche untergetaucht, als ihnen zu Hause das Wasser bis zum Halse stand."

Für die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ist es nicht ausgeschlossen, dass Gemballa sich abgesetzt hat. "Allerdings", sagt Sprecherin Claudia Krauth, "hat der Antrag auf Insolvenzeröffnung für unsere Ermittlungen bisher keine Bedeutung."