Kraft tanken für die Bundesliga-Rückrunde: VfB-Stürmer Timo Werner hat sich viel vorgenommen – er will mehr Tore schießen. Foto: Baumann

Nach 46 Bundesligaspielen ist Timo Werner (18) eine feste Größe beim VfB Stuttgart – und trotzdem am Boden geblieben. „Ich trage immer noch die Sprudelkisten“, sagt der Stürmer. Außerdem spricht er im Interview über seine Fortschritte als Jungprofi, moderne Helden – und seinen Führerschein.

Stuttgart – Hallo, Herr Werner, an diesem Samstag beginnt die Rückrunde. Haben Sie die Strapazen des Trainingslagers weggesteckt?
(Schmunzelt) Ich lebe noch. Aber es waren anstrengende Wochen. Wir trainieren ja schon seit dem 3. Januar wieder. In Lagos dachte ich abends manchmal, dass es 10 Uhr ist. Da war es dann aber erst halb acht. Aber ich war schon todmüde.
Training, Essen, Schlafen – das war’s?
Wenn wir Freizeit hatten, habe ich die Serie „Spartacus – Kampf um Rom“ angeschaut. Ich habe jetzt fast alle drei Staffeln durch.
Ein Comic?
Eine Serie mit historischem Bezug. Geschichte war in der Schule eines meiner Lieblingsfächer.
Spartacus, der Gladiator. Im Fußball sind die Stürmer die Helden – Stürmer wie Sie.
Aber ich habe noch lange keinen Heldenstatus.
Aber Sie arbeiten daran?
Ich habe mit 18 Jahren knapp 50 Bundesligaspiele gemacht, das ist nicht wenig. Früher dachte ich, wenn ich in diesem Alter mein Profidebüt geschafft oder vielleicht ein, zwei Spiele bestritten hätte, wäre das viel.
Sie sind schneller angekommen als gedacht?
Ich werde inzwischen voll von den Mitspielern akzeptiert, mein Selbstvertrauen wächst, ich traue mir mehr zu und habe nicht mehr so viel Angst, Fehler zu machen. Ich fühle mich jetzt als ein Teil der Mannschaft.
Wo stehen Sie in der internen Hierarchie?
Ich trage immer noch die Sprudelkisten, wenn Sie das meinen – wie am ersten Tag.
Sie sind jetzt eineinhalb Jahre bei den Profis, Huub Stevens ist schon Ihr fünfter Trainer. Gerade für einen jungen Spieler wäre mehr Kontinuität hilfreich, oder?
Fünf Trainer heißt auch: Bei jedem hat jeder Spieler eine neue Chance, sich zu zeigen.
Warum ist Stevens jetzt der richtige Mann?
Er hat uns vergangene Saison vor dem Abstieg bewahrt, er hat eine große Erfahrung, kennt sich aus mit Extremsituationen. Außerdem weiß jeder, woran er bei ihm ist.
Disziplin steht über allem?
Bei ihm weiß jeder, wann er Scherze machen kann und wann er sie besser sein lässt. Aber er steht nicht nur für Drill. Er versteht auch Spaß. Mir macht die Arbeit mit ihm Spaß.
Wie geht er mit Ihnen um?
Er möchte mir noch viele Dinge beibringen. Er gibt mir viele Tipps, dafür bin ich dankbar.
Was müssen Sie noch lernen?
Meine Torausbeute muss besser werden. Ich hätte mehr Tore schießen müssen.
Sieben Treffer in 46 Spielen – unzufrieden?
Man muss sich kleine Ziele stecken. Wie gesagt, fast 50 Einsätze sind nicht schlecht. Aber im Nachhinein denke ich mir bei der einen oder anderen Szene, da hättest du den Ball reinmachen müssen.
In der Jugend haben Sie in jeder Saison fast so viele Tore wie Spiele gemacht. Spüren Sie die hohen Erwartungen?
Es ist schon eine Umstellung. Es war ein großer Sprung von der Jugend zu den Profis, ich hatte ja keinen Übergang in der 3. Liga.
Wo müssen Sie am meisten zulegen?
Da gibt es viele Bereiche: Spielverständnis, Taktik, Ballannahme und -mitnahme. In der Jugend kann man auch nach einer schlechten Ballannahme ein Tor machen, das geht jetzt praktisch nicht mehr.
Ärgert es Sie, dass Sie die lange Verletzungspause von Vedad Ibisevic nicht konsequenter genutzt haben?
Ich muss grundsätzlich meinen Torabschluss verbessern und kaltschnäuziger werden.
Die Leichtigkeit ist verloren gegangen?
Wenn ich zu viel grüble, ist das nicht gut. Aber ich überlege mir schon, was ich besser machen kann. Und dann stelle ich vor jedem Spiel die Uhr wieder auf null.
Ein Geduldsspiel?
In der Jugend wusste ich schon im Training, dass ich am Wochenende spiele. Jetzt kommt es vor, dass ich ein ordentliches Spiel mache, und dennoch spielt beim nächsten Mal ein anderer. Da muss ich lernen, ruhig zu bleiben.
Sie hätten jetzt noch mehr Erfahrung, wenn Ex-Trainer Armin Veh Ihnen nicht die Teilnahme an der U-19-EM untersagt hätte.
Ich war in der Vorbereitung zu dieser Saison der einzige gesunde Stürmer beim VfB, Vedad Ibisevic, Mohammed Abdellaoue und Daniel Ginczek waren verletzt. Ich konnte die Entscheidung nachvollziehen.
Sie wären jetzt Europameister!
Okay, im Nachhinein ist es natürlich schade, dass ich nicht dabei sein konnte. Aber dieses Jahr ist ja wieder eine EM.
Kapitän der deutschen U 19 ist Mart Ristl, der auch im Trainingslager in Lagos dabei war. Sie haben ihm 46 Bundesligaspiele voraus. Fühlen Sie sich als sein Mentor?
(Lacht) Wir kennen uns aus der Jugend und sind gute Freunde. Aber jeder muss seinen eigenen Weg finden. Ich hoffe, dass er jetzt weiter bei den Profis trainieren darf. Dann helfen wir uns gegenseitig.
Seit März haben Sie den Führerschein, Sie fahren jetzt selbst ins Training. Unfallfrei?
Ich habe noch keinen Kratzer im Auto. (Lacht) Meine Eltern sagen immer: Wenn es eng wird, dann bleib stehen, dann passiert am wenigsten. Damit fahre ich bisher gut.
Fahren Sie bald durch München? Immer wieder ist vom angeblichen Interesse des FC Bayern zu hören.
Ich habe im März, als ich meinen ersten Profivertrag unterschrieben habe, gesagt: Der VfB ist auf absehbare Zeit mein Verein. Dabei bleibt es.