An der Wilhelma hängt noch eine Rufsäule – aber nicht mehr lang Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Seit Jahrzehnten können Passanten an den Taxiplätzen in Stuttgart über Säulen ein Fahrzeug anfordern oder einen Notruf absetzen. Das ist jetzt vorbei. Künftig gibt es nur noch Schilder mit Hinweisen. Verantwortlich dafür ist die wachsende Zerstörungswut.

Stuttgart - Am Wochenende zieht es das Partyvolk in die Stuttgarter Innenstadt, um zu feiern. Dass der eine oder andere dabei mächtig über die Stränge schlägt, davon kann nicht nur die Polizei ein Lied singen. „Nach den Wochenenden dürfen wir regelmäßig die Schäden beseitigen. Das ist in letzter Zeit immer schlimmer geworden“, sagt Murat Arslan. Er ist Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Taxi-Auto-Zentrale (Taz). Die Genossenschaft vermittelt über 700 Fahrzeuge und damit den Großteil der Fahrten in der Stadt. Und sie betreibt seit Jahrzehnten an den Taxiplätzen Rufsäulen, mit denen sich Kunden einen Wagen bestellen können, wenn gerade keiner da ist. Doch das ist jetzt vorbei.

Die meisten der rund 100 Rufsäulen im ganzen Stadtgebiet sind bereits abgebaut, nur wenige stehen noch. Sie folgen in nächster Zeit. „Wir haben da immens viel Geld reingesteckt. Zum Teil waren es bis zu 10 000 Euro im Monat“, sagt Antonio Tridico, der Leiter der Funkzentrale in Bad Cannstatt. Doch den ständigen Zerstörungen konnte man damit nicht Einhalt gebieten. „Kaum war die Rufsäule gewartet und repariert, schon hat wieder jemand den Hörer abgerissen, Kabel durchgeschnitten oder alles mit Aufklebern verziert“, klagt Tridico.

Also lieber ein Ende setzen als endlos weiterärgern und Geld investieren. Zumal die Stadtverwaltung die Aufgabe der Wartung komplett der Taz überlassen hat. Allerdings geht mit den Säulen nicht nur die Möglichkeit verloren, kostenlos und ohne Telefon ein Taxi zu bestellen. Die Rufsäulen verfügen nämlich auch über eine rote Notruftaste. Mit ihr kann man Hilfe holen, wenn man sich in Schwierigkeiten befindet. Der Notruf landet in der Funkzentrale der Taz, die daraufhin sofort die Polizei verständigt und an den entsprechenden Standort schickt, ohne dass der Hilferufende größere Angaben machen müsste.

Notruf per Taste fällt weg

„Damit ist natürlich im Lauf der vergangenen Jahre viel Blödsinn getrieben worden. Wir konnten damit aber auch vielen Leuten helfen“, weiß Tridico. Im Zeitalter der Mobiltelefone seien auch die Nutzungszahlen der Notruftaste zuletzt deutlich zurückgegangen – ebenso wie die der Taxibestellungen über die Säulen. Doch in Zukunft fällt diese Möglichkeit eben ganz weg. „Wir hätten die Rufsäulen gerne behalten, aber das war unter diesen Voraussetzungen einfach nicht mehr möglich“, sagt der Leiter der Funkzentrale.

Bei der Stuttgarter Polizei kann man zum Nutzen der Notruftaste oder konkreten Zahlen nichts sagen. „Das lief komplett über die Taz“, sagt ein Sprecher. Vandalismus sei generell ein Problem in der Stadt. Hinweise darüber, wie viele Rufsäulen in jüngster Zeit beschädigt worden seien oder gar Erkenntnisse über mögliche Täter gebe es nicht.

Metallschilder als Ersatz

Für die Säulen ist ein kleiner Ersatz in Form von Hinweisschildern vorgesehen. Sie sind an manchen Taxiplätzen bereits aufgestellt. Darauf sind die Telefonnummer der Taxi-Zentrale und der genaue Standort vermerkt, damit Kunden per Handy einen Wagen bestellen können, auch wenn sie nicht genau wissen, in welcher Straße sie sich befinden. Auch Informationen zur Taxi-App fürs Mobiltelefon gibt es dort, mit der sich übers Internet ein Fahrzeug organisieren lässt. „Wir hoffen, dass wir die Kunden damit zufriedenstellen können“, sagt Arslan. Auch er ist alles andere als erfreut über den Schritt, die Säulen abzubauen: „Wir bedauern sehr, dass wir diesen Service einstellen müssen.“

Die neuen Hinweisschilder sind übrigens aus Metall und ziemlich solide. Den einen oder anderen Nachtschwärmer werden sie aber wohl trotzdem schnell dazu herausfordern, dort seine unschöne Visitenkarte zu hinterlassen. Zum Nachteil der Fahrgäste.