Toni Sunjic (links) und Timo Baumgartl verstehen sich im Abwehrzentrum des VfB Stuttgart nicht immer. Foto: Baumann

Das Pokal-Aus in Gladbach hat gezeigt, was dem VfB Stuttgart zu Höherem noch fehlt – und was der Fußball-Zweitligist nicht nur am Sonntag beim Derby in Karlsruhe benötigt.

Mönchengladbach - Atemlos stand er da, auch etwas ratlos. Weil er erstens gerade einem Gladbacher hinterhergerannt war und es zweitens zum wiederholten Male passiert war. Also entschied sich Toni Sunjic doch mal Kontakt zu seinem Nebenmann aufzunehmen. Mitte des zweiten Durchgangs war es, als sich der Innenverteidiger des VfB Stuttgart im Borussia-Park an Timo Baumgartl wandte und auch seine Gestik ausdrückte: „Hey Timo! Was machst du da eigentlich ständig?“ Seine Antwort untermauerte Baumgartl dann ebenfalls mit ausgebreiteten Armen und zuckenden Schultern: „Ja, was wohl, Toni? Ich verteidige, wie ich es immer tue!“

Das Problem dabei ist, dass der junge Baumgartl grundsätzlich eine andere Auffassung von Abwehrarbeit vertritt als der erfahrene Sunjic. Vorwärts verteidigen will er, wie es so schön im Fußballjargon heißt. Aktionen antizipieren, um die gegnerischen Angriffe möglichst früh zu unterbinden. Folglich rückt Baumgartl immer wieder aus dem Abwehrzentrum heraus.

Sunjic ist dieses Draufgängertum zu wild. Er mag es ganz und gar nicht, wenn sich um ihn herum plötzlich Räume auftun, in die Stürmer hineinsprinten können. Er muss dann ja schleunigst hinterher – und seine größte Schwäche tritt zu Tage. Sunjic ist nicht der Schnellste. Doch im modernen Fußball geht es ziemlich schnell zu. Rasend schnell sogar, wenn Borussia Mönchengladbach den Ball erobert. Und zu schnell für die Stuttgarter, wie sich bei der 0:2-Niederlage im DFB-Pokalspiel nicht nur bei den Gegentoren durch Fabian Johnson (31.) und Lars Stindl (84.) zeigte.

„Wir haben diese Geschwindigkeit nicht mehr verteidigt bekommen“, sagt Hannes Wolf. Dabei kommen für den Trainer die Abstimmungsprobleme vor dem Tempodefizit. Denn solange die schwäbischen Reihen vor der Abwehr geschlossen blieben, fand auch der Champions-League-Teilnehmer vom Niederrhein nur schwer einen Weg zum Stuttgarter Tor.

Die Herausforderung für Hannes Wolf

Allerdings bleibt es die größte Herausforderung für einen VfB-Coach, die Balance zwischen kompakter Defensive und entschlossener Offensive zu finden. Denn klappt das eine, mangelt es am anderen – und umgekehrt. Das ging dem Haudegen Huub Stevens früher nicht anders als jetzt dem Profinovizen Hannes Wolf. Und immer geht es auch darum, ein Duo zu finden, das in der Innenverteidigung zum einen harmoniert und zum anderen stabilisiert.

Die Zweitrundenpartie in Gladbach erinnerte deshalb an alte Bundesligatage, als die VfB-Mannschaft oft ordentlich mithielt, dennoch verlor und hinterher Komplimente vom Gegner erhielt. Die Begegnung vermittelte gleichzeitig aber auch einen Eindruck davon, was den Stuttgartern noch fehlt, um den eigenen Anspruch des Wiederaufstiegs zu erfüllen. „Die Gladbacher sind eine Liga drüber. Das hat man zeitweise gesehen“, sagt Wolf, „gegen 1860 München haben wir aber nur wenige Tormöglichkeiten zugelassen – und das ist wie Karlsruhe am Sonntag unsere Liga.“

Ab jetzt zählt nur noch das Derby

Spätestens von diesem Freitag an will sich der Coach komplett den Mühen des Alltags zuwenden, und dieser bringt wie es der Manager Jan Schindelmeiser ausdrückt „ein ganz anderes Spiel“. Schluss mit dem schönen und leichten Spielansatz, wie ihn Gladbach pflegt, her mit dem Kampf und Körpereinsatz, wie ihn der KSC bieten wird. „Das Derby wird von der Intensität sicher eine Stufe höher liegen“, sagt Schindelmeiser, der sich seit seinem Amtsantritt im Juli an die Aufgabe gemacht hat, dem VfB-Kader mehr Geschwindigkeit zuzuführen.

Im vorderen Bereich ist ihm das mit Carlos Mané und Takuma Asano gelungen. Beide Flügelstürmer fremdeln nach guten ersten Auftritten aber noch mit einem Stuttgarter Spiel, das zuletzt an ihnen vorbeilief. Für den Sicherheitssektor hinten gibt es noch Benjamin Pavard – flinker als Sunjic und eleganter als Baumgartl, aber eben zweikampfschwächer als beide.

An den Automatismen für die Offensive wird deshalb ebenso weiter gearbeitet wie an der Abstimmung in der Defensive. Entwicklung durch Trainerarbeit nennt sich das. „Erfolgserlebnisse helfen uns dabei“, sagt Schindelmeiser, „aber die Spieler müssen sich auch selbst helfen.“ Weshalb sich dieses Reformprojekt nicht schnell abschließen lässt. Selbst wenn Sunjic und Baumgartl damit angefangen haben, auf dem Platz überhaupt miteinander zu reden.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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