Verstärkung nötig: Grün-Rot will, dass pensionierte Beamte wieder in den Dienst zurück kehren Foto: dpa

Eigentlich will Grün-Rot pensionierte Beamte dazu bringen, bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zu helfen. Nun aber gibt es Ärger um den Gesetzentwurf.

Stuttgart - Die Landesregierung hat seit ihrem Amtsantritt 2011 alles daran gesetzt, die Bürgerbeteiligung im Land auszubauen. Doch im Verhältnis mit dem Beamtenbund und der Opposition ist das bekanntlich wiederholt schiefgegangen, die Sparbeschlüsse stießen immer wieder auf massive Kritik und Widerstand. Zwar räumte die Grünen-Finanzexpertin Muhterem Aras vergangene Woche bei einer Podiumsdiskussion des Beamtenbundes in Schwäbisch Gmünd ein, es habe da einige Kommunikationsprobleme gegeben, die müsse man künftig abstellen. Aber die Beamten würden trotz aller Auseinandersetzungen eine hohe Wertschätzung bei Grün-Rot genießen.

Doch ein neuerlicher Vorfall beweist das Gegenteil. Nach Informationen unserer Zeitung gibt es hinter den Kulissen der Landesregierung derzeit ein heftiges Gerangel, weil es zwei Gesetzentwürfe gibt, die sich um die Bezahlung der Staatsdiener drehen. Der eine aus dem Haus von Innenminister Reinhold Gall (SPD) soll regeln, dass Beamte künftig auf freiwilliger Basis bis 70 arbeiten können. Der andere Entwurf aus dem Haus von Finanzminister Nils Schmid (SPD) wiederum soll durch eine Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes festzurren, was Beamte künftig nach ihrer Pension hinzuverdienen können, wenn sie zur Bewältigung der Flüchtlingskrise zum Beispiel als Lehrer in Vorbereitungsklassen oder als Mitarbeiter in der Verwaltung aushelfen.

Das Problem: Während die Vorschläge des Innenministers bereits in der ersten Lesung im Landtag beraten wurden, will Grün-Rot das andere Gesetz im Schnellverfahren und ohne große parlamentarische Beratung oder Beteiligung der Verbände in Kraft setzen. Kein Wunder, dass vergangene Woche im Innenausschuss des Landtags allgemeines Kopfschütteln herrschte. „Der Entwurf zur Änderung des Versorgungsgesetzes ist unausgegoren und ungerecht“, sagte der CDU-Fraktionsvizechef Winfried Mack unserer Zeitung. Es könne nicht sein, dass ein Gesetz in Kraft treten solle, bevor es im Landtag beraten wurde. Der CDU-Innenexperte Thomas Blenke geht noch ein Stück weiter und legt den Finger in die Wunde. „Der Gesetzentwurf zur Änderung des Versorgungsgesetzes ist mit dem bereits laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit nicht abgestimmt.“

Blenke: „Gesetzentwurf ist nicht abgestimmt“

Es könne zu „der kuriosen Situation kommen, dass sich ein Beamter deutlich besserstellt, wenn er erst in Pension geht und sich dann wieder reaktivieren lässt, als wenn er gleich länger arbeitet“. Das könne weder im Sinn des Haushalts noch im Sinn der Beamten sein, weil dies automatisch zu Ungleichbehandlungen für dieselbe Tätigkeit führe.

So waren zuletzt Berechnungen bekannt geworden, wonach durch die Neuregelung des Versorgungsgesetzes ein Oberstudienrat, der wieder temporär an der Schule im Einsatz ist, mit Pension und neu geregeltem Zuverdienst 9000 Euro monatlich verdienen könnte und damit doppelt so viel wie zwei Junglehrer. „Da stimmt etwas im System nicht“, so Mack. Blenke ergänzt: „Ich habe das Gefühl, dass in der Regierung die eine Hand nicht weiß, was die andere macht.“

Schon in den Tagen zuvor hatte sich der Beamtenbund beschwert, am Verfahren nicht beteiligt worden zu sein. „Wir haben doch den Vorschlag selbst gemacht, pensionierte Lehrer wieder in den Dienst zu holen“, sagte Beamtenbund-Landeschef Volker Stich. Aber selbst auf Nachfrage habe die Regierung die Pläne nicht gezeigt, obwohl es zwischen dem Verband und der Regierung eine Beteiligungsvereinbarung gebe. „Minister Schmid hätte nur zum Hörer greifen müssen und sagen, was man plant“, so Stich. Dann wäre die Diskussion um die Gehälter vielleicht vermieden worden.

Beamtenbund und kommunale Verbände nicht informiert

Ähnlich groß ist der Ärger auch bei den kommunalen Spitzenverbänden wie dem Landkreistag, aber auch beim DGB, weil auch sie nicht beteiligt wurden. Wie heikel die Lage ist, zeigte sich im Übrigen auch in der Sitzung des Innenausschusses. Als Innenminister Gall auf die Problematik angesprochen wurde, soll er verblüfft reagiert haben . Tenor seiner Reaktion: Da müsse er sich nun mit dem Finanzminister absprechen.