Thema: Staus und Ausweichverkehr in den Wohngebieten. Foto: Sigerist

Der VVS-Geschäftsführer Horst Stammler hält bei einem „verkehrspolitischen Dialog“ im kleinen Sitzungssaal des Fellbacher Rathauses einen höheren Anteil des öffentlichen Verkehrs für realistisch.

Fellbach - Fellbachs Baubürgermeisterin Beatrice Soltys hat in einer Veranstaltung der SPD-Fraktion die Nachbarstädte zu mehr Zusammenarbeit in Verkehrsfragen aufgerufen. Wenn Stuttgart Zufahrtsstraßen verengt, „spüren wir das in Fellbach“, sagte sie bei einem „verkehrspolitischen Dialog“ mit zwei Dutzend Teilnehmern am Montagabend im kleinen Sitzungssaal des Rathauses.

Staus und Ausweichverkehr

Als Beispiele nannte Soltys den Rückbau der Nürnberger Straße in Stuttgart, der zu Staus und Ausweichverkehr in den Wohngebieten geführt habe. „In Cannstatt will man dicht machen, um den Stau nach Fellbach zu verlagern“, hatte Oberbürgermeister Christoph Palm kürzlich beklagt, und in Remseck wie in Hegnach seien Lkw-Durchfahrtsverbote „zu unseren Lasten“ geplant. „Will man uns tatsächlich zwingen, in gleicher Art zu reagieren?“, fragte Palm.

„Ich glaube nicht, dass Verkehrsvermeidungsmaßnahmen eine regionale Lösung sind“, sagte Soltys. Lösungen werden eher von einer Förderung des öffentlichen Verkehrs erwartet. Im Verkehrsentwicklungsplan ist eine Verlagerung hin zu Bussen und Bahnen bis zum Jahr 2025 vorgesehen. Dann soll der motorisierte Individualverkehr auf etwa 47 Prozent – heute 53 Prozent – geschrumpft sein. „Wir müssen in Fellbach ein Stück weit weg vom Auto kommen“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Möhlmann, Mobilität müsse zu Gunsten von Radfahrern, Fußgängern und öffentlichen Verkehrsmitteln verlagert werden.

VVS registriert stolze Wachstumsraten

Diese Ziele hält der Geschäftsführer des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS), Horst Stammler, nicht für utopisch, das könnte schon vor 2025 realisiert sein. Denn der VVS registriert seit einigen Jahren stolze Wachstumsraten von 2 bis 3 Prozent jährlich bei der Nutzung von S-Bahnen und Stadtbahnen. Zwar seien die Autozulassungen auf einem Höchststand, „aber wir wachsen stärker als der Autoverkehr“. Bei Fahrten aus dem Umland in die Stuttgarter Innenstadt hat der öffentliche Verkehr schon das Auto überholt. Insbesondere im Berufsverkehr und bei den Senioren sind ausgeprägte Steigerungen erkennbar. Und regelmäßig werde das Angebot für alle verbessert, erklärte Stammler.

Auch in diesem Jahr. Nach dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember werden S-Bahnen eine halbe Stunde unter der Woche länger fahren. Im nächsten Jahr will der VVS zudem neue Angebote für Berufsschüler und Auszubildende entwickeln und vor allem die Mobilitätskarte Polygo-Card weiter voranbringen. Eine Karte, mit der alle Verkehrsträger vom Pedelec-Verleih bis zur S-Bahn nutzbar sind. Harald Raß, der Fraktionsvorsitzende der SPD-Regionalfraktion und Fellbacher Stadtrat, hat sie schon. Er hält die Stärkung des Öffentlichen Verkehrs schon aus einem einfachen Grund für unvermeidlich: Wenn in Stuttgart nicht die Belastung mit Feinstaub und Stickoxid reduziert wird, kommen auf das Land Millionen-Strafzahlungen zu.

Das Publikum am Montagabend hatte weniger die große Verkehrspolitik im Sinn, sondern die kleinen Ärgernisse des Alltags. Zum Beispiel die Pünktlichkeit der Züge. Die hat bei der S-Bahn nachgelassen, räumte Stammler ein. aber man mache Druck bei der Bahn, dass es besser wird. Der Service für Rollstuhlfahrer ist auch ein Thema. Und die Sicherheit in S-Bahnen. An allen diesen Dingen arbeitet der VVS kontinuierlich, versicherte Stammler. Um Schleichverkehr in der Pestalozzistraße will sich dagegen die Baubürgermeisterin kümmern. Und ein Lob für die Stadtverwaltung gab’s auch: für die neuen Bushaltestellen. „Ohne die SPD gäb’s die nicht“, sagte Harald Raß stolz.