Domenico Tedesco: Wechsel zu 1899 Hoffenheim Foto: Baumann

Er ist Coach der U-17-Junioren. Sein Team ist Spitzenreiter in der B-Junioren-Bundesliga. Aber dem VfB gelingt es nicht, ihm eine überzeugende Perspektive zu bieten. Jetzt wechselt Domenico Tedesco zu 1899 Hoffenheim. Ein Armutszeugnis für den VfB.

Stuttgart - Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Der VfB Stuttgart verliert sein größtes Trainertalent an 1899 Hoffenheim: U-17-Coach Domenico Tedesco (28) wechselt am Ende der Spielzeit zum Ligarivalen. Dabei ist die U-17 des VfB aktuell Spitzenreiter der B-Junioren-Bundesliga. Am Wochenende siegte das Team mit 4:1 beim Tabellenzweiten aus Hoffenheim.

Die Frage drängt sich auf: Was läuft da schief beim VfB Stuttgart? Antworten gibt es nur hinter vorgehaltener Hand: Die Verantwortlichen haben die Personalie offenbar regelrecht verpennt. Schon um die Weihnachtszeit wurden die Verträge von U-23-Coach Jürgen Kramny und A-Junioren-Trainer Ilija Aracic langfristig verlängert, Domenico Tedesco dagegen mit vorgestanzten Formeln vertröstet. Man werde „zeitnah“ Gespräche führen, ließ Rainer Adrion, Sportlicher Leiter von U17 bis U 23, verlauten. Als es endlich soweit war, erwuchs daraus wenig Konkretes.

Der VfB-Flurfunk meldet dagegen: Rainer Adrion hatte die Spielweise der U-17-Junioren immer wieder kritisiert. Obwohl sie erfolgreich war und immer noch ist. Eine Spielweise im Übrigen, die der neue VfB-Sportvorstand Robin Dutt dem Vernehmen nach sehr schätzt. Tedesco und sein Co-Trainer Andreas Hinkel lassen ihre Jungs modernen Fußball spielen. Offensiv, hoch stehend, mit Pressing, Gegenpressing, taktisch variabel. Als Dutt von den Absichten des jungen Trainers erfuhr und den Wechsel noch verhindern wollte, war es zu spät. Jetzt ist der Ärger groß, und in der Jugendabteilung zelebrieren sie ein Spiel, das den VfB mit dorthin gebracht hat, wo er derzeit steht: tief im Schlamassel. Niemand übernimmt die Verantwortung, der Schwarze Peter wird geflissentlich von einer Zuständigkeit zur nächsten weitergereicht. Und der eine oder andere zeigt empört auf die bösen Buben aus Hoffenheim, die angeblich gegen eine Absprache verstoßen haben, die schon vor Jahren getroffen wurde: Man informiert sich gegenseitig, bevor man Jugendspieler oder -trainer auf einen möglichen Wechsel anspricht.

Das alles klingt nach faulen Ausreden, denn die Unzufriedenheit der Trainer im U-17-Team war seit langem bekannt. Weshalb es kam, wie es kommen musste: Schon vor Tagen hat Ex-Profi Andreas Hinkel seinen Abschied bekannt gegeben. Die Motive sind in beiden Fällen ähnlich: Hinkel vermisste eine klare Perspektive im Verein. Auch Domenico Tedesco räumt ein, dass die Gespräche mit Jugendkoordinator Rainer Adrion lange Zeit sehr vage blieben. Und als der VfB Stuttgart dann endlich mit einer klaren Offerte um die Ecke kam, war es zu spät. „Das Angebot von Hoffenheim lag schon längere Zeit auf dem Tisch“, sagt Tedesco. Er entschied sich, die Farben zu wechseln.

Der Nachwuchstrainer wird in der neuen Saison seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer an der DFB-Trainer-Akademie beginnen. Und in Hoffenheim halten sie während dieser Zeit eigens die U16 für ihn bereit. Ursprünglich hatte Tedesco geplant, als Trainer des VfB die Schulbank in Köln zu drücken. Weshalb er schon währen der Winterpause einen Rollentausch für die nächste Saison vorgeschlagen hatte. Sein Assistent Andy Hinkel hätte die Chefrolle übernommen, Tedesco ihm während der Zeit seiner Ausbildung als Co-Trainer zur Seite gestanden. Auf eine Reaktion von Adrion, ob positiv oder negativ, warteten die beiden offenbar vergeblich. „Dass Domencio geht, ist sehr bedauerlich“, sagt der Sportliche Leiter jetzt, „er ist ein Trainertalent, das wir gerne behalten hätten.“

Zu spät. Nun ist ein ehemaliger Freiburger Jugendcoach als Nachfolger für Tedesco im Gespräch: Sebastian Gunkel, ehemals Trainer der SC-A-Junioren. Er lässt im Übrigen den Fußball spielen, den auch Tedesco lehrt.