Martin Harnik (links, mit dem Bremer Clemens Fritz). Foto: Pressefoto Baumann

Wer als Gästespieler im Bremer Weserstadion vorzeitig vom Platz muss, den erwartet ein Spießrutenlauf. Der Gang in die Kabine führt direkt auf die riesige Front der Werder-Fans zu.

Bremen - Wer als Gästespieler im Bremer Weserstadion vorzeitig vom Platz muss, den erwartet ein Spießrutenlauf. Der Gang in die Kabine führt direkt auf die riesige Front der Werder-Fans zu. Dort bietet dann ein kleines Schlupfloch in die Katakomben Zuflucht vor den Schmährufen.

Nun könnte man meinen, Martin Harnik (25) habe es am Sonntagabend besonders eilig gehabt, dort hinein zu verschwinden. Hatte er aber nicht. Er war auch nicht ausgewechselt worden, sondern nach 88 Minuten mit der Gelb-Roten Karte vom Platz geflogen. Und weil er diesen Feldverweis als ungerecht empfand und innerlich aufgebracht war, trabte er aufreizend langsam von dannen. Nicht genug: Als die Bremer Fans, die in den dahinrinnenden letzten Sekunden noch auf den Siegtreffer ihrer Mannschaft hofften, laut und lauter pfiffen, hielt Harnik inne, beugte sich nach unten und richtete in aller Seelenruhe seine Stutzen.

Mann, der Mann hat Nerven!

Das gilt nicht nur für diese Szene, weshalb an dieser Stelle Ibrahima Traoré (24) ins Spiel kommt. Der junge Mann aus Guinea hatte eine Halbzeit lang zugeschaut, zur Pause wechselte Bruno Labbadia ihn ein. „Der Trainer hat gesagt, ich soll Gas geben, Tempo machen und das Risiko suchen“, sagte Traoré und lachte: „Genau das habe ich gemacht, und es hat geklappt.“ Fünf Minuten nach seiner Einwechslung zirkelte Traoré den Ball in die Mitte, wo Harnik ihn mit Wucht und angestauter Aggression zum 1:2 einköpfte. Denn der Ärger über die erste Halbzeit saß tief. „Solche Abwehrfehler wie da dürfen uns nicht passieren“, schimpfte er, „nach der Pause haben wir sehr viel Kampf gezeigt. Ich hoffe, dass wir unser Gesicht aus der vergangenen Rückrunde wiedergefunden haben. Das war schon sehr gut.“

Daran hatte Ibrahima Traoré weiteren maßgeblichen Anteil. Der schnelle Mittelfeldspieler hatte eine richtig starke Vorbereitung hingelegt, war dann aber nur sporadisch zum Zuge gekommen. In Bremen war er zur Stelle, als er gebraucht wurde. Traoré bereitete auch das zweite Tor vor. Er trat den Eckball, den Georg Niedermeier mit Hilfe von Cacau zum 2:2 im Tor versenkte. „Ibo hat eine absolute Topleistung gebracht“, sagte Manager Fredi Bobic. Ansprüche auf einen Platz in der Startelf am Mittwoch (20 Uhr) gegen 1899 Hoffenheim leitet Traoré daraus nicht ab. Er sagt aber auch: „Ich will immer spielen, das ist doch klar.“

Das will Martin Harnik auch, doch jetzt ist er erst einmal gesperrt. „Gelb-Rot war für mich überzogen“, sagte er, „bei der ersten Karte steige ich hart ein, treffe aber auch den Ball. Beim zweiten Foul versuche ich auszuweichen und treffe den Gegenspieler zwar. Aber insgesamt denke ich, dass ich zu Unrecht geflogen bin.“ Nichts anderes wollte er auch den Bremer Fans mit seinem aufreizend langsamen Abgang klarmachen.