Bad Cannstatt hat viele Sehenswürdigkeiten, darunter die Wilhelma. Foto: LG/Max Kovalenko

Bei der zweiten Veranstaltung der Reihe „Zukunft Bad Cannstatt“ haben sich die Redner mit der Gegenwart des Bezirks befasst. Zudem wurde der mittels Umfragen erarbeitete Slogan für den Bezirk präsentiert. Die Meinungen darüber sind gehen auseinander.

Bad Cannstatt - Vier Vorträge, von denen jeder für sich abendfüllenden Stoff bot, dazu eine Podiumsdiskussion, schließlich die Öffnung der Debatte fürs engagiert eingreifende Publikum – und nach gut drei Stunden war es noch immer nicht lau: Auch der zweite Teil der Reihe „Zukunft Bad Cannstatt“ zündete, auch bei den wieder gut 200 Besuchern im Großen Kursaal. Dafür sorgte an vorderster Stelle der Schwäbisch Gmünder Baubürgermeister Julius Mihm, der den Teilumbau der Stauferstadt im Zuge der Landesgartenschau 2014 als eine Art „Referenz-Beispiel für die Erneuerung von Stadträumen“ vorstellte.

Rund 200 Zuhörer sind zur Veranstaltung gekommen. Foto: Linsenmann

Besonders prickelnd mit Blick auf Bad Cannstatt: Der Spielraum für die Neugestaltung in Schwäbisch Gmünd war durch die „Lösung der Verkehrsproblematik“ entstanden. Die Tunnel-Lösung für die Bundesstraße und deren Rückbau zu einer integrierten Stadtstraße kam einem verkehrspolitischen Parameter-Wechsel gleich nach dem Motto: „Weg von der autogerechten Stadt!“ Mehrfach ging ein Raunen durch den Saal, als Mihm Vorher-Nachher-Bilder zeigte, jeweils im größeren, raumgreifenden sowie historischen Kontext. So betonte Mihm: „Es braucht ein stimmiges Freiraum-System, das stadträumliche Zusammenhänge schafft. Das ist entscheidend.“

„Nicht klein denken, sondern es krachen lassen“

In der Debatte nahm er sich dafür – „bewusst mit dem Blick von außen“ – Wasen-Gelände und Neckarpark vor und empfahl, diese als Teil eines großen Raums zu denken, mit Verknüpfungen über den Wilhelmsplatz bis zum Neckar-Knie. Die Empfehlung: „Nicht klein denken, sondern ein paar geistige Linien ziehen, diese vielfältig verknüpfen und es dabei krachen lassen.“

Daran anzuknüpfen schien Heinrich Sonntag vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung. Eingangs hatte Sonntag „einen Rundumschlag über den Stadtteil in schneller Bilderfolge“ gemacht und dabei in Sachen Wohnbau auch aktuell Gelungenes aufgezeigt, zudem dem Hallschlag eine gute Perspektive vorausgesagt. Er bekannte sein Grausen über den Wilhelmsplatz und das umgebende Quartier, um dann in Sachen Parkhaus einen Paukenschlag zu landen: „Wenn 2020 Bindungen auf Eigentümer-Ebene enden, plädiere ich für die Abrissbirne. Mit einer Flächen-Sanierung könnte hier ein wirklicher Ankunftsort und etwas Neues entstehen.“

Das Milaneo ist eine Katastrophe für Cannstatt und andere

Stark machte sich Sonntag auf Nachfrage aus dem Publikum für den Erhalt der Eisenbahnbrücke, der er „einen ungeheuren Aufenthaltswert“ bescheinigte: „Große Städte zeigen, was man daraus machen kann. Das muss auf der Tagesordnung bleiben.“ Das Einkaufszentrum Milaneo nannte er „eine Katastrophe für Cannstatt und andere“, „eine hausgemachte Misere, die so nicht passieren dürfte“. Auch daran arbeitete sich die Runde in Sachen Einzelhandel ab, wobei Stephanie Fleischmann von der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart appellierte: Es helfe nicht, Cannstatt ständig mit „sozialer Brennpunkt und Verkehrschaos“ schlechtzureden. „Sie sollten Ihre Stärken herausstellen und das nach außen kommunizieren. Zum Beispiel das Mercedes-Museum und die Wilhelma als Teil von Cannstatt in die Welt hinaustragen“, sagte sie.

Nach innen und nach außen zielt der Slogan, den der Bad Cannstatter Marketing-Experte Hermann Camilli zwecks „Stärkung der Identität“ im Zuge einer Umfrage generiert hatte: „D’Hoim in Bad Cannstatt“. Ein Slogan, der im Publikum auf geteilte Resonanz stieß, worauf festgestellt wurde, dass dies nur „ein Zwischenergebnis in einem laufende Prozess“ sei. Konsens war dann aber doch, dass Bad Cannstatt die Dinge „mit mehr Selbstbewusstsein“ angehen solle. Dies griff dann auch der Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler in seinem Schlusswort auf: „Wir müssen uns an unsere eigene Nase fassen und nach innen und außen Selbstbewusstsein zeigen. Dann ist schon viel gewonnen.“