Im Werk Untertürkheim wird derzeit viel gebaut und auch ein Gebäude umgemodelt, in dem Hauptquartierfunktionen angesiedelt werden – und vielleicht auch der Vorstand Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Daimler hat reelle Chancen, von der Stadt Stuttgart für drei Jahre knapp 1000 provisorische Parkplätze vor dem Werk Untertürkheim genehmigt zu bekommen. Was dauerhaft auf den ehemaligen Sportflächen entsteht, wo man einmal aufwendig die Mercedes-Welt aufpolieren wollte, ist offen.

Stuttgart - Die Ankündigung der Daimler AG, dass sie 79 000 Mitarbeiter im Großraum Stuttgart zum Fahren mit Bussen und Bahnen ermuntern und das Jobticket fördern will, hat für den Konzern positive Folgen. Am Dienstag hat es im Ausschuss für Umwelt und Technik zwar weitergehende Forderungen an das betriebliche Mobilitätskonzept von Daimler gegeben, aber es wurde auch Lob gespendet, weil Daimler sich wie zuvor Porsche zum Jobticket bekannte.

Mit Ausnahme der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus schürten die Ratsfraktionen Hoffnung, dass sie in zwei Wochen 965 provisorische Parkplätze beim Mercedes-Benz-Museum erlauben werden. Die Stellplätze sollen auf dem früheren Vereinsgelände des VfL Stuttgart entstehen, das von Daimler im Jahr 2008 zusammen mit weiteren Sportflächen für 15,9 Millionen Euro von der Stadt gekauft und eilends geräumt worden war – weil die Mercedes-Welt mit Kunstwerken, Forschungszentrum und gestaltetem Außenbereich schöner werden sollte. Später plante Daimler Neubauten für 90 Millionen Euro, um dort das bisher in Fellbach beheimatete Classic-Center mit Oldtimern anzusiedeln. Am Dienstag, als die Daimler-Vertreter über Mobilität rund ums Werk Untertürkheim referierten, wurde aber klar: Auf Jahre hinaus gibt es keine konkreten Bauabsichten mehr. Auch nicht für die Erschließung mit einer neuen Straße. Das Classic-Center soll in der Niederlassung unterkommen, die durch den Umzug an die Autohäuser-Meile in Feuerbach frei wird.

Niederlassung bekommt besseren Standort

Daimler-Immobilienmanager Hugo Daiber warb dafür, den Interimsparkplatz zu genehmigen. Die Stellplätze möchte man Anfang 2018 in Betrieb nehmen – mit dem Gebäude Nummer 120. Das ist ein großer Baukomplex im Werk hinter dem Cannstatter Tor, der momentan „revitalisiert“ wird und neue Konzernzentrale für die schon im Werk tätigen Vorstandsmitglieder werden könnte. Das ist nicht die einzige Daimler-Baustelle. Viele Außenstellen im Großraum will man aufgegeben. 2000 Mitarbeiter werden bis 2020 nach Untertürkheim umziehen. Und von 2020 an will man gut 4000 Beschäftigte in Vaihingen konzentrieren.

Im Lauf der nächsten Jahre will Daimler auf dem Werksgelände wieder einiges umgruppieren und dort intern Parkplätze schaffen. Vorerst brauche man für drei Jahre aber die Interimsstellplätze, machte Daiber deutlich. Trotzdem signalisierte er weniger Verkehr. Mit der Niederlassung würden Kunden- und Logistikfahrten entfallen. Das Classic-Center werde nicht ähnlich viel Verkehr erzeugen. Was auf den gekauften Flächen später geschehen kann, hat Daimler nicht in der Hand: Sie sind und bleiben im Flächennutzungsplan vorerst Sportgelände. Die Stadt müsste erst Baurecht schaffen.

Keine Terminforderung von Daimler für U 19

Was das betriebliche Mobilitätskonzept angeht, verwies Daimler nicht nur aufs Jobticket, das für Mitarbeiter eine Ermäßigung der Dauerfahrkarte für Busse und Bahnen um zehn Euro pro Monat bringt und überdies zehn Prozent Rabatt beim Verkehrsverbund VVS. Arbeiten daheim, Fahrgemeinschaften, mehr Fahrradverkehr und Elektrofahrzeuge sind weitere Elemente – und bequemere Anfahrten mit den Bahnen durch die Verlängerung der Stadtbahnlinie U 19 bis zum Museum. Terminwünsche verband das Unternehmen damit bisher nicht.

Die Fraktionen stehen hinter der U-19-Verlängerung. Alexander Kotz (CDU) warf die Frage nach Unterstützung durch Daimler auf, damit man das Projekt personell und planerisch besser stemmen kann. Björn Peterhoff (Grüne) stimmte ein. Bernd Klingler (AfD) fände es auch schön, wenn man mit Daimler darüber reden könnte. Michael Conz (FDP) meinte, man habe es versäumt, die U 19 früher zum Museum zu führen.

Neue Endhaltestelle nicht vor 2021 gebaut

In der Parkplatzfrage signalisierte nur SÖS/Linke-plus klare Ablehnung für die Abstimmung in zwei Wochen. Sie übte am massivsten Kritik am Autohersteller, weil er als Mitverursacher von Luftschadstoffen seine Verantwortung zur Problemlösung „verschlafen“ habe. Martin Körner (SPD) kündigte Zustimmung an, wenn das Gesamtpaket stimme. Die Entscheidung fürs Jobticket sei dabei ein Pfund. Die Grünen sprachen sich nicht gegen die Genehmigung aus, wenngleich zusätzliche Parkplätze ein falsches Signal seien. Björn Peterhoff hoffte, dass man die Stellplatzzahl noch verringern kann. Zudem könne Daimler bis zur Verlängerung der U 19 Busse zwischen jetziger Endhaltestelle und Werk pendeln lassen, fanden Peterhoff sowie Luigi Pantisano (SÖS). Die Verlängerung mit Baukosten von etwa zehn Millionen Euro könne nicht vor 2021 erledigt sein, hatten die SSB erklärt.