Christian Gentner im Aufschwung, das war nicht immer so: Klicken Sie sich durch die Hochs und Tiefs seiner Karriere. Foto: dapd

Christian Gentner hat sich aus seinem Tief gekämpft und darf auf seiner Wunschposition ran.

Stuttgart - Natürlich sei das Spiel beim VfL Wolfsburg ein besonderes, sagt Christian Gentner (26). Wenn der Mittelfeldspieler des VfB an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky und Liga total) an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrt, trifft er einen seiner besten Freunde, den VfL-Linksverteidiger Marcel Schäfer, wieder. Erinnerungen werden wach an den Gewinn der deutschen Meisterschaft mit dem VfL im Jahr 2009, als Gentner zusammen mit Misimovic, Grafite und Dzeko die Liga aufmischte. Und Erinnerungen an die vielleicht beste Zeit seiner bisherigen Karriere, als Gentner in der Mittelfeldraute der Wolfsburger meist links ran durfte, das Spiel vor sich hatte und so seine Stärken ausspielen konnte. Kurzpässe mit den Leuten vor sich spielen, aus der Tiefe in die Räume stoßen, Tore vorbereiten. Torgefahr entwickeln. „Dieses Spiel liegt mir am meisten“, sagt Gentner.

Neuanfang in Bremen

Das Gute für den VfB ist, dass er diese Stärken in den vergangenen Wochen wiederbelebt hat. Der Gentner aus den Partien gegen den 1. FC Köln (2:2) und den FC Bayern (1:2), er kommt dem Gentner aus Wolfsburger Zeiten sehr nahe. Spielfreudig, dynamisch, torgefährlich – das scheint wieder das Spiel des gebürtigen Nürtingers zu sein.

Dass es so weit kam, damit konnte bei den Roten aber nicht wirklich jemand rechnen.

Denn noch vor ein paar Wochen war Gentner so etwas wie der Buhmann für einige VfB-Fans. Eigentlich lief es nach seiner Rückkehr im Sommer 2010 ja nie so richtig rund. Selten durfte er dauerhaft auf seiner Lieblingsposition im zentralen defensiven Mittelfeld ran, ausgestattet mit Freiheiten nach vorne. Gentner hatte das Spiel nicht vor sich. Und weil Kurzpässe spielen mit den Stürmern Cacau und Pawel Pogrebnjak ungefähr so leicht ist wie eine Ecke direkt zu verwandeln, litt Gentner. Er lief irgendwie mit auf dem Platz. Aber das Spiel lief meist an ihm vorbei.

Die Form war schwankend, die Zuschauer wurden ungeduldig mit dem Eigengewächs. Viele Fans pfiffen ihn aus. Er war der Sündenbock. Gentner steckte in einer Abwärtsspirale, die anscheinend kein Ende mehr nehmen wollte. Doch dann kam das Auswärtsspiel bei Werder Bremen (0:2) vor drei Wochen. Es war so etwas wie ein Neuanfang.

Zdravko Kuzmanovic lieferte eine miserable Leistung ab. Trainer Bruno Labbadia wechselte Gentner in der Pause ein. Der nutzte seine Chance. In Bremen und bei den nächsten Partien gegen Köln und Bayern gehörte er zu den besten VfB-Profis und machte drei Tore. „Ich war in einer beschissenen Situation. Als ich in Bremen reinkam, habe ich mir gedacht, dass es jetzt eh nicht mehr schlimmer werden kann. Ich habe mir gesagt, dass ich nichts mehr zu verlieren habe.“ Die Roten verloren das Spiel beim SV Werder. Aber Gentner gewann. Neues Selbstvertrauen – und einen Stammplatz auf seiner Lieblingsposition. „Er hat Kuzmanovic überholt“, sagt Trainer Labbadia, „und ich hoffe, dass er sich jetzt freigeschwommen hat.“

„Der VfB ist mein Verein“

Viel habe er mit Gentner gesprochen, sagt Labbadia. „Ich habe ihm gesagt, dass er nach vorne alle Freiheiten hat und er seine Stärken einbringen soll.“ Generell fordere er seine Spieler immer dazu auf, nach vorne Akzente zu setzen. „Wichtig ist dann aber, dass defensiv die Ordnung stimmt. So kann es sein, dass Tamas Hajnal mal über einen längeren Zeitraum ins defensive Mittelfeld zurückfällt, wenn Gentner vorne ist.“ Der darf jetzt die große Freiheit genießen und aus der Tiefe des Raumes in die Lücken stoßen. Dass er das wieder tun kann, verdankt er auch der Zeit, als es nicht lief. „Gente hat sich nie hängen lassen“, sagt Labbadia, „er ist das beste Beispiel dafür, wie man mit einer schwierigen Situation umgeht. Er hat Vollgas gegeben und sich in die Gruppe eingebracht. Hätte er das nicht getan, wäre er in Bremen nicht reingekommen.“ Gentner selbst spielt die Kugel artig zurück. Er sagt, dass das normal für ihn sei: „Ich habe mich schon zu Jugendzeiten für einen Mannschaftssport entschieden – und da ist es selbstverständlich, dass man sich auch in schlechten Zeiten reinhängen muss.“

Genau das erwartet Trainer Labbadia jetzt auch von Kuzmanovic, der Gentners Aufschwung zum Opfer fiel. „Kuz muss mir jetzt beweisen, dass er besser als Gente ist. Kuz muss an Gente vorbei, das muss er jetzt aus sich herauskitzeln.“ Wenn Gentner so weiterspielt wie zuletzt, dürfte das ein schwieriges Unterfangen werden.

Gentner tritt jetzt endlich so auf, wie sie es sich bei den Roten immer gewünscht hatten. Sein Vertrag läuft 2013 aus. Eine Verlängerung ist zumindest nicht ausgeschlossen. „Es gab noch keine Gespräche“, sagt Gentner, „aber klar ist, dass der VfB mein Verein ist und ich mich sehr wohlfühle.“ Im Fußball sei aber immer alles möglich: „Man weiß nie, was kommt – es kann alles sehr schnell gehen.“

Wer wüsste das besser als er.