Armin Veh und Adler Attila: Der VfB-Trainer freut sich auf das Wiedersehen mit dem Eintracht-Maskottchen und vielen alten Weggefährten Foto: Bongarts

Aufstieg, Klassenverbleib, Europa League: Armin Veh hat Eintracht Frankfurt seit 2011 als Trainer zu neuem Ansehen verholfen. Jetzt kehrt er mit dem VfB Stuttgart erstmals zurück an den Riederwald und weiß kaum, wohin mit all seinen Emotionen.

Stuttgart - Armin Veh ist kein Mensch, der sich mit seinen Überlegungen tagelang ins stille Kämmerlein zurückzieht und sie hundertmal hin und her wendet, bevor er die Tür zu seiner Gedankenwelt einen Spalt breit öffnet. Nein, der Trainer trägt sein Herz auf der Zunge. Das gilt für den Fußball – und für sein Privatleben. So überraschte er bei der Pressekonferenz vor dem Spiel bei Eintracht Frankfurt mit dem Bekenntnis: „Ich wäre so gerne Opa.“ Er selbst ist mit 23 Jahren erstmals Vater geworden, mit 27 Jahren dann wieder. „Aber da habe ich noch an meiner Karriere gebaut, da nimmt man sich nicht so viel Zeit für den Nachwuchs.“ Jetzt, mit 54 Jahren, ist das anders. Und das Schöne am Opa-Sein ist ja, „dass man die Enkel auch wieder abgeben kann, wenn es einem zu viel wird“. Nur: Es zieht sich halt mit dem Opa-Werden. Dabei lässt Armin Veh nichts unversucht. „Ich habe sogar schon mal eine Prämie für meine Söhne ausgesetzt. Aber die schaffen es nicht“, sagt er und lacht.

„Emotionalität und Sensibilität“ bescheinigt er sich in solchen Momenten, und schon jetzt kann sich jeder ausmalen, wie das an diesem Samstag sein wird, wenn er in Frankfurt seiner alten Liebe begegnet. Adler Attila, das Vereinsmaskottchen, ist damit auch gemeint, aber nicht nur: Vehs Herz schlägt für die ganze Eintracht. 2011 hatte er die Mannschaft in der zweiten Liga übernommen, gemeinsam hatten sie auf Anhieb den Aufstieg geschafft und sich im folgenden Jahr sogar für die Europa League qualifiziert. Eine Entwicklung im Sauseschritt, immer steil nach oben. Und das, obwohl die Millionen nicht einfach so herumlagen. Das verbindet. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, das wird ein normales Auswärtsspiel für mich“, sagt Armin Veh, „für mich waren das drei sehr emotionale Jahre in Frankfurt. Ich freue mich riesig auf das Wiedersehen.“

Für Veh ist es eine Rückkehr „in mein Wohnzimmer“. Sogar auf der gleichen Bank wird er sitzen wie in seinen drei Jahren in Frankfurt. Thomas Schaaf, sein Nachfolger, hat vor der Saison die Seiten gewechselt. „Vielleicht stellt Thomas mir ja auch den kleinen Raum neben der Eintracht-Kabine zur Verfügung“, sagt Armin Veh. Dort hat er als Eintracht-Trainer immer sein Beruhigungs-Zigarettchen geraucht, häufig zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen. An ihm soll es jedenfalls nicht liegen: „Ich bringe am Samstag eine Schachtel Zigaretten mit“, sagt Veh.

Die Liebe der Eintracht-Fans ist erkaltet

Bruchhagen nennt er einen Freund, „obwohl der das nicht so sagen wird“. Manager Bruno Hübner ist sowieso sein Freund, Präsident Peter Fischer auch. Und sogar zu den Herren vom Aufsichtsrat hat er einen guten Draht, „dabei hatte ich mit Aufsichtsräten in meinen anderen Vereinen meistens Probleme“. Bei so viel Harmonie könnten nur die Eintracht-Fans etwas stören. Wenn sie ihm im Sommer schon nicht seinen Rücktritt übel genommen haben, dann zumindest, dass er über Nacht zum VfB gewechselt ist. Zumindest ist es ihnen damals so vorgekommen, nachdem Veh immer wieder beteuert hatte, er wolle ein Jahr Pause einlegen.

„Ich will nicht mehr so oft dem Gegner zum Sieg gratulieren“, hatte er im Frühjahr als einen Grund für die bevorstehende Trennung von der Eintracht verkündet, garniert mit dem Hinweis, bei der Eintracht fehle ihm die Perspektive. Jetzt fliegt ihm sein flapsiger Spruch um die Ohren. Denn Frankfurt steht mit zwölf Punkten auf Platz acht, der VfB mit sechs Zählern auf Rang 15. Die Häme, die nun im Umfeld der Eintracht aufkommt, kann er nachvollziehen. „Die Leute in Frankfurt denken doch, der Veh ist behämmert, der hat einen Vollschuss. Und sie haben ja recht“, sagt er. So ganz will er das aber doch nicht auf sich sitzen lassen. Damals habe er nicht im Traum daran gedacht, bald zum VfB zurückzukehren: „Das hätte ich sonst nie gesagt, der VfB war vergangene Saison ja schlechter als die Eintracht.“

Jetzt ist er schon wieder – oder immer noch – schlechter, und wieder macht Armin Veh aus seinem Herzen keine Mördergrube. „Der VfB“, sagt dessen Meistertrainer von 2007, „hat sich seither ein bisschen verändert, und nicht unbedingt zum Positiven in manchen Bereichen.“ Aber dass die Mannschaft erst so wenig Punkte geholt hat, „liegt ja auch an mir“. Wer, wenn nicht der Trainer, ist als Erster verantwortlich für die Ausbeute?

Die muss schleunigst besser werden, auch wenn Eintracht Frankfurt aus seiner Sicht am wenigsten geeignet für die Opferrolle ist. Es nützt ja alles nichts. Auswärts war der VfB diese Saison schon häufig nah dran an einem Dreier. Veh: „Es wird an der Zeit, etwas zu holen.“