Affenparadies auf fast 11.000 Quadratmetern – die Bonobos erhalten ein gewaltiges Klettergerüst im Freien und ein helles Gehege im Inneren. Wilhelma-Silberrücken Kibo bekommt sein eigenes Reich im Haus. Draußen trennt nur ein Zaun und ein Wassergraben die Gorillas von den Besuchern. Klicken Sie sich durch die Bildergalerie. Foto: PPFotodesign

Ab Anfang 2013 erlaubt neue Menschenaffenanlage Besuchern ein neues Tiererlebnis.

Stuttgart - Kurz vor Fertigstellung des Affenhauses demonstrieren Zoologen, Architekten und Bauverwaltung Harmonie. Ein Ortstermin offenbart aber auch, warum das Projekt an aller Nerven gezerrt hat.

Eine Zigarette wird er sich nicht anstecken, auch einen Blaumann wird er nicht tragen. Aber wie jener Bauarbeiter am Dienstag wird auch Kibo, Chef der Gorilla-Sippe, im nächsten Jahr unter einem der alten Bäume Siesta halten.

Den Baumbestand zu erhalten, die Anlage einzubetten in die Topografie der Stuttgarter Wilhelma und des angrenzenden Rosensteinparks – das waren unter anderem Vorgaben für die Planer beim Projekt Menschenaffenanlage. Ein Bauwerk harmonisch mit der Umgebung zu vereinen, sollte für Architekten Standard sein. Aber was ist bei einem modernen Tiergehege schon Standard. „Ein Gebäude für 30 Gorillas und Bonobos zu planen ist etwas anderes, als 30 Büroarbeitsplätze zu bauen“, erklärt Wilhelma-Direktor Dieter Jauch. Architekt Sebastian Jehle sagt am Dienstag einen Satz, der ahnen lässt, dass sich bei dem Projekt alle Beteiligten mehr als einmal zusammenraufen mussten: „Hätten wir gewusst, was auf uns zukommt, hätten wir, glaube ich, nicht am Wettbewerb teilgenommen.“

Schwieriges konjunkturelles Umfeld ließ Baukosten um 20 Prozent steigen

Architekten verstanden nicht, was Zoologen wollten und umgekehrt, und die Landesbauverwaltung hatte überdies über ein knappes Budget zu wachen.

Beim erstmaligen Ortstermin für Medienvertreter fallen oft Vokabeln wie „Unikat“ oder „Sonderanfertigung“. Sie sollen erklären, weshalb der Bau des Menschenaffenhauses länger dauert als geplant und vor allem warum die Kosten von veranschlagten 13 Millionen auf 20 Millionen Euro gestiegen sind. Als Beispiel nennt Dieter Jauch die Durchgänge zwischen den einzelnen Gehegen, die mit speziellen hydraulisch gesteuerten Schiebern verschlossen werden können. 80 dieser Sonderanfertigungen, die eine flexible Betreuung der Menschenaffen ermöglichen sollen, haben alleine rund 600.000 Euro verschlungen. Ilse Lange-Tiedje, Chefin der viel kritisierten Landesbauverwaltung, erwähnt zudem, dass alleine das schwierige konjunkturelle Umfeld die Baukosten um 20 Prozent in die Höhe schnellen ließ.

Der Blick ins Innere offenbart, dass die Wilhelma wohl eine der modernsten Menschenaffenanlagen überhaupt erhält. Höhepunkt für die Besucher dürfte die fast direkte Begegnung mit den Gorillas sein. „Aug in Aug“, wie Zoochef Jauch formuliert. Beim Blick ins Außengehege trennt Mensch und Tier nur ein zwei Meter tiefer Wassergraben und ein hüfthoher Zaun. Sicherheit habe dennoch erste Priorität, so Jauch. So sollen zusätzlich Elektrodrähte den hautnahen Kontakt zwischen Besuchern und Gorillas, die nicht schwimmen können, verhindern.

Auf der anderen Seite der Anlage können die Bonobos an Bäumen nachempfundenen Stahlgerüsten ihren Kletterdrang ausleben. Der Clou der Anlage besteht freilich darin, dass die Besucher zentral durchs etwa 100 Meter lange Gebäude geführt werden, nur durch dicke Scheiben von den Affen getrennt. Ein kleines Kino und moderne Schautafeln werden das Tiererlebnis ergänzen. Modernste Technik etwa in Form von Überwachungsmonitoren steht auch dem Pflegepersonal zur Verfügung. Der Zeitplan bis zur Eröffnung, die im ersten Quartal 2013 geplant ist, sieht vor, dass die Wilhelma im Oktober mit der Möblierung und Bepflanzung der Anlage beginnen kann. Ab Dezember sollen die Tiere Zug um Zug umziehen.