Gemeinsam sind sie stärker: VfB-Trainer Huub Stevens (li.), Robin Dutt Foto: dpa

Robin Dutt wird neuer Sportvorstand beim VfB Stuttgart. Nach dem 6. Januar soll er der Öffentlichkeit offiziell vorgestellt werden. Jetzt muss Dutt seine Kritiker überzeugen und seiner Darstellung, dass er die Arbeit beim VfB als Lebensaufgabe betrachte, Taten folgen lassen.

Stuttgart - Selten haben sich die Häuptlinge des VfB Stuttgart bei der Auswahl ihres Personals so viel Mühe gegeben wie in dieser Frage: Wer wird neuer Sportvorstand? Robin Dutt jedenfalls wurde in den vergangenen drei Wochen so intensiv durch die Mühle gedreht, als hätte er demnächst den Bundesgerichtshof zu führen.

Nach Recherchen der Stuttgarter Nachrichten ist es jetzt aber amtlich: Der 49-jährige Fußball-Lehrer leitet künftig die sportlichen Geschicke des VfB Stuttgart. In den kommenden Tagen soll er einen Vierjahresvertrag unterschreiben. Unklar ist bisher noch, ob Interimssportdirektor Jochen Schneider weiter mit im Boot bleibt. Sollte er sich mit der Rolle des zweiten Mannes an der Seite von Dutt anfreunden können, spricht offenbar nichts dagegen.

Schon im Trainingslager vom 16. bis 24. Januar in Portugal soll der Fußball-Lehrer aus Leonberg mit von der Partie sein, um sich ein Bild von der Mannschaft und ihrem Leistungsumfeld zu machen. Erste Gespräche mit Trainer Huub Stevens hat Dutt bereits geführt – mit dem Ergebnis: Es gibt nichts, was zwischen den beiden zu Problemen führen könnte. Denn klar ist: Auch für den VfB-Novizen hat der Klassenverbleib oberste Priorität. Parallel dazu plant er ab sofort den Kader für die nächste Saison.

Es muss ziemlich viel schiefgelaufen sein

Überdies kommt der komplette leistungssportliche Bereich auf den Prüfstand. Innere Strukturen, Personal-Führung, Personalentwicklung, Qualitäts-Management und -Kontrolle auf allen Ebenen werden hinterfragt. Denn auch in den Gesprächen mit dem Nachfolger von Fredi Bobic wurde klar: Es muss ziemlich viel schiefgelaufen sein, wenn der finanziell im Grunde noch immer sehr ordentlich ausgestattete VfB schon im dritten Jahr gegen die Zweitklassigkeit kämpft.

Mit großzügigen Gaben aus der Vereinsschatulle darf Robin Dutt trotzdem nicht rechnen. Abfindungen und Abschreibungen belasten unverändert das Budget. Der ehemalige Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) wird sein Netzwerk bis in jede Verästelung aktivieren müssen, um den Spielerkader nicht nur zu ergänzen, sondern spürbar zu verstärken.

Es gibt mit Sicherheit leichtere Aufgaben, aber Robin Dutt machte von Anfang an klar, dass er das Projekt VfB als Lebensaufgabe betrachtet. Was bedeutet: Wunder in Lichtgeschwindigkeit sind auch von ihm nicht zu erwarten. Zwei, drei Jahre wird es wohl dauern, ehe die Umbauarbeiten unter dem neuen Architekten auch nach außen ihre Wirkung entfalten können.

Zweifel als Ansporn statt Einschüchterung

Dass es bereits öffentlich geäußerte Zweifel an seinen Fähigkeiten gab, als erste Verhandlungen mit ihm ruchbar wurden, wird ihn eher anspornen als einschüchtern. Helfen könnten dabei seine Erfahrungen beim SC Freiburg, wo er als Nobody aus der Regionalliga (Stuttgarter Kickers) das Erbe des Autokraten Volker Finke übernahm. Trotz aller Vorbehalte führte er den Sportclub schon im zweiten Jahr in die Bundesliga zurück. Und das mit relativ bescheidenen Mitteln. Auch die VfB-Führungscrew ließ sich offenbar lieber im direkten Dialog mit dem Kandidaten überzeugen als von der öffentlichen Meinung.

Nun sind noch ein paar Häkchen im Vertragswerk zu setzen, aber dem Vernehmen nach müsste es schon mit dem Teufel zugehen, sollte noch etwas verrutschen. Auch die Auflösung von Dutts Trainervertrag mit dem SV Werder Bremen ist inzwischen erledigt.

Nach allem, was man hört, sind Präsident Bernd Wahler und der komplette Aufsichtsrat zutiefst davon überzeugt, die richtige Wahl getroffen zu haben. Vor allem die neuen Mitglieder des Aufsichtsgremiums, Hartmut Jenner (Kärcher), Martin Schäfer (Würth) und Wilfried Porth (Daimler) sollen den Kandidaten einem intensiven Briefing unterzogen haben. Die Mischung aus fußballerischem Sachverstand, Branchenerfahrung, sozialer Kompetenz und kaufmännischem Grundkenntnissen überzeugte die „Findungskommission“. Dutt präsentierte sich von allen Bewerbern am besten.

Zwar gaben sich die Kandidaten nicht gerade die Klinke in die Hand, aber die Tour des Präsidenten durch die Liga machte immerhin bei so prominenten Namen wie Christian Nerlinger und Stefan Reuter halt. Nerlinger verdient inzwischen aber als Geschäftsführer im Mediengeschäft gutes Geld, Stefan Reuter steht beim FC Augsburg hoch im Kurs. Die ehemaligen Bayern-Profis fühlten sich zwar geehrt, sagten jedoch ab.

Gespräche gab es wohl auch mit Kickers-Manager Michael Zeyer. Die Vorstellungen lagen aber wohl zu weit auseinander. Ex-VfB-Torhüter Jens Lehmann fiel durchs Raster, weil das Anforderungsprofil unmissverständlich verlangte: Der neue Mann muss Führungserfahrung mitbringen.

Jetzt also Robin Dutt. Noch schweigen sich beide Seiten aus. Nach dem 6. Januar wird die Personalie offiziell verkündet.