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In der Bildungspolitik von Grün-Rot machen sich deren friedensbewegte Wurzeln bemerkbar. So soll der Einfluss der Bundeswehr in Schulen sinken, und die Hochschulen sollen sich verpflichten, nur zivil zu forschen.

Stuttgart - Die Grüne Jugend dreht gern die Gebetsmühle: Bei jeder sich bietenden Gelegenheit fordert sie die Landesregierung auf, den Einfluss der Bundeswehr auf die Schulen zu beschneiden und die Hochschulen auf zivile Forschung zu verpflichten. Krieg beginne bereits in Schulen und Hochschulen, erklärte Landessprecher Marcel Emmerich erst kürzlich wieder.

Wie immer man zu dieser Haltung steht – dass die Bundeswehr ein bevorzugtes Zugangsrecht zu den Schulen hat, kann man kaum bestreiten. Vor knapp drei Jahren hat der damalige Kultusminister Helmut Rau (CDU) ein Kooperationsabkommen mit ihr geschlossen, das eine „Intensivierung der Zusammenarbeit im Rahmen der politischen Bildung“ zum Ziel hat.

Im Zentrum stehen die sogenannten Jugendoffiziere – das sind pädagogisch geschulte Offiziere, die zumeist im Rahmen des Gemeinschaftsunterrichts mit Jugendlichen aller Schularten über sicherheitspolitische Fragen diskutieren. Diesen Kontakt gibt es seit Jahrzehnten, und in Baden-Württemberg werden die Soldaten jedes Jahr einige Hundert Mal angefordert. Außerdem treten sie vor Referendaren auf: Im Jahr 2009 etwa fanden einer Aufstellung der Bundeswehr zufolge 36 Veranstaltungen mit angehenden Lehrern statt.

Die Bundeswehr solle auch in ihrer Rolle als Arbeitgeber „nicht bevorzugt“ werden

Schwarz-Gelb wollte diese Bande mit der Kooperationsvereinbarung festigen. Diese räumt der Bundeswehr damit eine herausgehobene Stellung ein. Zwar liegt es im Ermessen der Lehrer, ob sie zu solchen Diskussionen auch Vertreter von Friedensgruppen oder anderen Organisationen einladen. Doch den offiziellen Segen des Landes besitzt allein die Bundeswehr.

Diese Bevorzugung zeige sich schon dadurch, dass manche Schulleiter Termine mit Offizieren vereinbarten, ohne das Kollegium vorher zu fragen, argumentiert die Friedensbewegung, die Gleichberechtigung fordert.

Die soll sie nun erhalten. „Die Kultusministerin will Gespräche mit der Bundeswehr aufnehmen“, so ein Sprecher von Gabriele Warminski-Leitheußer. Sie wolle die Vereinbarung „weiterentwickeln mit dem Ziel, dass der Bundeswehr keine Rechte und Möglichkeiten eingeräumt werden, die anderen Institutionen verwehrt sind“. Die Bundeswehr solle auch in ihrer Rolle als Arbeitgeber „nicht bevorzugt“ werden.

Den Offizieren die Tür weisen, wie dies die Grüne Jugend fordert, will die Ministerin zwar nicht. Sie sollen sich einbringen wie andere Organisationen, die sich an den Beutelsbacher Konsens halten – das sind Grundsätze der politischen Bildung, die eine freie Meinungsbildung der Schüler zum Ziel haben. Aber eben ohne Sonderstellung.

„Lehre, Forschung und Studium an der Universität sollen friedlichen Zwecken dienen“

An ihrer zweiten Front, den Hochschulen, sind die Nachwuchs-Grünen bisher weniger erfolgreich. Wissenschaftsministerin Theresa Bauer (Grüne) weigert sich nämlich beharrlich, die Einrichtungen zu einer sogenannten Zivilklausel zu zwingen.

Sie halte es für legitim und richtig, wenn Hochschulen Forschung zu sicherheitsrelevanten Fragen betreiben, die sich im Rahmen der demokratisch legitimierten Bundeswehreinsätze stellten, sagte sie etwa in Tübingen, wo Forschungsprojekte zu Drohnen und zu den Folgen von Giftgas in die Kritik geraten waren.

Von einem gesetzlichen Verbot hält Bauer nichts – sehr wohl aber von einer freiwilligen Beschränkung auf die zivile Forschung. Diesen Weg beschreiten derzeit schon einige Hochschulen im Land. So haben sowohl das Karlsruher Institut für Technologie als auch die Universitäten Konstanz und Tübingen eine Zivilklausel verabschiedet. Allerdings sind deren Formulierungen wohlfeil. „Lehre, Forschung und Studium an der Universität sollen friedlichen Zwecken dienen, das Zusammenleben der Völker bereichern und im Bewusstsein der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen erfolgen“, heißt es etwa in der Präambel zur Tübinger Grundordnung. An den Unis in Freiburg und Ulm sowie an der Hochschule Offenburg wird laut einer Aufstellung des Wissenschaftsministeriums derzeit über Zivilklauseln und über die Installation von Ethikkommissionen diskutiert.

Doch solche wachsweichen Selbstverpflichtungen an wenigen Hochschulen im Land reichen der Grünen Jugend nicht – und dazu zählen auch Mitglieder der Landtagsfraktion wie der Karlsruher Abgeordnete Alexander Salomon.

Er plädiert dafür, wenn schon keine absolute, dann wenigstens eine „abgemilderte Vorschrift“ ins Hochschulgesetz aufzunehmen. „Man könnte die Zivilklausel mit einer Sollbestimmung verankern“, sagt der Karlsruher Abgeordnete. Das Ministerium müsse eben erfindungsreich sein. Momentan jedoch sei die Forschung allein ins Belieben der Hochschulen gestellt.

Gut möglich also, dass die Wissenschaftsministerin noch einmal darüber nachdenkt. Zumal Anfang Dezember auch ein Landesparteitag der Grünen über das Thema diskutieren will.