Rund 7800 offene Verfahren gibt es zurzeit im Stuttgarter Sozialgericht Foto: dpa

Der Ermittlungsaufwand wird immer größer, deshalb dauern die Verfahren beim Sozialgericht Stuttgart immer länger.

Stuttgart - 3718 Verfahren hat das Sozialgericht Stuttgart im ersten Halbjahr 2014 abgeschlossen. Die Aktenberge der zurzeit 25 hauptamtlichen Richter, 17 Frauen und acht Männer im Verwaltungsgebäude an der Theodor-Heuss-Straße sind damit aber längst nicht kleiner geworden oder gar ganz abgearbeitet. Denn etwa in gleichem Maß, wie Urteile ergehen, kommen auch neue Klagen und Anträge wieder ans Gericht. In den ersten sechs Monaten des Jahres waren es exakt 3461. „Wir haben zurzeit rund 7800 offene Verfahren“, sagt Michael Endriß, Präsident des Stuttgarter Sozialgerichts.

Seine Behörde ist nach der Anzahl der Verfahren und der Richter noch vor Freiburg und Karlsruhe das größte Sozialgericht in Baden-Württemberg. Neben der Landeshauptstadt fallen auch die Landkreise Böblingen, Esslingen und Rems-Murr in die Zuständigkeit des Stuttgarter Gerichts. „Unser Hauptproblem ist nicht etwa eine zu geringe Anzahl an Richtern, sondern die vielen personellen Veränderungen, vor allem durch Mutterschutz und Elternzeit, aber auch durch Abordnungen an andere Gerichte“, sagt Endriß über allein im vergangenen Jahr 14 Vorsitzendenwechsel an der Spitze der 27 Kammern. Auch dies habe dazu geführt, dass sich die durchschnittliche Verfahrensdauer von zuletzt 13,8 auf 14,4 Monate erhöht hat. Manches hängt aber auch am größer gewordenen Ermittlungsaufwand, den Richter von Amtswegen her leisten müssen.

Auf sieben Sachgebiete fokussiert sich die Arbeit eines Sozialgerichts: Angelegenheiten des Sozialhilferechts, des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Grundsicherung für Arbeitssuchende, der Rentenversicherung, des Schwerbehindertenrechts und des Vertragsarztrechts sowie Beitragsstreitigkeiten bei der Krankenversicherung. „Während wir in den meisten Gebieten in etwa gleichbleibende oder sogar leicht rückläufige Zahlen haben, haben die Fälle im Vertragsarztbereich zuletzt stark zugenommen“, erläutert Präsident Endriß eine Verdopplung gegenüber 2012. Im ersten Halbjahr 2014 waren es 680 Verfahren, in denen Ärzte gegen die kassenärztliche Vereinigung Klage erhoben. Endriß spricht in reinstem Amtsdeutsch von „Leistungserbringungsstreitigkeiten“. Nach wie vor aber am häufigsten geht es beim Sozialgericht immer noch um die Grundsicherung.

Das Sozialgericht kann eingehende Klagen nicht ablehnen, für Kläger entstehen auch keine Kosten. „Manches klärt sich aber auch bereits bei Erörterungsterminen oder Schriftwechsel und kommt erst gar nicht zur Eröffnung eines Verfahrens“, so Endriß über die Praxis. Ein hauptamtlicher Richter wird bei den Verfahren jeweils von zwei ehrenamtlichen Richtern begleitet. Über 300 solcher Personen stehen für jeweils fünf Jahre dem Sozialgericht Stuttgart zur Verfügung.