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Uni Stuttgart will künftig an bewährtem Titel festhalten - Gütesiegel weltweit anerkannt.

Stuttgart - Die Universität Stuttgart will für ihre ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge die Marke des Dipl.- Ing. erhalten und erhält dabei Unterstützung vom baden-württembergischen Wissenschaftsminister Peter Frankenberg. Allerdings soll die Struktur der Bachelor- und Masterstudiengänge nicht angetastet werden.

Die Universität Stuttgart darf ab dem Winteresemester 2010/2011 nur noch Studiengänge mit Bachelor- und Master-Abschlüssen anbieten. Grundlage hierfür ist die Bologna-Erklärung, die ihm Jahr 1999 von den teilnehmenden Staaten, darunter auch Deutschland unterzeichnet wurde. Dies hat auch zur Folge, dass der Diplom-Ingenieur als akademischer Grad bei den Ingenieurwissenschaften künftig durch den Mastertitel ersetzt wird.

Doch im Verbund der neun führenden technischen Universitäten (T 9) in Deutschland, wozu auch die Uni Stuttgart zählt, regt sich Widerstand. "Wir würden es sehr begrüßen, wenn der Titel des Diplom-Ingenieurs auch von künftigen Absolventen geführt werden dürfte", so Professor Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart. Für die Erhaltung dieses akademischen Grades trete man ein und stehe auch dazu. Ob der Titel künftig neben dem "Master of Science" auf der Abschlussurkunde steht, wie in Österreich, ließ Ressel offen. Man werde hierbei die Kultusministerkonferenz abwarten, die sich mit diesem Anliegen der technischen Universitäten im Herbst befasst.

"Die Aufgabe des Diplom Ingenieurs ist international auf Unverständnis gestoßen. Schließlich gilt dieser weltweit als Gütesiegel", gibt Ressel zu. Auch Mercedes-Benz sei über die Grenzen hinaus bekannt und ändere deshalb nicht die Marke, sondern nur die Fahrzeuge.

Die Fakultät Maschinenbau der Uni Stuttgart sieht die Wiedereinführung des Diploms gar schon als beschlossene Sache an. " Bei uns wird keiner allein mit dem Mastertitel die Uni verlassen", kündigt Josef Göbel, Geschäftsführer der Maschinenbaufakultät, an. Im Jahre 2013 würden nach aktueller Gesetzeslage die ersten Maschinenbauabsolventen ohne die Auszeichnung als "Dipl.-Ing." die Uni Stuttgart verlassen. Derzeit verbietet der Gesetzgeber in 15 Bundesländern, den Titel Diplom-Ingenieur weiter zu vergeben. Nach Göbel werde sich dies wieder ändern, notfalls im Alleingang. Der Gesetzgeber sei über das Ziel hinausgeschossen, "wenn alles so bleibt, wird die Berufsbezeichnung des Diplom-Ingenieurs aussterben", so Göbel. Dies betreffe besonders das Berufsfeld des selbständigen Ingenieurs. Das könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.

Diplomstudiengang parallel zum Bachelor

Die Maschinenbaufakultät hat im Wintersemester 2008/2009 vom Diplomstudiengang auf das zweistufige Modell Bachelor-Master umgestellt.

Der Verbandskollege von Wolfram Ressel, Professor Hans Müller-Steinhagen, Rektor der technischen Universität Dresden, geht mit seinen Forderungen gar einen Schritt weiter. Er regt ein bundesweites Modell an, nach dem fünfjährige Diplomstudiengänge parallel zum Bachelor-Master Studium angeboten werden sollen.

Steht der Bologna-Prozess somit auf der Kippe? "Nein. Wir bekennen uns klar zum zweistufigen Bachelor-Master-System", entgegnet Ressel. Man habe keinerlei Pläne separate Diplomstudiengänge, wie von Müller-Steinhagen angeregt, einzuführen. "Dies würde die Studenten völlig verwirren. Man sollte nach vorne blicken und den Weg des Bologna-Prozesses nicht umkehren", meint der Uni-Rektor. Im Übrigen sei dies ohnehin nicht mit dem Hochschulgesetz in Baden-Württemberg vereinbar.

Das Anliegen der Uni Stuttgart stößt im Wissenschaftsministerium auf offene Ohren. Auch Minister Peter Frankenberg werde sich im Herbst auf der Kultusministerkonferenz für die Marke des Diplom-Ingenieurs einsetzen, sagt Ulrike Bärling, Sprecherin des Ministeriums. "Allerdings wird es keine Abkehr vom Bologna-Prozess geben. Eine solche Parallelstruktur wie sie Müller-Steinhagen anregt, ist nur in Sachsen möglich", so Bärling weiter.

Also ändert sich mit der Wiedereinführung des Dipl.-Ing. nur das Etikett, während das zweistufige Bachelor-Master-System bestehen bleibt? "Diese Annahme ist falsch", so Göbel. Durch die Studienreform habe sich für die Ingenieurswissenschaften im Gegensatz zu den Geisteswissenschaften nichts geändert. Das Niveau sei gleich geblieben. "Waren vorher neun Semester für das Diplom notwendig, sind es jetzt zehn Semester", erklärt der Geschäftsführer der Fakultät.

In der Wirtschaft verfolgt man die Diskussion der technischen Universitäten dagegen gelassen. "Wir haben die Einführung von Bachelor- und Master-Abschlüsse durchaus begrüßt", sagt Dirk Haushalter, Sprecher für Personal und Soziales der Robert Bosch GmbH. Wenn ein Konzern in 60 Ländern vertreten sei, dann seien international anerkannte und vergleichbare Abschlüsse durchaus von Vorteil.