Realschul-Vertreter Pilsner und Kultusminister Stoch am Donnerstag Foto: dpa

Die Realschulrektoren zählten bislang zu den schärfsten Kritikern der Gemeinschaftsschule. Nun bekommen sie mehr Lehrer und sollen ihre Schulen in eine ähnliche Richtung entwickeln.

Stuttgart - Insgesamt rund 500 zusätzliche Lehrer sollen die 400 Realschulen im Südwesten in den nächsten Jahren erhalten. Mit dieser Investition, die den Steuerzahler etwa 29 Millionen Euro kostet, sollen die Realschulen fit gemacht werden für die wachsende Zahl an Schülern mit Hauptschulempfehlung, die seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung auf diese Schulart wechseln. Die Realschulen hatten zuletzt beklagt, dass sie diese Schüler ohne weitere Hilfe des Landes nicht zu einem Abschluss führen könnten.

Das neue Konzept, das zum Schuljahr 2016/17 in Kraft treten wird und laut Kultusminister Andreas Stoch mit den Regierungsfraktionen von SPD und Grünen abgestimmt ist, soll unter anderem ermöglichen, dass im Schuljahr 2020/21 erstmals an den Realschulen im Land ein offizieller Hauptschulabschluss gemacht werden kann. Bislang ist dies nur bei Schülern möglich, die in den Realschulen zuvor bereits einmal durch die Mittlere-Reife-Prüfung gefallen sind und ein weiteres Mal durchzufallen drohen. Man nennt dies, weil die Prüfung dann anderswo abgelegt werden muss, einen schulfremden Hauptschulabschluss.

Ziel des neuen Konzepts ist, dass bei einem Schüler spätestens am Anfang der neunten Klasse klar ist, ob er in diesem Schuljahr einen Hauptschulabschluss machen will oder ob er das Zeug hat, in der zehnten Klasse die mittlere Reife zu machen. Nach einer zwei Jahre dauernden „Orientierungsstufe“ in den Klassen fünf und sechs soll laut Stoch für jeden Schüler festgelegt werden, „auf welchem Niveau er im darauffolgenden Jahr lernt“. Diese Niveauzuweisung könne in der Folgezeit nach jedem Schuljahr neu angepasst werden.

Das Unterrichten auf unterschiedlichen Niveaus soll in den Klassen 7 und 8 dann in einem gemeinsamen Unterricht stattfinden. Dies entspricht dem, was in der neuen Schulart Gemeinschaftsschule praktiziert wird. Eine Aufteilung der Schüler nach Leistungsstärke ist nur zeitweise in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik erlaubt. Das Land will den Realschullehrern laut Stoch demnächst Fortbildungsangebote unterbreiten, mit denen sie sich auf die neue Art des Unterrichtens vorbereiten können.

Die Realschulrektoren hatten in der Vergangenheit mehrfach eine Bevorzugung der Gemeinschaftsschulen beklagt. Ihre Befürchtung, sie könnten als Schulart zwischen Gymnasium und Gemeinschaftsschulen zerrieben werden, hat das Land nun durch sein Engagement zerstreut. „Die Realschule wird nicht abgewickelt, sondern weiterentwickelt“, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft (AG) der Realschulrektoren im Land, Kurt Pilsner, am Donnerstag auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Stoch. Es sei auch „nicht zwingend“, dass am Ende dieser Entwicklung die Realschulen in Gemeinschaftsschulen umgewandelt würden, so Pilsner.

Im Unterschied zu Realschulen können Gemeinschaftsschulen neben Haupt- und Realschulabschluss auch das Abitur anbieten. Dies dürfte auch aus Kostengründen aber nur bei größeren Schulen sinnvoll sein und genehmigt werden.

Als weitere Unterschiede nannte Pilsner am Donnerstag die Pflicht zum Ganztagsbetrieb, den die Gemeinschaftsschulen an mindestens drei Tagen die Woche haben. Zudem fokussiere man sich dort stärker auf die individuelle Förderung der Schüler.