Nach dem Lauf durch die Papiertrocknungsmaschine ist kein Tropfen Wasser mehr übrig Foto: Leif Piechowski

Bei Scheufelen in Oberlenningen entsteht seit 1856 blütenreines Papier in Premiumqualität

Oberlenningen - Mit einem lauten und nassen „Platsch!“ fallen die quaderförmigen Ballen aus Zellstoff in den riesigen Rührbehälter, in dem Tausende Liter Wasser sprudeln. Im Nu verbindet sich die weiße Masse zu einem undurchsichtigen Brei. „Wer hier hineinfällt, von dem bleibt definitiv nichts mehr übrig“, sagt die Marketingverantwortliche Irmgard Glanz von der Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen auf der Schwäbischen Alb. Wer einen Blick in die blubbernd schäumende Tiefe wirft, glaubt ihr aufs Wort.

Doch in dem Topf sollen ja schließlich auch keine Menschen verschwinden, sondern aus jener Masse, die zu einem Prozent aus Zellstoff und zu 99 Prozent aus Wasser besteht, soll hochwertiges Papier entstehen. Kaum vermag man sich vorzustellen, wie das am Ende gehen soll, und doch geht es – und zwar in rasender Geschwindigkeit. „Vom Zellstoff-Wasser-Brei bis zum fertigen Papier braucht es gerade einmal drei Minuten“, sagt Irmgard Glanz. Im Grunde seien die sogenannten Papier-Partien riesige Wasser-Entzugsmaschinen, die mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 Kilometern pro Stunde arbeiten.

15 Sekunden dauert die Entwässerung des Papiers

Zunächst tropft das Wasser in der Siebpartie aus dem Brei. Dann wird der Stoff in der Pressenpartie ausgewrungen und gepresst, anschließend wird Dampf in der Trockenpartie auf das Papier gegeben. Dieser Entwässerungsprozess dauert gerade einmal 15 Sekunden. Doch auch wenn sich das spektakulär anhört: Das alles ist kein Hexenwerk, denn nun erst kommt die eigentliche Kunst des Papiermachens: das Streichen. „Wir stellen nur hochwertiges, gestrichenes Papier her – und das bedeutet, dass wir auf das Papier weiße Farbe wie beim Tapezieren auftragen und diese anschließend mit einem Spatel wieder gleichmäßig abtragen“, erklärt Vertriebs- und Marketingchef Udo Hollbach. Das Ergebnis des kompletten Prozesses liegt am Ende in riesigen Papierrollen in den unterirdischen Hallen der Fabrik, bevor die Bögen schließlich zurechtgeschnitten und in Stapel verpackt an die internationalen Kunden verschickt werden.

Hauptsächlich mattes Papier ab einem Gewicht von 115 Gramm pro Quadratmeter wird in Oberlenningen hergestellt, aber natürlich gibt es auch die glänzende Version. Wie der Glanz auf die matte Oberfläche kommt, ist schnell erklärt: „Der Kalander ist eine Art Bügelmaschine und beheizt das Papier, und schon hat man den Glanz-Effekt“, sagt Hollbach. Die Nachfrage nach dieser Art von Papier sei allerdings nicht sehr hoch, weil das Lesen auf einem solchen Papier die Augen mehr anstrenge und sich die Schrift zu sehr spiegele.

Pro Papiermaschine produziert das ehemalige Familienunternehmen, das 1855 gegründet und 2011 vom niederländischen Konzern Paper Excellence aufgekauft wurde, 300 Tonnen Papier am Tag. Verwendet wird das Bilderdruck- und Premiumpapier schließlich für Broschüren, Kataloge, Geschäftsberichte, Kalender und Bücher.

1000 Karpfen für die Reinigung des Abwassers

Und während sich das Unternehmen bei der eigentlichen Produktion auf seine Maschinen verlässt, sind bei der Wiederaufbereitung des ausgepressten Abwassers auch Tiere mit von der Partie. Denn bis Mitte der 70er Jahre sei das Thema Abwasser zwar durchaus schwierig gewesen, betont Irmgard Glanz. Heute jedoch wisse man genau, wie man das verschmutzte Wasser biologisch wieder sauber bekomme. „Dafür gibt es verschiedene maschinelle Stufen, aber die letzte gestalten unsere derzeit rund 1000 Karpfen, die das Wasser auf ihre Art reinigen“, erklärt sie.

Bestens gehe es den Tieren in ihrem Bassin – und wenn nicht gerade ein Fischreiher vorbei käme, lebten sie mitunter viele Jahre in ihrem Teich in Oberlenningen. Mit Blick auf die Berge.