Weinprobe mit herrlicher Aussicht: Bernhard Nanz (ganz rechts) stellt Redakreuren der Ausgabe Innenstadt die Weine der Mönchhalde vor. Foto: Ines Rudel

In besten Lagen leistet sich Stuttgart Weinberge, die seit jeher ein einzigartiges Stadtbild prägen. Die Stuttgarter Mönchhalde reicht vom Hasenberg in der Südstadt über die Kernlage zwischen Birkenwaldstraße und Mönchhaldenstraße bis zur Bergheide beiderseits der Robert-Bosch-Staffel.

Innenstadt - Der Stuttgarter Weinanbau wird erstmals im Jahr 1108 urkundlich erwähnt: Das Schriftstück protokolliert, dass ein Mönch Ulrich Weinberge in Stuttgart an das Kloster Blaubeuren schenkte. Für die Pflege des langen Erbes des innenstädtischen Weinbaus zeichnen heute Bernhard Nanz und sein Team vom Weingut Stadt Stuttgart verantwortlich.

Die Stuttgarter Mönchhalde reicht vom Hasenberg in der Südstadt über die Kernlage zwischen Birkenwaldstraße und Mönchhaldenstraße bis zur Bergheide beiderseits der Robert-Bosch-Staffel. Sie umfasst die innerstädtischen Rebflächen Hasenberg, Neue Weinsteige, Karlshöhe, Prag und Wolfersberg – rund elf Hektar Rotwein und sechs Hektar Weißwein. Einige der Weinberge sind terrassierte Steillagen, deren Bewirtschaftung mühsam ist.

Sechs Rebsorten werden auf dem Weingut angebaut

Sechs Rebsorten werden hier angebaut – auf der Karlshöhe die „teuerste und edelste“, ein Lemberger, erklärt Bernhard Nanz. Dort stehen auch die ältesten Reben des Weingutes: seit mehr als 50 Jahren der St. Laurent, seit mehr als 40 Jahren der Riesling sowie ein Trollinger, dessen Wurzeln sich seit mehr als 30 Jahren ins Erdreich arbeiten. Dank des milden, warmen Stadtklimas reifen die Trauben bis in den November. Auf der Mönchhalde gedeihen sogar Feigenbäume und mediterrane Kräuter – wohlgemerkt: nicht in Töpfen. „Hier ist der Süden Europas“, entfährt es Nanz begeistert. Der Wein ist sein Thema. Der Sohn aus einer Uhlbacher Wengerterfamilie mit Tradition hat selbst etwas von einem alten, tief wurzelnden Weinstock. „Ich habe schon mit 13 Jahren die Butte getragen.“

Die Landschaft wirkt sich aufs Aroma aus: „Die Keuper-Verwitterungsböden prägen die Weine auf eine wuchtige Art. Sie weisen ein deutliches Bodeng’fährtle auf“, erläutert Nanz. Die traditionsreichen Weinlagen verleihen Stuttgart besonderes Flair. „Wir sind die einzige Großstadt in Deutschland mit so großen Weinbergen mitten in der Stadt.“ Ihre Unterhaltung sei Landschafts- und Kulturpflege zugleich.

Mit dem Weingut leistet sich die Stadt einen Luxus

Nur lukrativ sind die Weinberge nicht. Trotz einer Produktion von 90 000 Litern Wein pro Jahr und einer breiten Auswahl traditioneller Rebsorten wie Riesling, Traminer, Lemberger, Spätburgunder, Trollinger, dem raren St. Laurent und einer Reihe von Cuvées, die man vertreibt, bleibt das Weingut ein Zuschussbetrieb. Genau genommen leiste sich Stadt sogar einen Luxus, stellte man die Bodenpreise in Rechnung, sagt Nanz. Vom Musterweinberg Mönchhalde hat man eine prächtige Aussicht auf die Stadt. Nanz schätzt, dass der Quadratmeterpreis auf diesem Flecken bei 1300 Euro liegt.

Das Engagement der Stadt könne gar nicht genug gewürdigt werden. „Es gehört nicht zu den Pflichtaufgaben einer Stadt, ein Weingut zu unterhalten. Aber wir erhalten hier eine Kulturlandschaft“, sagt Nanz. Ohne das städtische Weingut würden die Weinbergsoasen verschwinden – und zwar nicht bloß in der Innenstadt, sondern auch in Bad Cannstatt, Münster, Obertürkheim und Untertürkheim.

Wein aus dem Osten

Bei aller Dominanz von Städtischem Weingut, Weinmanufaktur Untertürkheim, Collegium Wirtemberg oder den Cannstatter Weingärtnern – die geschichtsträchtigen Stadtteil-Spezialitäten aus dem Stuttgarter Osten dürfen nicht vergessen werden. Sowohl in Gaisburg als auch in Gablenberg gibt es Weinberge, aus denen Trinkbares hervorgeht.

Der Gaisburger Abelsberg ist eine Südost-Hanglage unterhalb des Wohngebiets Plettenberg in Richtung Stadtbezirk Wangen. Dort baut das Untertürkheimer Weingut Warth Trauben an, im Verkauf sind Gaisburger Riesling, Trollinger und Weißherbst, alle in Literflaschen für je 5,40 Euro. Gerade der Trollinger Weißherbst ist gut gekühlt ein angenehmer Trinkwein an warmen Sommerabenden.

Eine echte Rarität ist der Wein aus Gablenberg. Erzeuger ist der Wein- und Obstbauverein Gablenberg. Vom Jahrgang 2012 sind gerade 520 Liter halb-trockener Riesling Kabinett und 500 Liter Trollinger in den Verkauf gegangen. Interessenten müssen sich direkt an die Vereinsvorsitzende Margarethe Strauß (www.strauss-galabau.de) wenden. (Jürgen Brand)

Semsakrebsler: Fruchtig-frisches Mauerblümchen

Vor Jahren bemerkte ein Alt-Stadtrat gallig, der städtische Wein habe die Qualität von „Semsakrebsler“, gleiche also Grünzeug, das unter Simsen hervorkriecht. Daraufhin ausgerechnet einen Dornfelder mit der Bezeichnung „Semsakrebsler“ herauszubringen, zeugt von spitzbübischem Humor, schließlich war des Dornfelders einzige Bestimmung lange Zeit, als Mauerblümchen unter den Weinen den Tropfen anderer Trauben Farbe zu verleihen. Aber in Rheinhessen und in der Pfalz entwickelte sich der Dornfelder zu einem frischen, jungen Modewein. Das Tröpfchen von der Weinsteige steht dem nicht nach, kostet moderate 7,50 Euro und ist gerne mal ausverkauft – durchaus zurecht. (Lukas Jenkner)

Spätburgunder 2012: Der fruchtige Neuzugang

Ein Neuzugang von der Mönchhalde ist der 2012 Spätburgunder. Da der Vorgänger aus 2011 ausverkauft war, haben seine Liebhaber ungeduldig gewartet und die Mitarbeiter des Weinguts fieberhaft darauf hingearbeitet, die Flaschen mit dem Alten Schloss auf dem Etikett in die Regale zu bringen. September war als Verkaufsstart geplant, nun ist er früher fertig geworden und schmeckt so frisch, dass der Gaumen Purzelbäume schlägt. Geerntet im Oktober 2012 auf der Bergheide, reifte der Wein sechs Monate lang in kleinen Eichfässern. Fruchtig im Geschmack, verdient er sich seine Bezeichnung als Günstigster unter den Guten – die Flasche kostet 7,00 Euro. (Benjamin Schieler)

Weißwein-Cuvée 2012: Der Familien-Wein für jede Gelegenheit

Ein Wein für jedermann, der zu (fast) allen Gelegenheiten passt: Im städtischen Weingut wird dieser trockene Weißwein deshalb gerne als „Familien-Cuvée“ bezeichnet. Mit einem Preis von acht Euro gehört die 2012er Weißwein Cuvée aus den drei Rebsorten Rivaner, Riesling und Weißburgunder zu den eher günstigeren Tropfen. Er duftet zart nach schwarzen Johannisbeeren und Melone und hinterlässt ein intensives Aroma. Die 2012er-Abfüllung gibt es auch als „Edition Le Méridien“. Das Stuttgarter Fünf-Sterne-Hotel schenkt seinen Gästen die Cuvée als Hauswein zur süddeutschen Küche aus. Längst ist der 2012er eines der Aushängeschilder des Weinguts. (Nina Ayerle

Buzze Cuvée: Gehoben, aber nicht abgehoben

Buzze klingt untrinkbar, es sei denn fürs Klientel der Theodor-Heuss-Straße. Richtig ist das Gegenteil. Die Cuvée aus Lemberger, Spätburgunder und Dornfelder ist die Wahl der Philharmoniker für ihre Konzerte. Das passt zum runden Roten, fruchtig und mit Noten des Eichenfasses, in dem er reift, aber ohne aufdringliches Holz – gehoben, aber nicht abgehoben, wie der Preis von 12,50 Euro. Den Rückstand zum Spitzenroten – Mönch Ulrich – mit zwölf zusätzlichen Euro auszugleichen, lohnt nur für Kenner. Der Vorsprung zum Villa Gemmingen (7,50) ist dagegen genauso schmeck- wie riechbar. Buzze war übrigens der Rufname des ersten urkundlich erwähnten Stuttgarters. (Marc Schieferecke)

Saint-Laurent: Sauerkirschen im Weinglas

Beim Weinberghäusle Mönchhalde sitzen wir mit dem Blick über die Stadt – aber dass S-Nord der schönste aller Bezirke ist, weiß ich als Nordreporterin schon. So ist denn auch mein Favorit ein Wein, der aus Trauben gekeltert wird, die am Weinberg Birkenwaldstraße wachsen – ein S-Nord-Wein also. Er heißt Saint-Laurent, kostet 10,50 Euro und von seinem dunklen Aussehen sollte man sich nicht täuschen lassen: Das Bukett ist so leicht wie das Aroma von Sauerkirschen – ich bin überzeugt. Ebenso überzeugt bin ich vom Herrn des Weinbergs, Bernhard Nanz. Er kennt jede Traube und jede Rebe, und weiß zu allem etwas zu sagen. Chapeau, Herr Nanz! (Rebecca Anna Fritzsche)