Die Cannstatter Straße ist etwas entlastet, aber sie bleibt Verkehrsschlagader Nummer  eins. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Um satte 6,8 Prozent ist in Stuttgart das Kfz-Aufkommen auf der Bundesstraße 14 am Neckar zurückgegangen. Aber auch an anderen Stellen des Kesselrands sank die Belastung – im Schnitt um fast zwei Prozent. Die Gründe für die Veränderungen sind rätselhaft.

Stuttgart - Mal steigt die Zahl der Autos auf den Straßen, mal sinkt sie. 2014 hatte der städtische Verkehrsplaner Stephan Oehler noch eine Zunahme der Kfz-Zahl an der Stuttgarter Stadtgrenze von rund 9000 auf 827.000 Fahrzeuge zu den Hauptverkehrszeiten melden müssen – am Dienstag nun gab er einen Rückgang am Kesselrand, also am Rand der Innenstadt, bekannt. Dort wurden am 19. Mai 2015 an 21 Zählstellen von 6 bis 22 Uhr 396.996 Kfz ermittelt, binnen 24 Stunden 430.612 Fahrzeuge. Das entspricht einem Minus von 1,8 bzw. 1,9 Prozent.

Für mehr als die Hälfte des Rückgangs sei die B 14 im Bereich der Cannstatter Straße, dicht am Schwanenplatz verantwortlich, berichtete Oehler dem Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die Verkehrsbelastung im nordöstlichen Stadtgebiet um rund 4,5 Prozent sank. Für die Luftreinhaltung bedeutete das aber keinen Durchbruch. An der B 14, bei der Zählung mit 97.554 statt früher 104.611 Kfz die meistbelastete Straße, wabern nach wie vor viel zu viele Luftschadstoffe.

Wirkung des Jobtickets umstritten

Die Zahlen vom Schwanenplatz sind aber nicht das einzige Anzeichen für eine Entlastung der Tallängsachsen von B 14 und B 27. Auch im südwestlichen Stadtgebiet gab es ein Minus von rund 1,9 Prozent gegenüber dem Stichtag 2013. Gezählt wird am Kesselrand nämlich alle zwei Jahre. Im Jahr dazwischen lässt die Stadt die Kfz an der Stadtgrenze zählen. Dort werden auch Pendler erfasst, die nicht in der Innenstadt arbeiten, aber in den Gewerbegebieten am Stadtrand.

Erfreulich fanden den Rückgang am Kesselrand alle im Rathaus. Die Erklärungen sind aber unterschiedlich. Verkehrsplaner Oehler meinte, man könnte zum Schluss kommen, dass die Maßnahmen für mehr öffentlichen Personennahverkehr wie das Jobticket wirken. Das sah Suse Kletzin (SPD) ähnlich. Gangolf Stocker (SÖS) warnte aber, „dass wir uns in die Tasche lügen“. Das Jobticket habe kaum jemanden zum Umsteigen veranlasst. Und der Stadtist Ralph Schertlen vermutete, dass Autofahrer die Staus auf den Hauptachsen und die Baustelle für den Rosensteintunnel mieden. Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne) widersprach: Man habe keine Anzeichen für eine Verkehrsverlagerung zu anderen Straßen.

Zahl der Lkw bleibt niedrig

Dass die Zahl der schweren Lkw am Kesselrand mit gut 11.000 Fahrzeugen auf einem Rekordtiefststand blieb, obwohl in der Innenstadt viel gebaut wird, sorgte für Überraschung. Die düsteren Prophezeiungen wegen Stuttgart 21 seien damit als ideologische Verblendung entlarvt, meinte Alexander Kotz (CDU), das Logistikonzept der Bahn wirke. Björn Peterhoff (Grüne) hielt dagegen. Trotz schienengestütztem Logistikkonzept seien die Lkw-Zahlen eben so gut wie nicht mehr zurückgegangen. Dass leichte Transporter wie jene der Paketdienste nun über sieben Prozent aller Kfz ausmachen, müsse Anlass sein, neue Konzepte der Citylogistik anzugehen, meinte Peterhoff.